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«Italien bleibt wichtiger Teil unserer Anlagen»

«Italien ist nicht Griechenland.»

Herr Brard, die EU-Kommission hat Italiens Budgetentwurf 2019 abgelehnt, ein einmaliger Vorgang. Rom hat nicht die geringste Intention, nachzubessern. Was nun? - Das ist Verhandlungssache, das Ergebnis ist schwer vorherzusagen. Als Investor müssen wir künftig mit mehr Volatilität bei italienischen Anlagen rechnen, gerade bei Staatsanleihen. Damit müssen wir leben.

Sie kaufen weiterhin italienische Anleihen? - Selbstverständlich. Italien gehört zu unserem Anlageuniversum, wir werden jetzt allerdings etwas vorsichtiger agieren und auf die Entwicklung der Kreditwürdigkeit jedes einzelnen Schuldners achten.

Ist Italiens Rückzahlungsfähigkeit bedroht? - Da haben wir keine Befürchtungen. Das Land ist wohlhabend, hat gute Fundamentaldaten, die Wirtschaft ist breit aufgestellt, die kleinen und mittleren Unternehmen bilden ein solides Fundament,  die Leistungsbilanz hat einen Überschuss. Wir haben keinen Grund, uns um Italien langfristig grosse Sorgen zu machen.

Aber? - Es geht eher um die kurzfristigen Konsequenzen des Streits mit der EU.

Haben Sie Italien untergewichtet? - Nur leicht. Wie sind nicht pessimistisch. Unsere Hauptaufgabe ist es, mit der Volatilität zurechtzukommen. Deshalb haben wir unsere Portfolios abgesichert. Wir haben uns mehr zum langen Ende der Zinskurve hin orientiert, denn Volatilität wirkt sich meist bei kurzfristigen Zinsen aus.

Die Schulden wiegen schwer. - Wie sind nicht naiv. Italiens Verhältnis der Staatsschulden zum BIP ist hoch. Das muss man beachten. Auf der anderen Seite: Italien ist nicht Griechenland.

Sehen Sie eine Obergrenze, bis zu der der Risikoaufschlag gegenüber deutschen Bundesanleihen gefahrlos wachsen kann? - Zwei Aspekte gilt es zu beachten. Italien zahlt derzeit im Schnitt 3% für seine Schulden. Ein leicht erhöhter Schuldenstand ist noch nicht besorgniserregend – solange die Schuldenbelastung im Schnitt nicht 4 oder 5% übersteigt.

Und zweitens? - Man muss bei der Beurteilung des Budgetdefizits berücksichtigen, wie die aufgenommenen Schulden verwendet werden und ob sie zum Wachstum beitragen.

Verwendet Italien seine Schulden sinnvoll? - Um das zu beurteilen, müssen wir das Ergebnis der Budgetverhandlungen abwarten. Wir beobachten das genau, aber es gibt noch keinen Grund, von einer Italienkrise oder einer neuen Eurokrise zu reden.

Die Ratingagenturen haben ihr Urteil über Italien bereits gefällt. - Die Herabstufung durch Moody’s war keine Überraschung und wurde am Markt vorweggenommen. Standard & Poor’s hat den Ausblick auf negativ gesenkt. Auch das war erwartet worden – wenn auch das Votum etwas früher kam als gedacht.

Wann wird man mehr wissen, wie es mit Italien weitergeht? - Der Budgetprozess wird uns noch einige Wochen beschäftigen. In dieser Zeit wird die Volatilität hoch bleiben. Italien bildet einen grossen Teil unseres Anleihenuniversums in Europa. Wir können diese bedeutende Ertragsquelle nicht einfach ausklammern und alle Positionen abstossen. Das käme uns zu teuer. Auch deshalb hält sich unsere Untergewichtung in Grenzen.

Wie sind Sie zwischen italienischen Staats- und Unternehmensanleihen positioniert? - Wir erhöhen gerade den Anteil an Unternehmensanleihen zulasten der Staatsanleihen. Italiens Unternehmen sind weniger direkt von der Staatsverschuldung betroffen. Für sie sind Fundamentaldaten wichtiger als politische Aspekte.

Wenn man der EZB Glauben schenkt, ist in Europa noch nicht unmittelbar mit höheren Leitzinsen zu rechnen. Könnte aber mittelfristig das Wachstum durch steigende Zinsen in Gefahr geraten? - Die Wachstumsdynamik hat in der Eurozone bereits etwas nachgelassen, aber das Potenzial für Wachstum ist noch intakt. Zeigende Zinsen – gemäss EZB frühestens in der zweiten Hälfte 2019 – sind aus Anlegersicht zu begrüssen, weil dann endlich die Negativzinsen der Vergangenheit angehören werden. Die EZB ist gefordert, das richtige Timing zu finden.

Bis dahin nimmt also die Renditedifferenz zwischen den USA und Europa zu? - Ja, die Spreads werden noch etwas auseinandergehen.

Wertet sich der Dollar weiter auf, oder ist die Zinsdifferenz bereits eingepreist? - Kurzfristig ist der Dollar im Vorteil. Für ihn spricht aber auch der immer noch unangefochtene Status als Weltreservewährung. Darüber hinaus hat sich der Dollar in diesem Jahr schon beträchtlich aufgewertet. Er wird tendenziell stark bleiben.

Das Dollarkursrisiko ist abgesichert? - Für Investoren, die sich in den USA engagieren wollen, ist die Absicherung des Wechselkursrisikos ein grosses Hindernis. Sie kostet ganz einfach zu viel.

Für Anleger aus Europa und anderswoher ist der US-Markt nicht die erste Wahl? - Genau. Es werden mehr Positionen in anderen Märkten eingegangen. Zum Beispiel ist es für Japaner, die das Wechselkursrisiko absichern möchten, billiger, in Europa zu investieren. Wer das Kursrisiko eingeht, findet in den USA attraktive Möglichkeiten, etwa zehnjährige Treasuries.

Sprechen auch die guten Wachstumsaussichten in den USA für diesen Markt? - Ja, das Momentum der US-Wirtschaft ist stark und intakt. Die fiskalischen Stimuli schlagen jetzt voll durch. Wir schauen auf die Produktion, das BIP, den Arbeitsmarkt. Die US-Wirtschaft gibt ein gutes Bild ab.

Die Schulden der USA wachsen aber auch. - Das ist kein spezifisches US-Phänomen. Bis auf wenige Ausnahmen nehmen die Schulden weltweit zu. Auch im jüngsten lang anhaltenden Aufschwung haben die wenigsten Volkswirtschaften ihre Schulden konsolidiert. Das wird so bleiben.

Dass ein verschuldetes entwickeltes Land zahlungsunfähig wird, fürchten Sie nicht? - Nein, das ist nicht unsere Hauptsorge. Um das Risiko eines Zahlungsausfalls zu erhöhen, bräuchte es schon eine Rezession. Dieses Szenario ist im Moment nicht akut.

Welche Länder leiden am meisten darunter, dass sie Anlagekapital an die USA verlieren, weil es dort attraktivere Zinsen gibt? - Es ist nicht so sehr das Zinsargument. Die Hauptbedrohung für Schwellenländer ist, dass ihre Wirtschaft nicht genug wächst. Darunter haben sie sehr gelitten, wie man an den Bewertungen sieht. Nur wenn der Dollar sich nochmals stark aufwerten oder wenn die US-Zinsen viel stärker steigen würden als erwartet, könnten Schwellenländer wieder unter Druck kommen. Aber das ist im Moment keine Option.

Haben zehnjährige US-Staatsanleihen oberhalb von 3% noch Renditepotenzial? - Wir werden wohl keine signifikant höheren Renditen bei zehnjährigen US-Treasuries sehen. Diese Erwartung bringt uns auch dazu, wieder mehr Positionen in Schwellenländern einzugehen.

Wo sehen Sie attraktive Regionen? - Es gibt vielerorts Unsicherheiten. Deshalb bleiben wir vorsichtig. Wir haben unser Italiengewicht leicht zurückgefahren und dafür Spanien und Portugal leicht erhöht. Wir haben in den vergangenen Monaten im Zuge der Marktkonsolidierung auch unsere Positionen in europäischen Unternehmensanleihen etwas reduziert. So haben wir Platz geschaffen für neue Engagements in diesem Sektor.

Lässt sich da Optimismus heraushören? - Mittelfristig, für 2019 bis 2020, sind wir keineswegs pessimistisch. Es wird Opportunitäten geben  – vielleicht auch in Italien. Auf jeden Fall im Kreditmarkt. Hier herrscht gute Nachfrage nach europäischen Unternehmensanleihen.

Wie ist die Liquiditätslage am Markt? - Normal, würde ich sagen. Eine Liquiditätskrise ist nicht zu erkennen. Liquiditätsmanagement ist wichtiger Bestandteil des Tagesgeschäfts. Dafür haben wir ein Set von Verhaltensweisen, mit dem wir stets die benötigte Liquidität sicherstellen.

Wie muss man sich das vorstellen? - Wir fragen unsere Händler jeden Tag, wie lange es nach ihrer Einschätzung dauert, eine bestimmte Position zu verkaufen. Wenn Sie dann erfahren, dass die geschätzte Dauer des Verkaufs von Tag zu Tag länger wird, dann ist das ein guter Indikator für abnehmende Liquidität.

Wie ist die durchschnittliche Restlaufzeit Ihrer Obligationen? - In den vergangenen zwei Jahren haben wir die Duration im Schnitt ziemlich kurz gehalten. Vor einigen Wochen haben wir sie auf «neutral» verlängert.

Wo gehen die Zinsen mittelfristig hin? - Es wird am langen Ende mittelfristig wohl keine grossen Aufwärtsbewegungen mehr geben. Wir setzen also in diesem Segment nicht mehr auf signifikante Kursverluste.