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Die «Masters of the Universe» sind zurück

Im März schloss die EZB aus, die Minuszinspolitik vor 2020 zu beenden: Präsident Mario Draghi tritt in Frankfurt vor die Medien. Foto: Armando Babani (Keystone)

Es ist wie ein Déjà-vu: Zentralbanken haben sich wieder einmal aufgemacht, die Weltwirtschaft zu retten. Als 2008 die globale Finanzkrise ausbrach, wurden die Zentralbanken zu den Protagonisten der Wirtschaftspolitik. Sie streiften ihre traditionelle Rolle als Schiedsrichter ab, der möglichst neutrale Rahmenbedingungen garantiert.

Fortan spielten sie selbst aktiv mit. Dort, wo Regierungen, Banken und Unternehmen nicht den gewünschten Einsatz zeigten oder glücklos blieben, übernahmen die Zentralbanken. Sie zogen alle Register, brachen Tabus und manchmal auch die Regeln, nur um dem Spiel die erhoffte Wendung zu geben. Null- und Minuszinsen, Währungskriege, Aktienkäufe, Anleihenkäufe: Sie steuerten die Kreditpolitik der Banken und beschafften ihnen subventionierte Geldkredite – es gibt kaum etwas, was die ehemals Neutralen unversucht liessen. Zu Recht wurden sie bald als «Master of the Universe» bezeichnet.

Damit sollte eigentlich Schluss sein. Denn die Krise war spätestens 2016 überall überwunden, und die Politik der Extreme verursachte auch Kollateralschäden, wie die Fehlallokation von Kapital, überhöhte Aktien-, Anleihen- und Immobilienpreise. Notenbanker fassten die Normalisierung ins Auge, mal mehr, mal weniger.

Die Normalisierung beendet

Und nun haben die Zentralbanken diese Absicht zu normalisieren ausgesetzt. Das Fed verfügte im Januar de facto, dass es die Zinsen nicht weiter erhöht und auch bald nicht weiter Liquidität abschöpfen wird respektive sein enormes Anleihenportefeuille nicht mehr verringert. Im März schloss die EZB aus, dass sie vor 2020 die Minuszinspolitik beenden will. Fast alle Notenbanken äussern sich seither ähnlich.

Was genau sie dazu getrieben hat, ist nicht restlos geklärt. Der Schock über den scharfen Kurseinbruch an den Aktienbörsen im Herbst 2018 und die rasche Konjunkturabkühlung trugen sicherlich dazu bei. Wie auch die Erwartung, dass die Inflation niedrig bleiben wird.

Auf jeden Fall haben die Notenbanken mit ihrem Strategiewechsel eine grosse Wirkung erzielt. Die Aktienkurse steigen, die Kapitalmarktzinsen fallen. In den USA kehrte die Zinskurve und verläuft invers, in Deutschland und der Schweiz liegen die Renditen überwiegend erneut unter null.

Zu abhängig von möglichst tiefen Zinsen

Ob die Rückkehr der «Masters of the Universe» wirklich opportun war, ist allerdings zu bezweifeln. Denn die Erwartungen der Marktteilnehmer hängen von der Tiefzinspolitik der Notenbanken ab wie lange nicht mehr. Mit ihrem offensiven Auftreten haben die Notenbanken erst die Sorge geschürt, dass eine Rezession droht, denn sonst hätten sie wohl kaum die Normalisierungsstrategie aufgegeben, überlegen sich viele Menschen. Die Aussicht auf eine Rezession sorgt dafür, dass noch weniger Inflation und folglich niedrigere Zinsen erwartet werden. Es ist wie in einer sich selbst erfüllenden Prophezeiung.

Die Terminmärkte preisen bereits Leitzinssenkungen in den USA ein. Und es wird darüber debattiert, welche Instrumente den Notenbanken im Euroraum und in Japan noch zur Verfügung stehen, um die Geldpolitik zu lockern, nachdem dort praktisch alles Pulver verschossen wurde.

Dabei gerät fast in Vergessenheit, was in der sogenannten Realwirtschaft wirklich passiert. Die USA wachsen weiterhin kräftig. In China und Deutschland fallen nicht alle Konjunkturindikatoren immer schwächer aus. Einige deuten auf eine Stabilisierung oder gar eine Beschleunigung hin.

Die Wette auf weltweit immer tiefere Zinsen, die von den Notenbanken ausgelöst wurde, wird diesen Entwicklungen nicht gerecht. Die Weltwirtschaft verläuft nicht synchron abwärts. Die einzelnen Wirtschaftsräume befinden sich auf unterschiedlichen Positionen im Konjunkturzyklus. Das Risiko, dass in einzelnen Ländern die tiefen Marktsätze nach oben springen, ist beachtlich. Man darf gespannt sein, wie die Zentralbanken dann darauf reagieren werden, sollte es dazu kommen.