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Die Heuchelei der G-20

Nicht nur die USA und China errichten Handelshindernisse: Treffen zwischen den Delegationen beider Länder am G-20-Gipfel in Buenos Aires (1. Dezember 2018). Foto: Pablo Martinez (Keystone)

Erneut hat der Handelskrieg zwischen den USA und China in der letzten Woche die Weltpolitik und die Kapitalmärkte in Atem gehalten. Beim Treffen der G-20-Staaten wurde zwar ein vorübergehender Waffenstillstand vereinbart. Glaubwürdig erschien das nicht: Die Sorgen vor einer nächsten Eskalationsstufe haben in den Tagen darauf die Börsen erneut einbrechen lassen.

Eine neue Studie des in St. Gallen lehrenden Ökonomen Simon Evenett und seines Mitarbeiters Johannes Fritz stellt auf der Grundlage von umfangreichen Daten den Konflikt in einen grösseren Zusammenhang. Die Studie macht klar, dass der Protektionismus in den Handelsbeziehungen nicht erst mit der Wahl von Donald Trump zum US-Präsidenten begonnen hat. Trotz ihren hehren Bekenntnissen zum Freihandel haben die G-20-Staaten im letzten Jahrzehnt durchschnittlich alle zehn Stunden eine Massnahme zum Schaden eines Handelspartners ergriffen.

Die folgende Grafik aus dem Bericht zeigt die Entwicklung der Interventionen der G-20-Länder in den letzten zehn Jahren. Die protektionistischen Eingriffe sind rot, jene zur Liberalisierung grün:

Die meisten diskriminierenden Interventionen gingen von den USA aus – und zwar schon vor Trump, wie die folgende Grafik aus dem Bericht zeigt:

Der von Trump losgetretene Handelskrieg vor allem mit China ist dagegen schärfer, als es die neu eingeführten Zölle zeigen. Kaum im Fokus sind die weiteren Benachteiligungen von Produkten aus China. Sie eingerechnet, belasten die USA chinesische Exporte im Wert von 369 Milliarden Dollar. Das ist ein Drittel mehr als die Güter, die durch die Zollaufschläge betroffen sind.

Die folgende Grafik aus dem Bericht zeigt die Massnahmen der USA gegenüber China im Zeitverlauf und nach Art (Zölle und andere Importbeschränkungen):

Im Jahr 2017 – noch vor dem Handelskrieg – waren 70 Prozent aller Exporte Chinas in die USA und umgekehrt von Handelsbeschränkungen des jeweils anderen Landes betroffen. Jetzt ist dieser Anteil auf 87 Prozent der Exporte Chinas in die USA und auf 92 Prozent der Exporte der USA nach China angestiegen. Dennoch: Die Zollerhöhungen der beiden Länder machen bloss 22 Prozent aller international ergriffenen Importbeschränkungen aus. Massnahmen zur Förderung der Exporte, um ausländische Konkurrenten zu benachteiligen – zum Beispiel Subventionen –, haben eine noch deutlich grössere Bedeutung.

Die wichtigste Neuerung von Trumps Politik ist, dass er den Protektionismus zur offiziellen Politik erhebt, ihn salonfähig macht. Die grosse Gefahr besteht darin, dass auch andere Länder sich dem Beispiel der Supermacht anschliessen und jede noch bestehende Zurückhaltung aufgeben. Es ist politisch einfacher, einen eng verstandenen nationalen Egoismus zu vertreten, selbst wenn er am Ende jedem Land mehr schadet als nützt. Doch wenn das einmal Schule zu machen beginnt, dann kommt die wahre Katastrophe, wie die Studienautoren warnen und wie auch die Geschichte lehrt.