Das ist nicht alltäglich: Elf EU-Finanzministerien verwenden sich für die Schweiz. In einem Schreiben an die EU-Kommission protestieren sie dagegen, dass die Gleichwertigkeit der in der Schweiz geltenden Börsenregulierung nur befristet, bis Ende dieses Jahres, anerkannt werden soll. Im vergangenen November hatten die Mitgliedstaaten noch einstimmig die unbefristete Anerkennung der Börsenäquivalenz beschlossen.
Als die Kommission im Dezember die hiesige Börsenregulierung jedoch nur als befristet gleichwertig anerkannte, entstand in der Schweiz sofort der Eindruck, es handle sich um einen politischen Nadelstich – völlig zu Recht, wie sich jetzt weist. Nun erhält die Kommission einen wohl eher unüblichen Tadel für ihren Unterschleif; immerhin elf von 28 Regierungen zeigen sich irritiert und fordern, der Schweiz sei unbefristete Börsenäquivalenz zuzugestehen.
Die Rüge an Brüssel kommt namentlich aus Berlin und London, Mitunterzeichner sind u. a. Wien und Den Haag. Dagegen fehlt der «Club Med» um Frankreich völlig. Auch an diesem kleinen Beispiel zeigt sich ein Stück weit die Trennlinie zwischen halbwegs freihändlerischen, ansatzweise liberalen Ländern einerseits und den etatistisch getakteten andererseits. Diese zweite Gruppe wird nach dem Ausscheiden des Vereinigten Königreichs (noch) mehr Gewicht erhalten – wer sich in der Schweiz über den Brexit freut, ist nicht ganz im Bilde.
Ob sich die elf Regierungen – die nicht in erster Linie für die Schweiz plädieren, sondern gegen die Willkür der Kommission – werden durchsetzen können? Falls nicht, liesse sich das als weiteres Indiz dafür lesen, dass in der Ära des Fin de Règne in Deutschland und des Bye-bye der Briten das Elysée den Taktstock übernimmt. Das macht die schweizerische Europapolitik noch vertrackter.
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Nadelstich
Elf von 28 EU-Finanzministerien kritisieren das Vorgehen der Kommission in Sachen Börsenäquivalenz der Schweiz. Ein Kommentar von FuW-Redaktor Manfred Rösch.