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Jahresendspezial 2018 – Die Städte Europas: Wien

Schloss Schönbrunn: Hier herrschten Habsburger über ein buntscheckiges Reich.

Wenn es jemals so etwas wie einen europäischen Bundesstaat gegeben hat, dann war es Österreich-Ungarn. In der Donaumonarchie wohnten Deutsche, Ungarn, Slawen, Italiener, Rumänen usf. beisammen, Katholiken, Reformierte, Orthodoxe, Juden und Muslime. Dieses seltsame Gebilde mit dem Zentrum Wien (und dem Subzentrum Budapest) zerfiel nach dem Ersten Weltkrieg. Das morsche Kakanien galt vielen als «Völkerkerker»; Tschechen, Slowaken, Magyaren, Kroaten und andere wollten fort aus dem Reich (und aus der Einheitswährung). Das supranationale Experiment misslang. Eine grosse Humorlosigkeit der Geschichte, und ein Fanal für die EU. Selbst zwei übernationale Nachfolgestaaten, die ganz oder teils aus der Habsburger Erbmasse hervorgingen – die Tschechoslowakei und Jugoslawien –, haben sich unterdessen aufgeteilt. Es ist heikel, zusammenwachsen zu lassen, was nicht zusammengehören will.

Das Eigene und das Fremde – das bestimmte Wiens Geschichte immer wieder. Die Römer sicherten von «Vindobona» aus zeitweise die Grenze zur pannonischen Tiefebene. Nach dem Sieg des Ostfrankenkönigs Otto I. gegen die Ungarn 955 begann Wiens Aufstieg. Im 15. Jahrhundert wurde es kaiserliche Residenzstadt. 1529 und 1683 belagerten die Osmanen Wien, erfolglos. Ihre zweite Niederlage leitete den Rückzug aus Europa ein. Von 1945 bis 1989 war Wien wieder faktisch Grenzstadt Europas, nahe am Eisernen Vorhang.

In der napoleonischen Ära zerfiel das Heilige Römische Reich endgültig, und es entstand das Kaisertum Österreich. 1815 erlebte dieses seine Sternstunde: Frankreich, stets der grosse Widersacher, war geschlagen, und am Wiener Kongress sassen Sieger und Besiegte am Tisch, um Europa umzuordnen. Die Diplomaten zogen Grenzen neu (auch die der Eidgenossenschaft), gründeten Staaten, arrangierten die Restauration. Zudem feierten sie: «Der Kongress tanzt», hiess es.

Ein Jahrhundert später erklang Marschmusik statt Wiener Walzer. Nach dem Attentat auf das Thronfolgerpaar in Sarajewo erklärte Österreich-Ungarn dem Königreich Serbien den Krieg, am 28. Juli 1914. Das war der letzte Akt Wiens als Machtzentrum Europas. Das war auch, wenn 1914–1918 und 1939–1945 als zweiter Dreissigjähriger Krieg begriffen werden, der letzte Akt Europas als Machtzentrum der Welt.