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China im Minus

Wohin steuert das Reich der Mitte? Eine chinesische Flagge vor einem Wohngebäude in der Stadt Huaian. Foto: Reuters

Was in China passiert, hat immer mehr Auswirkungen auf die Weltwirtschaft. Nur gibt es kaum ein Land, das so schwierig zu verstehen ist wie das Reich der Mitte. Die wirtschaftspolitischen Prozesse sind völlig undurchsichtig. Nur Insider haben ein realistisches Bild der komplizierten Machtstrukturen, aber sie können es sich nicht leisten, öffentlich darüber Auskunft zu geben.

Deshalb muss man vorsichtig sein, wenn Outsider das baldige Ende des Regimes verkünden. Das gilt insbesondere für die Einschätzungen von Minxin Pei, der für die Kommentarseite «Project Syndicate» schreibt und dessen Texte regelmässig in westlichen Zeitungen abgedruckt werden. Unlängst hat er wieder darauf hingewiesen, dass Xi Jinping keineswegs so stark sei, wie es gegen aussen wirke. Im Sommer hätten eine Reihe von Vorfällen und Skandalen gezeigt, dass seine Macht bedroht sei.

Pei nennt auch wirtschaftliche Indikatoren, die auf eine Schwächung des Regimes hindeuten würden. Eine Kennzahl ist die Leistungsbilanz. Sie ist im ersten Quartal 2018 deutlich negativ ausgefallen und im zweiten Quartal 2018 nur knapp positiv.

Das ist in der Tat eine Zäsur. Wie die Grafik zeigt, gab es schon vorher schwache Quartalsdaten, aber was sich 2018 ereignet hat, ist bemerkenswert. Was steckt dahinter? Ist dies ein Hinweis auf eine sich anbahnende Krise in China?

Pei glaubt, dass der Handelsstreit mit den USA tiefe Spuren hinterlassen und das Regime bald in Verlegenheit bringen werde. Auch der «Economist» weist auf die grosse Verwundbarkeit des chinesischen Wirtschaftsmodells hin. Allerdings sei weniger ein Rückgang des Aussenhandels an sich das Problem, sondern die indirekte Wirkung auf die Spielräume der einheimischen Wirtschaftspolitik. Die chinesische Führung versucht ja seit einiger Zeit, die Konjunktur zu dämpfen und die Wirtschaft zu entschulden. Wenn nun der Beitrag des Aussenhandels zum Wachstum zurückgeht, muss Peking die Konjunktur wieder ankurbeln, indem es eine steigende Verschuldung fördert.

Dieses Argument ist überzeugend. Chinas Wirtschaftsmodell beruht nach wie vor auf einem extrem hohen Anteil von Investitionen. In den letzten Jahren ist es zu einem gewissen Rückgang gekommen, aber in Anbetracht des bereits erreichten Wohlstands sollte dieser Anteil deutlich tiefer liegen. Japan und Südkorea hatten einen ähnlichen Anteil, als sie ihre Aufholjagd gegenüber dem Westen begannen, aber reduzierten ihn kontinuierlich, um den Beitrag des Konsums zu erhöhen.

Solange das chinesische Wachstum so stark von einer hohen Investitionsquote abhängt, muss das Regime in Zeiten des zurückgehenden Aussenhandels immer wieder mit Verschuldungsmassnahmen die Wirtschaft am Laufen halten. Besonders ausgeprägt war diese Politik im Nachgang der Finanzkrise. Die kombinierte Staats- und Privatverschuldung hat sich in den letzten zehn Jahren fast verdoppelt ( Quelle ). Aus Panik vor einer wirtschaftlichen Verlangsamung und drohenden politischen Unruhen hat man das grösste Ankurbelungsprogramm der Wirtschaftsgeschichte lanciert.

Eine hohe Verschuldung bedeutet aber keineswegs, dass das Regime kurz vor dem Ende ist. China hat durchaus die Möglichkeit, diese hohen Schulden tragbar zu machen, indem die Zinsen gesenkt werden. Der Westen führt es vor, wie es geht. Aber klar ist auch: Ewig kann man dieses Verschuldungsspiel nicht weitertreiben, weder in China noch bei uns im Westen.