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Mit hartem Franken raus aus der Exportfalle

China und die Schweiz sind völlig verschiedene Länder. Aber es gibt auch Gemeinsamkeiten. So argumentierte Mathew Klein im Blog FT Alphaville , dass beide Länder vor einer notwendigen Reform ihrer Wirtschaftsstruktur stehen. Die hoffnungsfrohe Botschaft: Die Währungsaufwertung könnte einen Strukturwandel in der Schweizer Wirtschaft bewirken und das Land weg von seiner Exportabhängigkeit führen.

Erst einmal zum Fall von China. Dort wird ein Rebalancing der Wirtschaft angegangen, weg von den hohen Investitionen, die in immer unproduktivere Projekte gesteckt werden, hin zu mehr Konsum. Das wird etwa von Michael Pettis, Ökonom an der Peking University, mit grosser Dringlichkeit propagiert. Vermögen soll an die Haushalte transferiert werden. Dann kann durch den höheren Konsum eine wachsende Arbeitslosigkeit verhindert werden, wenn die Investitionen zurückgefahren werden.

Ein Rebalancing für die Schweiz?

Benötigt die Schweiz auch so ein Rebalancing? Ja, meint Klein, aber nicht, um die Investitionen abzubauen, sondern um die Exportabhängigkeit zugunsten von mehr Konsum zu reduzieren. Denn die Schweiz weist unter den Industrieländern einen der höchsten Leistungsbilanzüberschüsse aus. Er beträgt für 2014 nach Schätzung des Internationalen Währungsfonds etwa 13% des Bruttoinlandprodukts.

Das bedeutet, dass die Forderungen gegenüber dem Ausland immer weiter steigen. Volkswirtschaftlich gesprochen werden Ersparnisse im Ausland angelegt statt konsumiert. Das hängt auch direkt mit dem Handelsbilanzüberschuss zusammen: Wird mehr exportiert als importiert, werden Forderungen gegenüber anderen Ländern aufgebaut.

Klein weist darauf hin, dass auch gemessen am weltweiten BIP der Anteil des Überschusses der Schweizer Leistungsbilanz stetig gewachsen ist. Einen Rückschlag gab es nur 2011, als sich der Franken bis zur Einführung des Euromindestkurses im September massiv aufgewertet hatte. Der Verdacht Kleins: Die SNB hat den Franken nicht schwach halten müssen, um den durch die Eurokrise ausgelösten Panikkäufen entgegenzuwirken, sondern um die hohen Exportüberschüsse am Laufen zu halten.

Leistungsbilanzüberschuss heisst Aufwertungsdruck

Steigende Exporte und ein Überschuss in der Leistungsbilanz sollten die Nachfrage nach der Währung dieses Landes steigern. Damit wertet sich die Währung auf, was die Exporte tendenziell belastet und so die Leistungsbilanz langfristig ausgleicht. Doch diese Anpassung ist nicht geschehen. Stattdessen ist der Franken künstlich schwach gehalten worden und hat den Abbau des Leistungsbilanzüberschusses verhindert.

Wie funktioniert weltweit dieser Export und Import von Kapital? Pettis weist darauf hin , dass global gesehen die Überschüsse oder Ersparnisse eines Landes in einem anderen Land investiert werden müssen. Das Paradebeispiel ist die Eurozone, in der es keinen Währungsmechanismus zwischen den Mitgliedstaaten mehr gibt.

Gegenüber Ländern ausserhalb der Eurozone hat die Aufwertung der Gemeinschaftswährung in den Boomjahren vor 2008 ein Aufblähen des Leistungsbilanzüberschusses verhindert. Wenn Deutschland durch seinen Exportüberschuss immer mehr Ersparnisse exportiert, müssen sie also zu einem grossen Teil innerhalb der Eurozone angelegt werden. Spanien hat diese Ersparnisse importiert, hohe Schulden angehäuft und einen Konsumboom erlebt (der dann in einem Crash endete).

Kapitalimport birgt auch Risiken -

Wenn ein Land die Ersparnisse importiert, sollten diese neuen Schulden dort produktiv angelegt werden – also Vermögen schaffen. Doch dazu muss eines von drei Kriterien erfüllt sein. Ist keines der Kriterien erfüllt, gibt es laut Pettis am Ende einen Crash mit fatalen ökonomischen Folgen, wenn sich die Kapitalströme umdrehen. Der Ökonom sieht diese Kapitalflüsse nicht durch individuelle Entscheidungen ausgelöst, sondern durch institutionelle Arrangements verursacht: «Als allgemeine Regel gilt, viele Jahre an übermässig hohen oder übermässig niedrigen Sparquoten sind fast immer eine Konsequenz von institutionellen Störungen durch ein Land oder das automatische Gegenüber in einem anderen.»

Hohe Ersparnisse bedeuten weniger Konsum. Das ist auch in den Daten zur Schweiz deutlich sichtbar. In keinem anderen Industrieland war das Konsumwachstum seit 1990 so niedrig wie hierzulande (vgl. Grafik rechts). Klein empfiehlt deshalb der SNB, den Franken ruhig aufwerten zu lassen. Ein stärkerer Franken würde nämlich die Schweizer reicher machen und sie von der Last befreien, so viel zu sparen. Das Geld könnte in den Konsum und auch in den Import von mehr Gütern fliessen.

Subvention durch zu schwachen Franken

Doch was ist mit der Exportindustrie? Sie muss sich nach Ansicht von Klein an die neuen Gegebenheiten anpassen und ohne die «Subvention» durch einen zu schwachen Franken leben lernen. Der Vergleich mit China liegt nahe: US-Politiker wettern schon lange gegen eine unfaire Bevorteilung chinesischer Unternehmen durch einen schwachen Yuan. Doch Klein erklärt: «In gewisser Weise ähnelt die Schweiz dem Stereotyp über China mehr, als China selbst es tut.» Aber in beiden Ländern würde durch eine Aufwertung der Währung der Konsum gestärkt, um die Wirtschaft am Laufen zu halten – statt inländische (in China) oder ausländische (für die Schweiz) Ungleichgewichte weiter wachsen zu lassen.

Doch wie Pettis für China ausführt, ist solch eine Umstellung nicht unproblematisch. Wenn nämlich der Konsum nicht stark genug zunimmt, während die Exporte oder die Investitionen zurückgehen, steigt die Arbeitslosigkeit.

Was immer man von dieser Aussicht halten will: Ohne eine Umstellung des Wirtschaftsmodells der Schweiz werden immer grössere Forderungen gegenüber dem Ausland angehäuft – und der Konsum bleibt künstlich schwach.