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Sanktionen statt Waffen

Eine Provokation für den Rest der Welt: Die Nachricht von einem Raketentest flimmert über den Köpfen von Passanten in Pyongyang, 30. August 2017. Foto: Kyodo, Reuters

In diesen Tagen wird im UNO-Sicherheitsrat um härtere wirtschaftliche Sanktionen gegen Nordkorea gerungen. Die USA fordern unter anderem, dass China seine Ölausfuhren nach Nordkorea einstellt. Nordkorea soll wirtschaftlich lahmgelegt und das Regime so von der Ausweglosigkeit seines militärischen Alleingangs überzeugt werden. Peking ist skeptisch und warnt vor einem Zusammenbruch Nordkoreas, der unabsehbare Konsequenzen haben könnte. Russlands Präsident Putin kritisiert das Vorhaben ebenfalls. Im Notfall würden die Machthaber «eher Gras essen als das Atomprogramm aufgeben».

Putin weiss, wovon er spricht, ist sein Land doch ebenfalls Ziel internationaler Wirtschaftssanktionen. Die Europäische Union und die USA verhängten sie 2014, nachdem russische Truppen die Ostukraine überfallen und die Krim annektiert hatten. Das Ergebnis ist enttäuschend: Russland hat seine eroberten Territorien nicht aufgegeben – und baut derzeit eine Brücke vom russischen Festland direkt zur Krim, um die Halbinsel wirtschaftlich definitiv zu integrieren. Der wirtschaftliche Druck des Westens reichte nicht aus, um Völkerrecht durchzusetzen. Putins Vorgehen zeigt, dass auch er eher bereit ist, Gras zu essen, als eigene geopolitische Interessen aufzugeben.

Lehren aus der Kubakrise

Wirtschaftliche Sanktionen lösen nie militärische Konflikte. Das zeigte sich bereits in der Kubakrise. Die USA versuchten ab 1959, die kommunistische Castro-Regierung nach ihrem Staatsstreich ökonomisch zu isolieren, indem sie zunächst die Zuckerimporte strichen und anschliessend das Handelsembargo auf andere Güter ausweiteten. Aber die Sanktionen waren nicht entscheidend, als die westliche Welt 1962 nur um ein Haar am Ausbruch eines dritten Weltkriegs vorbeischrammte. Castro hatte begonnen, sowjetische Nuklearsprengköpfe auf der Insel zu stationieren. US-Präsident Kennedy drohte mit einem Militärschlag und bewegte die Gegner dazu, einzulenken. Ob Havanna seine Zigarren in Amerika verkaufen durfte oder nicht, spielte dabei keine Rolle.

Die Wirtschaftssanktionen erhielten die USA danach trotzdem aufrecht. Alle Präsidenten von Reagan bis Clinton verschärften sie noch. Es ist bis heute das am längsten dauernde Wirtschaftsembargo weltweit. Beobachter sind sich einig: Es ist eher innen- als aussenpolitisch motiviert. Die politisch starke Lobby der Exilkubaner versteht die Massnahmen als Loyalitätsbekenntnis Washingtons ihnen gegenüber.

US-Sanktionen gegenüber 26 Staaten

In den Neunzigerjahren wurden weltweit so viele ökonomische Strafmassnahmen beschlossen wie in keinem Jahrzehnt davor. Das Center for Security Studies der ETH Zürich sprach bereits von der Sanktionsdekade. Aber in der Folge wurden es immer noch mehr. Am aktivsten sind die USA. Washington hat Sanktionsprogramme gegenüber 26 Staaten am Laufen.

Auch die Europäische Union verhängt gern und häufig wirtschaftliche Sanktionen. Ebenso die UNO, falls im Sicherheitsrat ein Konsens zwischen den USA, China und Russland erreicht wird.

Von Sanktionen betroffene Länder 2016. Quelle: Council on Foreign Relations

Regierungen beschlossen in den vergangenen Jahrzehnten nicht nur immer mehr wirtschaftliche Strafaktionen. Sie begannen auch, innovative Modelle zu testen. « Smart sanctions » beispielsweise beschränken sich auf regierungsnahe Einzelpersonen oder spezifische Branchen. Sie sollen wirklich die Richtigen treffen und die breite Bevölkerung nicht übermässig belasten. Extraterritoriale Sanktionen richten sich zudem indirekt auch an nicht beteiligte Drittstaaten. Wenn deren Unternehmen Handel mit dem von Sanktionen betroffenen Land treiben, müssen diese ebenfalls mit Geschäftsverboten rechnen. Die wirtschaftliche Waffe soll so wirksamer sein.

Teil einer Gesamtstrategie

In der laufenden Nordkoreakrise vereinen sich sämtliche Aspekte aus sechzig Jahren Sanktionspolitik. Vom Einsatz massgeschneiderter intelligenter Wirtschaftsverbote bis zur nun diskutierten totalen Blockade, die an die Kubakrise erinnert. Der Fall Nordkorea zeigt auch die Grenzen von wirtschaftlichem Druck auf. Gegen das Land wurden bereits 2008 Sanktionen verhängt, um eine nukleare Aufrüstung zu verhindern (siehe zum Beispiel hier) . Wenn die Staatengemeinschaft jetzt versucht, die Massnahmen noch einmal zu verschärfen, dann ist das letztlich nur die Fortsetzung einer wirtschaftlichen Eindämmungspolitik, die zuvor gescheitert ist.

Und doch führt kein Weg an ihnen vorbei. Wirtschaftssanktionen dürfen nicht isoliert betrachtet werden, sondern als Teil einer Gesamtstrategie, argumentieren ihre Befürworter. Und hier komme es auf ein entschlossenes kollektives Auftreten der Staatenwelt an. Die politische Ökonomie versteht sie als eine Form politischer Kommunikation, die dem sanktionierten Staat sowohl die eigene ökonomische Verwundbarkeit als auch die Übermacht des Gegners vor Augen führt. Und ihn hoffentlich am Ende auch dazu bringt, einzulenken.