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«Kryptofirmen bieten Potenzial»

«Das Geschäftsmodell der Banken muss vermehrt auf die Bedürfnisse jüngerer Generationen ausgerichtet werden»: Stephan Zwahlen, CEO von Maerki Baumann.

Herr Zwahlen, worüber haben Sie sich mit Blick auf Ihre Branche, das Private Banking, zuletzt besonders gefreut? - Mich freut, dass der Dialog unter den Finanzmarktakteuren – Banken, Fintechs, Aufsicht, Politik und Wissenschaft – intensiver geworden ist. Es geht um die Stärkung des Schweizer Finanzplatzes. Das funktioniert nur mit gegenseitigem Verständnis und mit Zusammenarbeit. Ermutigend finde ich etwa, wie beim Thema Blockchain und Krypto alle gemeinsam an der Zukunft arbeiten. Das hat es in diesem Umfang schon länger nicht mehr gegeben.

Was bereitet Ihnen bei der Privatbank Maerki Baumann besondere Freude? - Lange waren wir, wie die gesamte Branche, mit der Altlastenbereinigung beschäftigt. So mit der Fokussierung auf weniger Zielmärkte – in unserem Fall von ursprünglich rund achtzig auf im Wesentlichen noch zwei Länder, die Schweiz und Deutschland – und mit der Einführung internationaler Regulierungsstandards wie Mifid oder des automatischen Informationsaustauschs. Seit einiger Zeit können wir uns hauptsächlich wieder mit zukunfts- und kundenbezogenen Themen auseinandersetzen. Da spüre ich Aufbruchstimmung. Die Erarbeitung unserer Kryptostrategie zum Beispiel hat in unserem Haus eine Dynamik ausgelöst, die mich überaus freut.

Und was ärgert Sie am meisten? - Wir haben im Schweizer Banking jahrelang europäische und globale Regulierungen eingeführt, unter anderem einen sehr weitreichenden Anlegerschutz. Doch die Branche hat im Gegenzug noch immer keinen gesicherten Marktzugang in Europa. Rund die Hälfte des Geschäfts des Schweizer Private Banking entfällt auf das Ausland. Wenn es nicht gelingt, einen gangbaren Weg zu finden, um unsere Dienstleistungen vor allem in Europa aktiv anzubieten, werden die Banken gezwungen sein, ihre Präsenz vor Ort auszubauen oder das Auslandgeschäft zu redimensionieren. Beides würde den Verlust von Arbeitsplätzen, Steuersubstrat und Know-how in der Schweiz bedeuten. Zu hoffen ist, dass uns das institutionelle Rahmenabkommen mit der EU in dieser Sache ein Stück weiterbringt.

Sie stören sich am Anlegerschutz? - Nicht grundsätzlich. Ich stelle aber fest, dass die zahlreichen Auflagen und vor allem das viele Papier von den Kunden oft gar nicht geschätzt werden. Ein wirksamer Anlegerschutz ist wichtig, doch er sollte sich an einem «mündigen» Bürger orientieren. Der Anleger müsste mehr Wahlfreiheit haben, wenn es darum geht, das individuelle Schutzniveau festzulegen. Eine marktnähere, pragmatische Lösung brächte mehr.

Welche Zukunft bescheinigen Sie dem Schweizer Private Banking, wohin geht die Reise? - Ich sehe die Zukunft positiv: Unsere Branche hat sich in der vergangenen Dekade stark gewandelt. Sie braucht aber attraktive Standortfaktoren. Denn der internationale Wettbewerb zwischen den Finanzplätzen wird weiter zunehmen. Andererseits habe ich den Eindruck, dass das Safe-Haven-Argument, das die Schweiz auszeichnet, unterschätzt wird. Dieser Vorzug ist in den letzten Jahren, als sich Weltwirtschaft und Finanzmärkte gut entwickelt haben, etwas vergessen gegangen. Doch gerade in Europa sind politische Veränderungen absehbar und Marktverwerfungen nicht ausgeschlossen. Auch geopolitische Spannungen und die protektionistische Handelspolitik der grossen Wirtschaftsmächte schüren Unsicherheit. Die Schweiz mit ihrer politischen und rechtlichen Stabilität und Berechenbarkeit hat die Chance, ihre Position als sicherer Hafen für ausländische Kundengelder zu behaupten.

Was halten Sie für die grösste Herausforderung im Private Banking und im Banking generell, woran muss die Branche arbeiten? - Das Geschäftsmodell der Banken muss weiterentwickelt und vermehrt auf die Bedürfnisse jüngerer Generationen ausgerichtet werden. Der progressive Umgang mit neuen Technologien ist für mich die zentrale Herausforderung – für den Finanzplatz und fürs Private Banking. Denn grosse Technologiekonzerne wie Google, Facebook und Tencent, aber auch agile Fintechs werden den Wettbewerb im Bankgeschäft anheizen. Viele Banken haben erste Digitalisierungsschritte unternommen. Doch die Technologisierung wird noch viel weiter gehen.

Nämlich? - Nehmen wir die Blockchain-Technologie: Sie wird die Art und Weise, wie Geld und Vermögenswerte ausgetauscht werden, stark verändern. In Zukunft werden nicht nur bankfähige, sondern alle möglichen realen Assets in eine Vermögensverwaltung integriert, beispielsweise auch Kunstwerke oder Immaterialgüterrechte. Dann die künstliche Intelligenz: In Verbindung mit Quantencomputern erschliesst sie Möglichkeiten in der individualisierten Beratung, die weit über das hinausgehen, was ein Institut heute isoliert anbieten kann. Oder die Robotik: Weite Teile der Vermögensverwaltung lassen sich automatisieren.

Wird der Mensch Untertan der Maschine? - Im Gegenteil, der technologische Fortschritt gereicht ihm zum Vorteil: Die Technologie wird es dem Berater erleichtern, gemeinsam mit dem Kunden passgenaue Lösungen zu finden. Ich bin überzeugt, dass das hybride Modell – die Fähigkeiten des Menschen, kombiniert mit den Möglichkeiten der Technik – der Königsweg ist. Denn Vermögensfragen bleiben emotional und sensitiv. Deshalb wird der Mensch, der persönliche Austausch, das zentrale Element bleiben. Das Leitbild von Maerki Baumann steht denn auch unter dem Titel «Vertrauen hat Zukunft».

Vertrauen schaffen und bewahren betrifft auch die Mitarbeiter. Wie nehmen Sie die Leute mit? - Das ist angesichts des raschen Wandels nicht immer ganz einfach. Sie einzubinden, ist zumeist der beste Weg. Das haben wir etwa bei der Entwicklung unserer modularen Anlagelösung gesehen. Rund ein Drittel unserer Belegschaft hat daran mitgearbeitet. Die Kunden und die Mitarbeiter nicht zu vergessen, ist das oberste Gebot im Management von Veränderungsprozessen.

Im Private Banking sind die Kunden häufig fortgeschrittenen Alters. Wie reagieren sie auf Veränderungen? - Sie zeigen sich zumeist interessiert. Der Druck zur Innovation kommt in der Regel aber nicht von der älteren Kundschaft, sondern wird von der Bank initiiert. Wir müssen vorausschauen, den Blick fünf, zehn Jahre in die Zukunft richten. Es gilt festzulegen, wie wir uns positionieren, wie wir neue, auch jüngere Personen ansprechen wollen. Da spielt die Technologie wieder eine wichtige Rolle.

In welchem Sinn? Und wie gehen Sie vor? - Wir sind in den letzten Jahre mit rund sechzig Fintechs aus verschiedenen Bereichen zusammengesessen, um Kooperationen zu eruieren. Fintechs haben oft eine tolle Technologie, bekunden aber Mühe damit, an Kapital und an Kunden heranzukommen. Darauf fusst auch unsere Kryptostrategie. In einem ersten Schritt bieten wir Geschäftskonten für Kryptounternehmen und Dienstleistungen im Bereich Initial Coin Offering, ICO, und Security Token Offering, STO, an. Andere Institute fokussieren auf Krypto als Vermögensklasse. Diesem Thema wollen wir uns erst später zuwenden. Zunächst konzentrieren wir uns auf die Kryptounternehmen und unterstützen sie, unter strengen Anforderungen, im Finanzierungsprozess. Das nicht in Krypto-, sondern in traditionellen Währungen.

Mit Verlaub: Was hat die Finanzierung von Kryptounternehmen mit Private Banking zu tun? - Isoliert betrachtet wenig, aber im grösseren Zusammenhang viel. Das Geschäft mit Kryptounternehmen mit ihren Gründern, Kunden und Investoren erschliesst uns den Zugang zu einer neuen und zumeist jüngeren Generation von Entrepreneuren und Anlegern. Einige haben schon Vermögen, andere besitzen das Potenzial, ein Vermögen aufzubauen. Da bringen wir das Private Banking als stabile Ergänzung zur noch sehr volatilen Kryptowelt ins Spiel. Auch für bestehende Private-Banking-Kunden verspricht der Zugang zu attraktiven Kryptounternehmen, die wir unter die Lupe genommen haben, zusätzliche Anlagemöglichkeiten.

Gibt es nicht einfachere Wege zu neuen Kunden und neuen Vermögen, auch wenn Ihre Kernmärkte, die Schweiz und Deutschland, gesättigt sind und sich möglicherweise eine Akquisition aufdrängt? - Organisches Wachstum zu realisieren, ist in unserem Geschäft tatsächlich anspruchsvoll. Aber die Frage ist nicht, welches der einfachste Weg ist, sondern: Wie wollen wir uns positionieren, dass wir nachhaltig nicht nur die Assets under Management steigern, sondern wie erwähnt auch an jüngere Kundensegmente gelangen? Das schliesst nicht aus, dass wir auch externe Wachstumsopportunitäten prüfen.

Wie wichtig ist für ein kleineres oder ein mittelgrosses Institut die kritische Grösse? - Dieses Thema wird in meinen Augen zu oft undifferenziert behandelt. Es geht nicht primär um die Grösse einer Bank, sondern um das Geschäftsmodell. Und da gibt es zwei wichtige Aspekte: Wie viele Märkte bedient man, und wie hoch ist der Eigenfertigungsgrad? Wir haben mit der Beschränkung auf zwei Kernmärkte einen hohen Marktfokus umgesetzt und einen Grossteil der Wertschöpfungskette ausgelagert: Tätigkeiten, die aus Kundensicht kaum Differenzierungspotenzial haben, Wertschriftenabwicklung, Zahlungsverkehr, IT/Operations usw. Die Komplexität der Dienstleistungserbringung und die Kosten für die ausgelagerten Standardabläufe lassen sich so stark reduzieren. Das Problem der kritischen Grösse wird relativiert.

Ein Differenzierungsmerkmal von Maerki Baumann ist die modulare Anlagelösung. Kunden können aus verschiedenen Bausteinen auswählen, sie austauschen, die Eigentumsrechte als Aktionäre wahren und im Vergleich zu Fondslösungen Kosten sparen. Wie kommt das Konzept am Markt an? - Es kommt sehr gut an, weil – wie Sie richtig sagen – die Wahlmöglichkeit bei den einzelnen Bausteinen Flexibilität gewährt und die Performance- sowie die Kostentransparenz gross sind. Für jedes Modul weisen wir die relative Performance aus, die sich mit dem Modulpreis vergleichen lässt. Welche Titel die Module umfassen und wie der Titelmix verändert wird, ist jederzeit ersichtlich. Der Kunde kann sich mit seinem Berater über seine individuelle Asset Allocation austauschen, die für den Grossteil der Performance verantwortlich ist. Jeder Kunde bestimmt selbst, wie stark er sich in die Anlagetätigkeit involvieren will.

Ab welcher Vermögensgrösse wird man Kunde bei Maerki Baumann? - Um das ganze Dienstleistungsspektrum nutzen zu können, braucht es 1 bis 2 Mio. Fr. Wir haben aber auch Kunden mit einem Vermögen von unter 1 Mio. Man testet uns und stockt mit der Zeit das Portfolio auf. Wir verwalten auch Vermögen, die bei anderen Banken gebucht sind.

Wie beurteilen Sie die Aussichten an den Anlagemärkten, eher zuversichtlich oder skeptisch? - Wir haben jüngst die Aktiengewichtung zum ersten Mal seit Jahresbeginn reduziert. Die Märkte sind im ersten Quartal so gut gelaufen, dass wir einen Teil der aufgelaufenen Gewinne realisieren wollten. Die globalen Konjunkturdaten sind nicht wirklich überzeugend. Die Zinsen werden aber aller Voraussicht nach in den entwickelten Währungsräumen noch länger niedrig bleiben. Das kommt weniger volatilen Aktien und höher rentierenden Anleihen zugute.

Was muss der Anleger bei der Auswahl der Bank oder des Vermögensverwalters prüfen, welches ist das wichtigste Kriterium? - Vieles ist wichtig, die Stabilität und die Unabhängigkeit des Anbieters, die Qualität der Beratung, die Konstanz in der Vermögensverwaltung sowie das digitale Angebot. Am Schluss gibt aber das Vertrauen in das Institut und vor allem in den Berater den Ausschlag.

Wie wichtig sind die Kosten? - Das Preis-Leistungs-Verhältnis muss marktkonform sein. Eine gute Leistung geht dabei weit über die Anlageperformance hinaus. Es zählt das Gesamtpaket, in dem Beratung und Service eine ebenso wichtige Rolle spielen. Wenn alles stimmt, stehen die Preise nicht im Vordergrund. Aber man muss die Kosten transparent darstellen und erklären können. Da kommt wieder der Faktor Mensch zum Zug.

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