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Was die türkische Krise für Europa bedeutet

Die Auswirkungen der drohenden Krise sind schwer abzuschätzen: Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan. (Foto: Reuters)

Die politische Unsicherheit in Italien hat der Öffentlichkeit schlagartig in Erinnerung gerufen, dass die Eurokrise nur eingedämmt, aber nicht gelöst worden ist. Mit einer exakten Wiederholung der Turbulenzen von 2010 bis 2012 ist zwar nicht zu rechnen. Aber es besteht kein Zweifel, dass die strukturellen Probleme der Eurozone das Potenzial haben, grosse Verwerfungen auszulösen. Die ruckartige Aufwertung des Schweizer Frankens ist ein deutliches Indiz dafür. Italien ist aber nicht nur aus innenpolitischen Gründen erneut zum Krisenherd geworden. Auch seine Banken sind nach wie vor schwach aufgestellt. Der Anteil an faulen Krediten ist zwar zurückgegangen, aber immer noch beträchtlich, wie eine neue Publikation der italienischen Notenbank zeigt.

Italiens schwache Situation ist jedoch nicht der einzige Gefahrenherd. Auch die sich anbahnende türkische Finanzkrise könnte grosse negative Auswirkungen haben, denn das stürmische Wachstum wurde zu einem beträchtlichen Teil durch ausländische Schulden finanziert. Die Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIZ) weist die Schulden der Türkei gegenüber ausländischen Banken detailliert aus:

  • Ende des dritten Quartals 2017 beliefen sich ausländische Forderungen gegenüber der Türkei auf rund 350 Milliarden US-Dollar (rote und blaue Linie bei der linken Grafik).

  • Die grössten Gläubigerbanken sind die spanischen und die französischen Banken (orange und schwarze Linie bei der mittleren Grafik). Die spanischen Banken haben Forderungen in der Höhe von über 80 Milliarden US-Dollar.

  • Am meisten verschuldet ist der Nichtfinanzsektor mit rund 50 Prozent (violette Linie bei der rechten Grafik). Der Anteil der Verbindlichkeiten mit einer Laufzeit von weniger als einem Jahr ist sogar etwas höher als 50 Prozent (gelbe Linie bei der rechten Grafik).

Die Abhängigkeit von ausländischen Gläubigerbanken ist demnach äusserst stark. Das türkische BIP betrug 2016 etwas mehr als 850 Milliarden US-Dollar. Die Auslandsverschuldung beträgt prozentual gesehen somit etwas weniger als ein Drittel. Hinzu kommen grosse Beteiligungen ausländischer Banken an türkischen Banken. Hier sind die italienischen Banken in letzter Zeit sehr aktiv gewesen.

Das ist eine hohe Zahl, die eine baldige Schuldenkrise wahrscheinlich erscheinen lässt. Seit dem frühen 19. Jahrhundert gehören die Schwellenländerkrisen zu den periodisch wiederkehrenden Ereignissen. Die Türkei hatte zuletzt Anfang der 2000er-Jahre eine Schuldenkrise. Daraufhin wurde die Lira abgewertet, gleichzeitig kam es zu einer Umschuldung unter der Ägide des IWF.

Türkische Krise nach altem Drehplan

Daraufhin begann ein neuer Zyklus, welcher nun sein Ende findet. Die Lira ist bereits deutlich schwächer geworden. Ein partieller Bankrott des privaten Sektors wird bald folgen, was ein Anschnellen der öffentlichen Schulden mit sich bringen wird. Immerhin hat die Türkei hier Spielraum. Die Staatsverschuldung im Verhältnis zum BIP beträgt nur etwa 30 Prozent.

Was sich in der Türkei abspielt, entspricht also dem alten Drehbuch. Es handelt sich um ein typisches Schwellenland, bei dem sich Boom- und Krisenphasen periodisch ablösen. Der Boom ist grösstenteils durch ausländisches Kapital erzeugt. Wenn sich die politische oder die ökonomische Grosswetterlage ändert, fliesst das Kapital wieder ab.

Wie sehr sich die kommende türkische Krise auf Spanien, Frankreich und Italien auswirken wird, ist schwer abzuschätzen. Aber wie die griechische Krise gezeigt hat, ist sogar ein relativ kleines Land in der Lage, grössere Erschütterungswellen auszulösen. So ist es ratsam, nicht nur die italienische Politik genau zu verfolgen, sondern auch die Ereignisse in der Türkei ernst zu nehmen.