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Die Wurzeln des Populismus

Der wahrgenommene oder befürchtete Abstieg zählt: Von Pegida organisierter Protest gegen Flüchtlingsunterkünfte in Freital bei Dresden, Juni 2015. Foto: Jens Meyer (AP, Keystone)

Die Globalisierung, der rasche technologische Wandel und die wachsende Ungleichheit in vielen Ländern werden gerne als Grund für den Zulauf der Populisten genannt. Beim Herstellen einfacher kausaler Zusammenhänge ist aber Vorsicht angebracht. Eine genauere Analyse ist notwendig, um die Entwicklung zu verstehen und um zu sehen, ob und welche Gefahren daraus erwachsen. Protektionismus oder Hindernisse in der technologischen Entwicklung sind keine Lösungen. Die Gesellschaften würden ärmer und die Verteilkämpfe noch schärfer, was die Populisten noch mehr unterstützen würde.

Wie Martin Sandbu in seinem «Financial Times»-Blog «Free Lunch» anhand von Studien zeigt, sind es nicht die Ärmsten, die für den Rechtspopulismus besonders empfänglich sind, sondern die besser gestellte untere Mittelschicht. Generell sind es nicht schwierige ökonomische Bedingungen, die Rechtspopulisten Zulauf verschaffen. Von Bedeutung ist vor allem der wahrgenommene oder befürchtete Abstieg von der wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Position. Dieser Abstieg wird als umso schlimmer empfunden, wenn er sich im Verhältnis zu jenen vollzieht, die bisher weiter unten in der sozialen Hackordnung gesehen wurden. Und er ist umso schlimmer, wenn er auf Entwicklungen zurückgeht, die als gänzlich ausserhalb des eigenen Einflussbereichs empfunden werden.

Das neue Klassenbewusstsein

Das nährt das Gefühl einer himmelschreienden Ungerechtigkeit. Und der Betroffene fühlt sich betrogen. Betrogen durch die Eliten. Dieses Gefühl ist gut nachvollziehbar. Der Einfluss des Individuums auf sein politisches und ökonomisches Umfeld schwindet. Hergebrachtes Wissen und Können zählt immer weniger, die Löhne stagnieren, und die traditionellen Werte scheinen durch Zuwanderung und raschen Strukturwandel gefährdet.

Haltungen wie Fremdenfeindlichkeit, Abneigung gegen Eliten und gegen andere Lebensformen wurden nicht durch ökonomische Bedingungen geschaffen. Es gab sie schon immer. Doch vor allem da, wo diese Haltungen schon vorhanden waren, werden sie durch den ökonomischen Wandel noch verstärkt.

Das hat auch zur Folge, dass diese Ansichten nicht nur offen und deutlich geäussert werden, sondern dass sich jene, die sie teilen, verstärkt zusammenschliessen und so rechtspopulistischen Parteien und Organisation Zulauf verschaffen. Martin Sandbu spricht von einem «erwachenden Klassenbewusstsein». Jene, die sich einst als «schweigende Mehrheit» bezeichnet haben, schweigen jetzt nicht mehr.