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Kaffee mit…

Sunnie Groeneveld entspricht nicht dem klassischen Bild eines Schweizer Verwaltungsratsmitglieds. Sie ist weit entfernt von einem gesetzten Alter, und männlich ist sie offensichtlich auch nicht. Trotzdem sitzt sie mit dreissig Jahren bereits in den Aufsichtsgremien dreier mittelgrosser Schweizer Unternehmen. Wir treffen Sunnie Groeneveld im Café Le Pain Quotidien neben der Talstation der Dolderbahn an der Haltestelle Römerhof. «Das hier ist mein Stammcafé geworden», sagt sie. Das Büro ihres eigenen Unternehmens Inspire 925 liegt nur wenige Meter entfernt. Groeneveld bestellt sich den hausgemachten Eistee, in dem Erdbeeren schwimmen. Kaffee trinkt heute nur der Autor.

Als dieser Sunnie Groeneveld vor zwei Jahren zuletzt traf, hatte die damals 28-Jährige bereits einen Lebenslauf hinter sich, den manch 60-Jähriger nicht vorweisen kann. Absolventin der US-Eliteuniversität Yale, Unternehmerin, Buchautorin, Moderatorin, Referentin und 2016 noch erste Geschäftsführerin der Standortinitiative Digital Switzerland, gegründet von einigen der grössten Unternehmen des Landes. Das Mandat hat sie abgeben, dafür ist Groeneveld heute gleich dreifache Verwaltungsrätin und figuriert auf der «Forbes»-Liste der «30 under 30» – einer Auflistung junger internationaler Topshots.

In allem, was die Tausendsassa bisher getan hat, stand für sie die Frage im Vordergrund: Wie schafft man in Zeiten der digitalen Umwälzung eine Unternehmenskultur, in der sich Menschen für Neues begeistern und Veränderungen positiv gegenüberstehen? In ihrer Abschlussarbeit an der Yale-Universität beschäftigte sich die Zürcherin schon mit diesen Themen. Ihre Beratungsfirma Inspire 925 gründete sie vor fünf Jahren, um für Schweizer Unternehmen genau diese Herausforderungen zu lösen. Denn viele Mitarbeiter fühlen sich an ihrer Arbeitsstelle überfordert oder nicht ausreichend unterstützt, was sich nicht zuletzt negativ auf die Unternehmensleistung auswirkt. «Es geht darum, in Unternehmen eine Kultur aufzubauen, in der sich Leute gerne engagieren», sagt Groeneveld. Eines sei dabei besonders entscheidend: die vertrauensvolle, offene Kommunikation auf allen Ebenen.

Unternehmen würden sich heute viele Gedanken machen, wie die Digitalisierung die sogenannte Customer Experience verändert. Inwiefern sie on- und offline mit ihren Kunden in Kontakt treten, was sie ihnen kommunizieren, wie sie ihnen mit zusätzlichen Produkten und Dienstleistungen ein möglichst gutes Gefühl geben können. «Wie man die Employee Experience mithilfe der Digitalisierung verbessert, dafür wird viel weniger Hirnschmalz verwendet», sagt Groeneveld.

Unternehmen müssten analysieren, wie sie mit ihren Angestellten umgehen und welches Arbeitsumfeld sie ihnen dadurch schaffen. Die Digitalisierung mit ihren modernen Tools zur Kommunikation und Zusammenarbeit dürfe dabei nicht unterschätzt werden, sagt Groeneveld, sie sei ein Kernelement für eine innovative Unternehmenskultur. Ihre bisherigen Erkenntnisse und Beispiele dafür hat sie in dem Buch «Inspired at Work» festgehalten.

In ihrer Funktion als Digitalexpertin wurde sie nun mittlerweile in drei Verwaltungsräte berufen – beim Ingenieurunternehmen HHM, beim Medienhaus Galledia und bei der IT-Firma Emineo. Dazu ist sie Vizepräsidenten des Stiftungsrats von Pro Zukunftsfonds Schweiz. Unterschiedliche Unternehmen in unterschiedlichen Branchen, die aber alle das Streben nach einer innovationsfördernden Unternehmenskultur eine. Dieser Prozess könne allerdings nicht von heute auf morgen geschehen. Die digitale Transformation voranzutreiben und Mitarbeiterengagement aufzubauen, sei eine langfristige Arbeit. «In Verwaltungsräten kann ich diese Entwicklung jetzt auch langfristig begleiten», sagt Groeneveld.

Als junge Frau gehört sie dabei klar zur Minderheit in den Aufsichtsgremien der Schweiz. «Wir haben grundsätzlich kaum weibliche CEO und wenige Frauen in unseren Verwaltungsräten», sagt Groeneveld. Beim Gleichstellungsranking des Wirtschaftsmagazins «The Economist» liegt die Schweiz von 29 OECD-Ländern auf dem 26. Platz. «Wir haben definitiv Potenzial nach oben.»

Veränderung geschehe oft nach grossen Fehlschlägen, wenn der Leidensdruck am grössten sei. «Im Wohlstandsland Schweiz passiert so was nicht so oft», sagt Groeneveld. Das heisst, Veränderung geht hier nur langsam vonstatten. Um sie voranzutreiben, müssten Politik und Wirtschaft die Vereinbarkeit von Familie und Beruf ganz oben auf ihre Agenda setzen. Ansonsten würde die Schweiz irgendwann abgehängt, denn in anderen Ländern werde dem Thema mehr Aufmerksamkeit geschenkt, und Studien hätten längst bewiesen, dass geschlechtergemischte Teams bessere Ergebnisse produzieren würden als «Monokulturen».

Groenevelds eigene Zukunft gehört vor allem Inspire 925. «Ich bin in erster Linie Unternehmerin», sagt sie. Eine Niederlassung in London oder New York sei ein nächster Meilenstein, den sie für das Unternehmen in Zukunft noch erreichen möchte. Denn dort sei man sowohl beim Thema Mitarbeiterengagement als auch bei der Digitalisierung bereits weiter als hierzulande.