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Kollateralschäden des USA-China-Konflikts

Der eskalierende Handelskrieg zwischen den Vereinigten Staaten und China wird zunehmend als Beginn eines neuen kalten Krieges betrachtet. Sollte sich dieser Zusammenprall der Titanen weiter verschärfen, werden beide Parteien teuer dafür bezahlen müssen – und sogar der Gewinner (wahrscheinlich die USA) würde lediglich einen Pyrrhussieg erzielen.

Doch die grösste Last müsste der Rest der Welt übernehmen. Obwohl ein direkter militärischer Konflikt zwischen den USA und China kaum wahrscheinlich ist, würde ein neuer kalter Krieg zweifellos zu so schweren und umfangreichen Kollateralschäden führen, dass die Zukunft der gesamten Menschheit auf dem Spiel stehen könnte.

Bereits heute tragen die bilateralen Spannungen zu einer wirtschaftlichen Abkopplung bei, die sich auf die ganze Weltwirtschaft auswirkt. Während mit dem Ende des Kalten Krieges im Jahr 1991 das goldene Zeitalter der globalen wirtschaftlichen Integration eingeleitet wurde, hätte der nächste kalte Krieg zwischen den beiden weltweit grössten Volkswirtschaften zweifellos eine spaltende und fragmentierende Wirkung.

Gefahr für das technologische Umfeld

Man stelle sich eine Welt vor, die in zwei Handelsblöcke gespalten ist, in deren Mitte jeweils eine Supermacht steht. Der Handel zwischen den Blöcken könnte weitergehen oder gar florieren, aber zwischen ihnen gäbe es, wenn überhaupt, kaum Verbindungen.

Auch das weltweite Finanzsystem würde sich auflösen. Die Regierung von Präsident Donald Trump hat gezeigt, wie leicht es für die USA ist, ihren Gegnern (wie dem Iran) zu schaden: Es sind lediglich Sanktionen nötig, um sie daran zu hindern, am internationalen Dollarzahlungssystem teilzunehmen. Angesichts dessen versuchen China und Russland, die strategischen Gegner Amerikas – und sogar die verbündete Europäische Union –, alternative Zahlungssysteme einzuführen, um sich zukünftig schützen zu können.

Eine solche wirtschaftliche Fragmentierung könnte – gemeinsam mit den weiteren geopolitischen Spannungen eines kalten Krieges – dazu beitragen, das weltweite technologische Umfeld zu zerstören. Die Begrenzung technologischer Transfers und Verbindungen wird oft durch nationale Sicherheitsinteressen begründet, würde dann aber zu konkurrierenden und inkompatiblen technischen Standards führen. Das Internet könnte in konkurrierende Domänen aufgespalten werden. Auch die Innovationen würden gebremst, was höhere Kosten, langsamere Adaption und minderwertige Produkte zur Folge hätte.

Globale Lieferketten zerstört

Doch der erste Bereich, der unter der starken Fragmentierung leiden würde, sind die globalen Lieferketten. Um amerikanische Zölle zu verhindern, wären Unternehmen, die in China Produkte für die USA herstellen oder montieren, gezwungen, ihre Produktionsstätten in andere Länder zu verlegen, insbesondere nach Süd- oder Südostasien.

Kurzfristig hätte eine solche Welle von Umsiedlungen eine zerstörerische Wirkung, da China im Mittelpunkt der globalen Produktionsketten steht. Diese fragmentierten Ketten, die dann entstünden, wären viel weniger effizient, da kein anderes Land China in Bezug auf Infrastruktur, industrielle Basis oder Qualifikation der Arbeitskräfte das Wasser reichen kann.

Aber so schlimm die wirtschaftlichen Folgen im Fall eines langen kalten Krieges zwischen den USA und China auch wären, ein weiterer Effekt wäre noch viel dramatischer: Der Kampf gegen den Klimawandel würde geschwächt.

Grösste Emittenten von Kohlendioxid

Momentan produziert China über 9 Mrd. Tonnen Kohlendioxid pro Jahr und ist damit der weltgrösste Emittent. Die USA kommen, weit abgeschlagen, mit etwa 5 Mrd. Tonnen auf den zweiten Platz. Sind diese beiden Länder, die gemeinsam für 38% der weltweiten CO2-Emissionen verantwortlich sind, nicht in der Lage, beim Klimawandel am selben Strang zu ziehen, wird die Menschheit ihre letzte Chance, eine katastrophale globale Erwärmung noch aufzuhalten, garantiert verpassen.

Durch einen sino-amerikanischen kalten Krieg würde dies erheblich wahrscheinlicher. Die USA würden darauf bestehen, dass China seine Emissionen drastisch einschränkt, da es absolut gesehen der grösste weltweite Verschmutzer ist. China würde entgegnen, die USA seien – kumulativ und pro Kopf – für den Klimawandel am stärksten verantwortlich. Gefangen im geopolitischen Wettbewerb würde kein Land bereit sein nachzugeben. Die internationalen Klimaverhandlungen, die bereits jetzt enorm schwierig sind, gerieten in eine Sackgasse. Selbst wenn sich andere Länder auf Massnahmen einigen könnten, würden diese – ohne die USA und China an Bord – nicht ausreichen.

Die einzige Hoffnung, die die Menschheit dann noch hätte, wären technologische Innovationen. Aber solche Neuerungen hängen, wie bereits auch der schnelle Fortschritt bei regenerativen Energien im letzten Jahrzehnt, entscheidend davon ab, dass Technologien relativ frei Grenzen überqueren können – ganz zu schweigen von der einmalige Fähigkeit Chinas, schnell die Produktion zu steigern und Kosten zu senken.

Existenzielle Bedrohung

Im Fall der wirtschaftlichen Fragmentierung eines kalten Krieges – und besonders der bereits erwähnten Einschränkungen von Handel und Technologietransfer – wären dringend benötigte Durchbrüche viel schwieriger zu erreichen. Dann würde eine technische Lösung des Klimawandels, die bereits jetzt unwahrscheinlich ist, endgültig zu einer Fiktion. Die grösste existenzielle Bedrohung der Menschheit würde tatsächlich eintreten.

Dafür, dass die USA und China ihren Kurs ändern, ist es noch nicht zu spät. Das Problem dabei ist, dass sich Trump und sein chinesischer Kollege Xi Jinping in der Entscheidung zwischen verschiedenen Handlungsmöglichkeiten wahrscheinlich in erster Linie an nationalen Vorteilen und persönlichen politischen Interessen ausrichten werden – oder vielleicht sogar ausschliesslich. Dies wäre sehr kurzsichtig. Bevor diese beiden Politiker ihre Länder unwiderruflich dazu verurteilen, in den nächsten Jahrzehnten einen zerstörerischen und vermeidbaren Konflikt zu führen, sollten sie genau überlegen, was dies bedeutet – nicht nur für die USA und China, sondern für die ganze Welt.

Copyright: Project Syndicate.