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Meyer Burger wegen Verdachts auf Tricksereien im Visier der SIX

Meyer Burger weist diese Vorwürfe zurück.

Die Vorwürfe der Börsenbetreiberin SIX an Meyer Burger sind happig. Der Solarzulieferer soll im Jahresabschluss 2016 und im Halbjahresabschluss 2017 Abschreibungen und Wertberichtigungen falsch verbucht haben. Gewinnzahlen wie das Betriebsergebnis auf Stufe Ebit wie auch Ebitda sollen damit zu hoch ausgewiesen worden sein. Das geht aus einem Sanktionsantrag an die zuständige Kommission hervor, über den die SIX heute informiert hat.

In einer fast zeitgleich veröffentlichten Stellungnahme weist Meyer Burger die von der SIX erhobenen Vorwürfe allesamt zurück. Die Vorwürfe sind brisant, denn besonders die Ebitda-Kennzahl diente Meyer Burger in der Vergangenheit stets als einer der wichtigsten Indikatoren für das Erreichen des Turnaround.

Fehlerhafte Zahlenbasis?

Auf Gewinnstufe Ebitda hat das Unternehmen gemäss der aktuellen Berichterstattung im zweiten Semester 2016 den Breakeven erreicht. Das könnte nun in Frage gestellt werden. Zudem mussten Aktionäre auf dieser Zahlenbasis Ende 2016 über eine umfassende Schuldenrestrukturierung samt Kapitalerhöhung entscheiden. Auch hatte Meyer Burger Kreditverpflichtungen ausstehend, mitunter einen hypothekarisch besicherten Kredit in Höhe von 30 Mio. Fr. Die Rahmenkreditvereinbarung mit den Banken war an die Erreichung gewisser finanzieller Kennzahlen geknüpft.

Die Börse hat ungnädig auf die Vorwürfe der SIX reagiert. Die Aktien haben im Morgenhandel zeitweise über 8% verloren, seit Anfang Jahr hatten sie wegen einer allgemein schlechten Auftragslage bereits über ein Drittel ihres Werts eingebüsst. Ein erster Marktbeobachter erachtet die Vorwürfe der SIX als grundsätzlich nachvollziehbar, erwartet im Falle einer Sanktionierung aber nicht mehr als eine geringe Geldstrafe für das Unternehmen.

Die Dauer des Sanktionsverfahrens ist nicht bestimmt. Ein SIX-Sprecher sagt gegenüber FuW, dass es keine «typische» Verfahrensdauer gebe. Sie hänge von der Komplexität des Falles ab. «Gemäss anwendbarer Verfahrensordnung ist eine Sanktion innerhalb von 24 Monaten nach Einleitung des Sanktionsverfahrens auszufällen», sagt er weiter. In den kommenden zwei bis vier Monaten könne Meyer Burger mit einem «Comment Letter» rechnen, in dem die SIX «Empfehlungen bzw. Erwartungen zu Verbesserungen» zuhanden der Gesellschaft formuliert.

(K)ein ausserordentliches Ereignis

Die SIX wirft Meyer Burger konkret Mängel bei der periodengerechten Erfassung von Abschreibungen und Wertberichtungen im Zusammenhang mit der am 27. Februar 2017 beschlossenen Schliessung der Tochtergesellschaft Diamond Materials Tech (DMT) in den USA vor. Zudem sollen die Posten im ausserordentlichen statt im ordentlichen Ergebnis verbucht worden sein, und das, obschon in vergangenen Jahren bereits diverse Restrukturierungen, auch bei DMT, durchgeführt worden waren. Nach Einschätzung der SIX «stellt diese Schliessung kein äusserst seltenes Ereignis dar und war nicht unvorhersehbar».

Als Folge davon sollen sowohl der Ebit wie auch der Ebitda im Jahresabschluss 2016 wie im Semesterabschluss 2017 falsch sein. Für das Geschäftsjahr 2016 hatte Meyer Burger einen Ebit von –44,4 Mio. Fr. (Marge –9,8%) und einen Ebitda von 10,5 Mio. Fr. (Marge 2,3%) ausgewiesen. Für das erste Semester einen Ebit von –8,8 Mio. Fr. (Marge –4,1%) und einen Ebitda von 6,9 Mio. Fr. (Marge 3,3%). Der Nettogewinn war in diesen Perioden stets deutlich negativ (GJ 2017: –79,3 Mio. Fr., GJ 2016: –97,1 Mio. Fr.).

Ausserdem wirft die SIX Meyer Burger vor, bei einer frühzeitig zurückgekauften eigenen Anleihe einen mutmasslichen Fehler in der Cashflow-Rechnung des Halbjahresabschlusses 2017 gemacht zu haben. In der entsprechenden Geldflussrechnung hat das Unternehmen für den «Erwerb von Wertschriften» rund 15 Mio. Fr. verbucht. Für Meyer Burger und die beteiligten Personen gilt die Unschuldsvermutung.

Konform und abgestimmt

In einer Stellungnahme weist Meyer Burger sämtliche Anschuldigungen zurück. Vorgehen und Ermessensentscheide seien konform mit den Rechnungslegungsvorschriften von Swiss GAAP FER. Auch die Erfassung von Abschreibungen und Wertberichtungen erachtet das Unternehmen als «allesamt im Sinne des Rahmenkonzepts von Swiss GAAP FER». Alles soll in enger Abstimmung mit dem Buchprüfer von Meyer Burger (PwC) geschehen sein, auch eine weitere Prüfungsgesellschaft soll Vorgehensweise und Ermessensentscheide als «vertretbar» beurteilt haben.

Trotz der deutlich negativen Marktreaktion bleiben professionelle Beobachter vorerst gelassen. «Nach dem aktuellen Wissensstand wurden keine Beträge manipuliert, sondern lediglich am falschen Ort verbucht», sagt Richard Frei, Analyst bei der ZKB. Zudem dürften die Verbuchungsmängel auch keinen Einfluss auf den Nettogewinn gehabt haben. Er bewegte sich in den betroffenen Perioden – bis heute – stets im tiefroten Bereich.

Für Meyer Burger kommen die Vorwürfe zu einem denkbar schlechten Zeitpunkt. Das Unternehmen hatte mit der Publikation der Jahreszahlen 2017 Ende März die Anleger mit einem verhaltenen Ausblick enttäuscht, grössere Aufträge fehlen in diesem Jahr. Die Aktien befinden sich seither im Sinkflug. Der von der SIX eingereichte Sanktionsantrag scheint unmittelbar keine grösseren finanziellen Implikationen für Meyer Burger nach sich zu ziehen. Aber die Ungewissheit über den Ausgang des Verfahrens dürfte die gebeutelten Valoren zusätzlich belasten.

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