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Mit einem Zeigerumlauf einmal um die Welt

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v.l.n.r.  (1) Escale Worldtime, Louis Vuitton(2)  Heritage Spirit Orbis, Terrarum, Montblanc
v.l.n.r.  (1)  Amvox 5 World, Chronograph, Jaeger-LeCoultre (2) Galactic Unitime, Sleek, Breitling(3) Heures Universelles, Patek Philippe
v.l.n.r.  (1) Escale Worldtime, Louis Vuitton(2)  Heritage Spirit Orbis, Terrarum, Montblanc

Am 15. August hat Kim Jong Un die «Pjöngjang-Zeit» eingeführt. Sie soll den «unerschütterlichen Willen des nordkoreanischen Volkes» spiegeln und die von den «boshaften japanischen Imperialisten » auferlegte Zeit abschaffen, so die Begründung. Venezuelas Präsident Hugo Chávez hatte es ihm 2007 mit einer eigenen Zeitzone (GMT –4h 30) vorgemacht. Müssen die Schweizer Uhrmacher ihre Weltzeit- oder Zeitzonenuhren aufgrund der von Kim Jong Un beschlossenen Zeitumstellung jetzt überarbeiten? In den meisten Fällen lautet die Antwort wohl Nein, denn Pjöngjang wird in der Regel auf den Zifferblättern so oder so übergangen. Daran dürfte sich auch nichts ändern, im Gegenteil. Woran aber liegt das?

Die Unterteilung in 24 Zeitzonen und die Festlegung des Greenwich-Meridians als Nullmeridian wurden anlässlich der Konferenz von 1884 in Washington beschlossen. Ein halbes Jahrhundert später präsentierte der Genfer Uhrmacher Louis Cottier, der unter anderem mit Vacheron Constantin und Patek Philippe zusammengearbeitet hat, ein noch immer massgebendes System, an das sich die heutige Weltzeit anlehnt. In den allermeisten Fällen werden die 24 Zeitzonen auf den heutigen Weltzeituhren gleichzeitig angezeigt.

Dazu wird stellvertretend für jede Zeitzone ein Referenzort festgelegt. Besonders in dicht besiedelten Zonen kann diese Wahl zur Knacknuss werden. GMT +9 zum Beispiel umfasst ganz China, Westaustralien, die Philippinen, Singapur und einen Teil Russlands. Aber auch dann, wenn eine Zone so gut wie nicht besiedelt ist, weil sie zum Beispiel grösstenteils im Ozean liegt und keinen bekannten Ort enthält, ist die Entscheidung schwierig. Denken wir an South Georgia zwischen der Zeitzone von Rio (GMT –3) und derjenigen der Azoren (GMT –1).

Auf Uhren mit simultaner Anzeige der 24 Zeitzonen werden solche, die im Verhältnis zur vollen Stunde um 15, 30 oder 45 Minuten verschoben sind, wie Venezuela (GMT –4h 30) oder Nepal (GMT +5h 45), nicht berücksichtigt. Das Gleiche gilt für die neue Zeitzone Nordkoreas (GMT +8h30). Nur bei Uhren, die mehr als 24 Zeitzonen anzeigen, könnte der Beschluss des nordkoreanischen Machthabers von Bedeutung sein. So zum Beispiel für die Patrimony Traditionelle Heures du Monde von Vacheron Constantin.

Sie integriert 37 Zeitzonen, einschliesslich partieller Zeitzonen, die von ihrem natürlichen Meridian um eine Viertel-, eine halbe oder eine Dreiviertelstunde abweichen. Technisch wäre die Aufnahme der Pjöngjang-Zeit kein Problem, liess uns Vacheron Constantin wissen. Die Schwierigkeit wäre eher die Ablesbarkeit, zumal zwischen GMT +8 und GMT +9 bereits die Sonderzone GMT +8h45 liegt, die Vacheron Constantin mit der südaustralischen Stadt Eucla darstellt. Und ohnehin stellt sich die Frage, ob überhaupt ein Interesse besteht, Pjöngjang in die Weltzeituhr aufzunehmen. Damit hat sich die Genfer Manufaktur bisher noch nicht befasst.

Patrimony Traditionnelle Heures du Monde, Vacheron Constantin

Zeitzeugen

Für die Hersteller von Weltzeituhren mit 24 Zeitzonen sind diese Fragen jedoch irrelevant. Referenz auf diesem Gebiet ist zweifellos Patek Philippe. Die Manufaktur hat diesen Frühling eine neue Version ihrer Heures Universelles in Roségold vorgestellt. Auch Montblanc hat im Januar von sich reden gemacht, als das Unternehmen den Markt mit seiner ersten Weltzeituhr, der Heritage Spirit Orbis Terrarum, aufmischte. Das Modell sieht vielen bestehenden Modellen sehr ähnlich, ist aber deutlich günstiger (ab 5400 Fr.). Manchmal wird die Weltzeit mit weiteren Komplikationen kombiniert, wie bei der AMVOX5 World Chronograph von Jaeger-LeCoultre.

Breitling beteiligt sich dieses Jahr ebenfalls am Reigen der Universalzeituhren. In der Galactic Unitime Sleek T tickt das neue benutzerfreundliche Weltzeit-Manufakturkaliber B35. Tatsächlich kann die innovative Uhr vollständig über die Kronen bedient werden.

Betrachtet man die Weltzeitmodelle auf dem Markt etwas genauer, drängt sich ein etwas nüchternes Fazit auf: Abgesehen von den teils erheblichen technischen Unterschieden sehen die Modelle der Schwergewichte auf dem Markt alle irgendwie gleich aus. Letztes Jahr hat Louis Vuitton mit der Escale Worldtime für willkommene Abwechslung gesorgt: Die Uhr fällt schon durch ihr ungewöhnliches Äusseres auf – sie treibt es im wahrsten Sinne des Wortes bunt, was in der Haute Horlogerie Seltenheitswert hat.

Als Inspiration dienten den Machern die farbigen Streifen, Initialen und anderen Symbole, mit denen Louis Vuitton einst die Koffer der Kunden personalisierte. Auch technisch fällt die Escale Worldtime durch Originalität auf: Das von der Fabrique du Temps Louis Vuitton entwickelte System funktioniert ganz ohne Uhrzeiger. Das einzige feste Element des Zifferblatts ist das zentrale schwarze Dreieck. An seiner oberen Spitze endet es in einem gelben Pfeil, an dem sich die Uhrzeit und der Referenzort ablesen lassen. Die drei beweglichen Scheiben, die das Zifferblatt bilden, lassen sich mithilfe einer einzigen Krone einstellen. Man ahnt es: Hinter dieser einfachen Handhabung und der besonderen Weltzeitfunktion des Kalibers LV 106 steckt ein raffinierter Mechanismus. Genau das macht die hohe Uhrmachkunst aus: Ihre grösste Schwierigkeit besteht darin, hochkomplexe Funktionen einfach bedienbar zu machen.

Macht ist vergänglich

Am 15. August hat Nordkorea uns wieder einmal vor Augen geführt, dass der Umgang mit den Zeitzonen ein politischer Akt ist. China, das sich eigentlich über fünf Zeitzonen erstreckt, verwendet nicht ohne Grund im ganzen Land die gleiche Zeit. Die Pekinger und die Pjöngjanger Zeit verweisen jeweils auf eine Hauptstadt; sie stehen für ein Nationalgefühl und verkörpern Macht. Doch Macht ist vergänglich. Insofern sind Weltzeituhren auch interessant, weil sie uns etwas über die geopolitische Weltgeschichte, die Veränderungen der Hoheitsgebiete und das Ansehen der Städte erzählen.

Die Referenzorte auf den Zifferblättern der Uhren aus dem 18. und dem 19. Jahrhundert sind heute nicht mehr unbedingt die gleichen. Uhren, auf denen die Zeit in Konstantinopel oder Ispahan angegeben ist, verweisen auf eine andere Epoche und andere Machtzentren. In diesem Sinne sind Zifferblätter auch Zeitzeugen, die man immer wieder gerne neu entdeckt.