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Makroinvestoren warnen vor Verschuldung

Das Federal Reserve wird laut den Makrostrategen versuchen, die Zinsen niedrig zu halten. Das dürfte ihm aber nicht ewig gelingen.

Bisher ist 2018 ein herausragendes Jahr – zumindest für Aktienanleger in den USA. Die Leitindizes notieren im Plus, der marktbreite S&P 500 befindet sich seit dem 22. August im längsten Bullenmarkt der Geschichte und hat wie der Technologieindex Nasdaq Composite sowie der Index für kleinkapitalisierte Unternehmen Russell 2000 Ende August ein Rekordhoch erklommen.

Derzeit spricht wenig gegen eine Fortsetzung der Hausse. Die US-Konjunktur brummt, die Unternehmensgewinne steigen und steigen. Doch das Blatt könnte sich wenden. Das ergibt eine Analyse der Marktkommentare von fünf renommierten US-Makroinvestoren. Am meisten Sorgen bereiten ihnen die Fiskal- und die Geldpolitik sowie das Duell zwischen den USA und China.

» Jeffrey Gundlach, DoubleLine Capital - » Paul Tudor Jones, Tudor Investment Corporation - » Ray Dalio, Bridgewater Associates - » Bill Gross, Janus Henderson - » Kenneth Leech, Western Asset Management

Kein nachhaltiges Niveau

Für Paul Tudor Jones, Gründer und Co-CEO der Tudor Investment Corporation, ist klar: Egal, welche Anlageklasse, es ist «höchst zweifelhaft», dass die Preise nachhaltig sind. Den Grund für die Übertreibungen ortet Tudor Jones in der Geldpolitik, die er als «verrückt» bezeichnet. Die realen Zinsen lägen deutlich unter dem historischen Durchschnitt. Das werde sich ändern müssen.

Nach den Zwischenwahlen im November kann sich Tudor Jones aber noch eine Jahresendrally vorstellen. «Ich rechne mit viel höheren Kursen bis Ende Jahr», sagt er. Das werde das Federal Reserve dann aber zwingen, die Zinsen zu straffen, was wiederum die Kurse drücken werde. «Es ist die alte Geschichte», urteilt der Hedge-Fund-Manager.

Sorgen macht sich Tudor Jones über die nächste Rezession. Diese bezeichnet er als «wirklich beängstigend». «Stellen Sie sich vor, eine Rezession kommt. Das kann ja mal interessant werden», warnt er. Beunruhigt ist er wegen der Fiskalpolitik. Die US-Regierung kurbelt mit ihrer expansiven Politik die Wirtschaft an. Im laufenden Jahr dürfte das Defizit gemäss Schätzung des Congressional Budget Office 4% des Bruttoinlandprodukts (BIP) betragen. In einer Rezession würden der Regierung laut Tudor Jones dann die Werkzeuge fehlen, um auf den Abschwung zu reagieren.

Explodierendes Defizit

Jeffrey Gundlach, Gründer und CEO von DoubleLine Capital, rechnet damit, dass das Budgetdefizit der Vereinigten Staaten in den nächsten Jahren gar auf 7% des BIP anschwellen wird. Deshalb werde die Verschuldung der öffentlichen Hand in den USA explodieren. Das ist eine der Hauptsorgen von Gundlach. «In der Vergangenheit hat die amerikanische Zentralbank die Zinsen gesenkt, wenn das Defizit erhöht wurde», erklärt er. Momentan ist das Gegenteil der Fall. Die steigende Verschuldung, verbunden mit höheren Zinskosten, könnte laut Gundlach der Grund für «künftige Solvenzprobleme sein».

Das Federal Reserve werde deshalb versuchen, die Zinsen länger niedrig zu halten. Und dies, obwohl der Leitzins gemäss der Taylor-Regel, die den optimalen Satz mechanisch aus verschiedenen Wirtschafts- und Inflationsdaten herleitet, 4,8% betragen sollte. Das Fed kann die Zinsen aber nicht ewig künstlich drücken. Mittelfristig rechnet Gundlach denn auch mit deutlich höheren Renditen auf US-Staatsanleihen. Für 2021 sieht er den zehnjährigen Treasury bei 6%.

Ein Risiko für die Konjunktur sieht der Investor im Abbau der Bilanz des Federal Reserve. «Es ist nur logisch, dass das Quantitative Tightening der Wirtschaft in dem Masse schaden wird, wie das Quantitative Easing ihr geholfen hat», urteilt er. Ein strukturelles Problem ortet Gundlach in der Infrastruktur. Denn trotz des enormen Budgetdefizits gebe die US-Regierung nicht genug Geld für Projekte wie Autobahnen und Flughäfen aus. Andere Länder wie China seien den Vereinigten Staaten deutlich voraus.

Im Krieg mit China

China ist auch auf dem Radar von Ray Dalio. Laut dem Gründer von Bridgewater Associates befinden sich die USA und China im Krieg. Dies verkündete Dalio, nachdem die US-Regierung Anfang Juli Strafzölle von 25% auf chinesische Importgüter im Wert von 34 Mrd. $ eingeführt hatte. Seither haben beide Nationen immer neue Strafzölle auf immer mehr Produkte eingeführt. Eine Entspannung des Handelskonflikts zeichnet sich nicht ab. Dennoch ist Dalio von der Besonnenheit der chinesischen Führung überzeugt und rechnet nicht mit einer Eskalation.

Die Ablösung der USA als Weltmacht und die Entwicklung hin zu einer multipolaren Ordnung brächten aber riesige Herausforderungen. Dalio fühlt sich wegen des Aufkommens von Populismus, Nationalismus und der grossen Vermögensunterschiede in der Bevölkerung an die Dreissigerjahre erinnert. In solchen Zeiten sei es wichtig, dass das Portfolio genügend liquide und diversifiziert sei.

Ungenügende Diversifikation

Auf die falsche Karte gesetzt hatte Bill Gross. Der ehemalige «Bondkönig» rechnete mit einer Verringerung des Renditeunterschieds zwischen deutschen und amerikanischen Staatsanleihen. Doch weil viele Investoren nach den Wahlen in Italien in sichere Bunds flüchteten, gingen die Renditen von deutschen und amerikanischen Staatspapieren auseinander. Entsprechend litt der Star-Manager von Janus Henderson unter Abflüssen.

Gross glaubt aber weiter an die Strategie. Sorgen macht er sich wegen der hohen Verschuldung, die seit der Finanzkrise nicht gesunken ist. Ab einem bestimmten Zinsniveau würden die Schulden zu einem Problem. Deswegen rechnet Gross mit einem zurückhaltenden Fed. Ein Leitzins von 2% sei bei einer Inflation von 2% das Höchste, was die verschuldete Wirtschaft vertragen könne.

Auch Kenneth Leech, Chief Investment Officer von Western Asset Management, rechnet damit, dass das Fed bei der Straffung der Geldpolitik einen Gang zurückschalten werde. Eine Erhöhung von 25 Basispunkten im September sei im Markt zwar eingepreist, danach werde die amerikanische Zentralbank aber zurückhaltender, solange die Inflationserwartung bei 2% verankert sei. Keine rasche Lösung erwartet Leech im Streit zwischen China und den USA. US-Präsident Donald Trump profitiere innenpolitisch vom Angriff auf die chinesische Handelspolitik. Deshalb habe er derzeit keinen Anreiz, von dieser Strategie abzuweichen. Hoffnungsvoller ist er hingegen für das Nordamerikanische Freihandelsabkommen (Nafta) und den Dialog mit der EU.

Jeffrey Gundlach, DoubleLine Capital

Jeffrey Gundlach geniesst in der Investmentszene einen tadellosen Ruf. Seine Karriere lancierte der 58-jährige US-Amerikaner beim Vermögensverwalter TCW, bevor er 2009 mit DoubleLine Capital in Los Angeles eine eigene Anlagegesellschaft gründete. Seit dem Abgang von Bill Gross beim Konkurrenten Pimco 2014 gilt Gundlach an Wallstreet als unangefochtener «Bondkönig».

Paul Tudor Jones, Tudor Investment Corporation

Paul Tudor Jones ist ein verschwiegener Hedge-Fund-Manager. Mit der Presse spricht er kaum. Seine Karriere startete er 1980 mit der Gründung der Tudor Investment Corporation. Bekannt wurde er, als er den Börsencrash von 1987 voraussagte. Mit seinem Milliardenvermögen hat der 63-jährige US-Amerikaner diverse gemeinnützige Stiftungen gegründet.

Ray Dalio, Bridgewater Associates

Ray Dalio ist ein wahres Finanzmarkt-Urgestein: 1975 gründete er Bridgewater Associates, den – dank verwalteten Assets von rund 160 Mrd. $ – inzwischen grössten Hedge Fund der Welt. Letztes Jahr gab der 68-jährige US-Amerikaner den Posten als Co-CEO ab, bleibt aber Chief Investment Officer. Dalios Vermögen wird vom Finanzmagazin «Fortune» auf 17 Mrd. $ geschätzt.

Bill Gross, Janus Henderson

Bill Gross war bis zu seinem Abgang bei Pimco 2014 der unangefochtene «Bondkönig». Den Vermögensverwalter hatte Gross 1971 gegründet. Auf dem Hoch der Karriere verwaltete er mit 292 Mrd. $ den grössten Anleihenfonds der Welt. Zuletzt lag der 74-jährige US-Amerikaner aber oft daneben. Bei Janus Henderson kämpft er darum mit Abflüssen und muss sich Kritik vom CEO anhören.

Kenneth Leech, Western Asset Management

Kenneth Leech ist eine Rarität: Er ist ein optimistischer Anleiheninvestor. Damit ist der 63-jährige US-Amerikaner gut gefahren. In drei der vergangenen vier Jahre wurde er von Morningstar zum US-Fixed-Income-Manager des Jahres nominiert, 2014 gewann er. Seit 1990 arbeitet er für den Vermögensverwalter Western Asset Management, der zu Legg Mason gehört. Seit 2014 ist er CIO.