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Kaffee mit…

Sie sitzt seit fünf Minuten an ihrem Tisch, als sie erkannt wird. «Sie send d’Dominique Gisin, gället?», fragt der Wirt des Café Mardi Gras in Luzern. Seine Tochter strahlt über beide Ohren und macht ein Selfie mit der 33-jährigen Engelbergerin. «Ech be de gröschti Ski-Ränn-Fän wo’s ged. Dröcke de Dume för ehri Schwöschter», sagt sie, kichert nervös und bringt einen Latte Macchiato.

«Wenn ich fünf Minuten opfere, damit jemand einen coolen Tag hat, dann mache ich das gerne», sagt Dominique Gisin. Die ehemalige Schweizer Skirennfahrerin trat im Frühjahr 2015 vom aktiven Spitzensport zurück. Im Oktober startet sie als Geschäftsführerin der Schweizer Sporthilfe mit einem Pensum von 33%, zudem will sie im Herbst noch die Berufspilotenlizenz absolvieren.

Die Skifahrerin Dominique Gisin ist immer noch sehr präsent. «Wenn ich die Leute anschaue, merke ich, dass mich viele erkennen», sagt sie. Es passiere «nach Pyeongchang wieder mehr, wegen Michelle». Gemeint ist Michelle Gisin (24), Dominiques jüngere Schwester, Olympiasiegerin 2018 in der alpinen Kombination und ebenso wie Bruder Marc (30) aktiv im Kader von Swiss-Ski. Dominique Gisins grösster Erfolg war der Sieg in der Abfahrt 2014 bei den Olympischen Spielen in Sotschi – zeitgleich mit der Slowenin Tina Maze. Unvergessen ihr Anruf bei den Grosseltern. «Omi, da isch d’Dominique…», bei dem sie in Tränen ausbrach.

Sie habe beides, Emotionalität und Rationalität, meint Dominique Gisin. In den letzten drei Jahren stand an der ETH Zürich Letzteres im Vordergrund, konkret Physik. «Ich fühlte mich oft wie eine normale Studentin», zieht die Sportlerin Bilanz. «Ein Studienkollege hat mich nach zwei Jahren gefragt, ob er für sein Mami ein Autogramm haben darf. Dabei haben wir uns jeden Tag gesehen», erinnert sie sich. Doch es gab auch andere Momente: «Als ich eine Assistenz gegeben habe, kamen am ersten Tag hundert Studenten. Die Mehrheit wollte nur sehen, ob ich es wirklich bin.»

Einen Tag nach ihrer letzten Bachelor-Prüfung und nach sechs Semestern ist sich Dominique Gisin sicher, dass sie eine Auszeit vom Studium nehmen will. «Physik war ein Interessenstudium. Ich habe in den drei Jahren aber gemerkt, dass ich dem Sport noch zu fest verbunden bin und dass das mehr meine Welt ist.»

Aufwand und Ertrag hätten sich für sie im Skirennsport gerechnet, resümiert Dominique Gisin, die sich nach einem schweren Sturz 2010 in Vancouver zurück an die Spitze kämpfte. «Man darf aber das Risiko nicht vergessen, und das ist extrem hoch.» Ihr ist das Thema wichtig, sie argumentiert mit Elan. «Es gibt keine soziale Absicherung, die Athleten sind selbständig erwerbend.» Profisportler müssten sich selbst versichern, teilweise Mehrwertsteuer zahlen, teilweise nicht. Die Unfallversicherung sei ein «Riesenproblem». Swiss-Ski versuche, die Athleten gesamthaft zu versichern. «Aber das ist schwer und wird jedes Jahr teurer. Jede Versicherung kann rechnen, was es heisst, wenn sich ein Drittel des Kaders pro Jahr verletzt.» Sie selbst sei von den Eltern von klein auf gut versichert worden. «Ich kann das beibehalten, bin sehr dankbar und würde nie wechseln», sagt Dominique Gisin.

Auch Erwerbsunfähigkeit sei ein grosses Thema. «Sponsoring-Verträge sind leistungsabhängig, mit Fixum und Prämie. Das Fixum wird häufig gesenkt, bei Ausfällen.» In einem schlechten Jahr bedeute das vielleicht 10% des Normaleinkommens. «Was das steuertechnisch bedeutet, kann sich jeder ausrechnen», meint die ehemalige Skirennfahrerin. Natürlich gebe es Unterstützung, durch Verbände, Stiftungen und die Wirtschaft. Ohne sie hätten selbst Weltcup-Sieger aus vielen Sportarten kein gesichertes Einkommen. Aber – «in anderen Ländern ist der Spitzensport finanziell besser abgestützt als in der Schweiz».

Dominique Gisin hat ihren Latte Macchiato fertig getrunken, mehr als zwei Kaffees sollen es am Tag nicht sein. Aus Prinzip, das Koffein macht ihr nichts aus. «Mir ist wichtig, dass der Kaffee gut schmeckt und man im Café Platz hat.» Tipps hat sie für die exotischsten Orte, etwa für ein gutes Café am Mount Hutt in Neuseeland. Kein Wunder, denn zehn von zwölf Monaten trainieren Skirennfahrer im Schnee. Und reisen ihm um die ganze Welt nach. Am allerliebsten trinkt Dominique Gisin Kaffee bei sich zu Hause, in Engelberg. Das hat einen einfachen Grund: «Weil ich gerne daheim bin, aber oft viel unterwegs.»