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Finanzchef: «Infineon wächst langfristig»

Dominik Asam gilt als Schwergewicht im Finanzwesen. Seit fünf Jahren führt er die Bücher von Infineon, dem inzwischen vor STMicroelectronics grössten Chipkonzern in Europa.

Seit fünf Jahren leitet Dominik Asam das Finanzwesen von Infineon. Der grösste Halbleiterproduzent in Europa habe die Übernahme von International Rectifier vor zwei Jahren gut verdaut. Infineon sei bereit für weitere Zukäufe, sagt er. Allein, wenn die hohen Preise nicht wären – und die Chinesen.

Herr Asam, früher hatte Infineon nicht den besten Ruf, heute ist vom «Vorzeigeunternehmen» die Rede. Wie kommt dieser Wandel? - Das war vor meiner Zeit. Und die Situation um die Jahrtausendwende war in der Branche eine ganz andere. Die Wechsel in der Führungsmannschaft haben seitdem einiges verändert. Wir wollen bodenständig, geradlinig und ehrlich agieren.

Siemens hat Infineon 1999 abgespalten. Wie sehr spürt man die Verwandtschaft zum Elektrokonzern heute noch? - Unsere Anfänge führen zurück in die Fünfzigerjahre bei Siemens. Das können und wollen wir nicht einfach abwerfen. Den guten Teil des Erbes pflegen wir: etwa den enormen Anspruch an Qualität und Langlebigkeit oder die Freude an Innovation. An anderen Teilen des Erbes arbeiten wir, um schneller zu werden. Schnelligkeit ist zum Beispiel wichtig, wenn es um Chiplösungen für Konsumgüter mit kurzen Lebenszyklen geht. Da müssen wir pragmatischer sein, rascher Entscheidungen treffen.

Siemens wollte ohne Infineon die Volatilität senken. Infineon hat deswegen die Speichersparte Qimonda verselbständigt. Ist das Geschäft weniger volatil? - Unser Geschäft ist nicht mehr volatil, sondern folgt den Weltwirtschaftszyklen. Volatilität hat zwei Ausprägungen. Zum einen stark schwankende Preise wie im Speichergeschäft, das sehen wir gar nicht mehr. Zum anderen kommt sie durch eine hohe Kundenkonzentration, etwa im Mobilfunk, wo es wenige mächtige Hersteller gibt. Ist man in dem neuesten Modell, geht der Umsatz hoch, aber beim nächsten Modell kann man schon wieder draussen sein. Diese Art der Volatilität haben wir ebenfalls deutlich reduziert, als wir das Geschäft mit Standardchips für Handys verkauft haben. Und mit den Produkten, die wir heute für Smartphones liefern – zum Beispiel Siliziummikrofonen oder Signalverstärkern –, sind wir sehr erfolgreich. Geprägt wird unser Geschäft ausserdem vor allem durch Produkte mit langen Lebenszyklen im Automobil-, im Infrastruktur und im Industriegeschäft. Diese sind in unterschiedlichem Masse von der Konjunktur abhängig.

Was bedeutet das? - Vereinfacht: Im Aufschwung horten Kunden unsere Produkte, um ihre Fertigung zu sichern, in einer konjunkturellen Abkühlung bauen sie erst einmal ihre Lager ab. In der Folge schwankt unser Umsatz im Konjunkturverlauf.

Sie spielen auf den Schweinezyklus an, der in der Chipindustrie sehr ausgeprägt ist. Wo steht die Branche heute? - Vom Schweinezyklus würde ich nicht sprechen, da das Weltwirtschaftswachstum in den vergangenen Jahren zwar relativ gering, dafür aber recht stabil war. Die Industrie insgesamt, nicht nur die Chipbranche, hat aus der Finanzkrise gelernt und ist vorsichtiger geworden. Weil eine gewisse Verunsicherung herrscht und nur moderat investiert wird, haben wir weder einen Boom noch einen Crash erlebt. Man hat gelernt, dass durch zu aggressive Investitionen schnell Blasen entstehen, die dann abgearbeitet werden müssten, und hält sich zurück.

Das gilt nicht für Zusammenschlüsse und Zukäufe, also Mergers & Acquisitions. - Ich weiss nicht, ob man das so verallgemeinern kann. Natürlich war die Stimmung in der Branche im vergangenen Jahr geprägt von grossen Übernahmen. Derzeit ist aber eine gewisse Atempause zu verzeichnen. Die Branche hat auch aus nicht so geglückten Akquisitionen gelernt. In unserem Haus wird das Thema mit grosser Akribie behandelt.

Ist Infineon an Zukäufen interessiert? - Grundsätzlich ja, wenn es strategisch, finanziell und kulturell passt. Wir haben uns das eine oder andere angeschaut. Meist gab es aber überzogene Preisvorstellungen des Verkäufers. Da muss man auch Nein sagen können. Wir haben keine Eile. Wir sind im Prinzip bei allen Positionen unseres Portfolios an einem Ausbau interessiert, wenn sich Gelegenheiten bieten. Neue Geschäftsfelder stehen nicht auf der Agenda. Wir sind nicht geneigt, Experimente einzugehen. Uns ist wichtig, in unseren Segmenten jeweils Top-Positionen zu besetzen. Nur dann lassen sich Vorleistungen wie Forschung und Entwicklung stemmen. Kleineren Spielern geht da schnell die Luft aus. Das wird im Übrigen die Konsolidierung in der Branche weiter bestimmen.

Welche Grössenordnung kann Infineon stemmen? Vor zwei Jahren haben Sie International Rectifier für 3 Mrd. $ gekauft. - Im Rahmen der Zielkapitalstruktur und unter Wahrung des Investment-Grade-Kreditratings könnten wir gut 2 Mrd. € Fremdkapital aufnehmen. Unter den bestehenden Genehmigungen der Hauptversammlung könnten wir zudem Kapitalerhöhungen unter Ausschluss der Bezugsrechte von bis zu 20% unseres Kapitals durchführen. Unser Appetit geht jedoch in die Richtung einer gut integrierbaren Grösse, die einen gewissen Einfluss auf unser Geschäft hätte. Allerdings: Wenn etwas Gutes auf den Markt kommt, ist der Wettbewerb der Bieter gross – zumal derzeit chinesische Unternehmen aktiv an der Konsolidierung teilnehmen wollen und die Preise in die Höhe treiben.

Kam der Rectifier-Kauf zur rechten Zeit? - Perfekt ist es nie, aber allen Unkenrufen, wir hätten zu viel bezahlt, zum Trotz: Auch danach lief und läuft der Markt noch gut. Der Kauf hat uns weitergebracht, finanziell, kulturell, was den Marktzugang angeht. Wir hätten unsere aktuelle Flughöhe nicht ohne die Kollegen von International Rectifier erreicht.

Wie steht es um die Integration? - Die niedrig hängenden Früchte haben wir geerntet, zum Beispiel Synergien im Einkauf, im Vertrieb, in der Verwaltung sowie in Forschung und Entwicklung. Die Integration der IT-Systeme ist auf gutem Wege, wird aber noch etwas Zeit bis zur Vollendung in Anspruch nehmen. Für den Standort Newport in Wales planen wir einen Verkauf oder notfalls eine Schliessung bis Ende 2017.

Die Rendite auf das eingesetzte Kapital – der Return on Capital Employed – ist gesunken. Können Sie hier aufholen? - Richtig, in unserem Geschäftsjahr 2014 lag sie bei 20,3, im vergangenen bei 12,8%. Hier werden wir uns steigern. Zum einen erhöhen wir den Gewinn. Zum anderen: Wenn die Abschreibungen aus der Übernahme von International Rectifier verarbeitet sind, wird sich die Kennziffer normalisieren. Ohne die Buchungseffekte aus der Akquisition lägen wir schon heute über 20%.

Für das laufende Geschäftsjahr mit Ende im September planen Sie auf Stufe Ebit mit einer Betriebsgewinnmarge zwischen 15 und 16%. Im ersten Kalenderquartal lief es schlechter. Wieso so optimistisch? - Zu Jahresanfang belasten traditionell Preisverhandlungen, während sich die Steigerung der Produktivität über das Jahr aufbaut. Zudem erwarten wir aufgrund saisonaler Effekte im zweiten Geschäftshalbjahr einen höheren Umsatz – und schauen auf unsere Kosten.

Welche Segmente helfen im Wachstum? - Wir wachsen wirklich durch die Bank, auch langfristig. Interessant sind im Bereich Automobil elektrische Antriebe, wo wir eine Menge Vorarbeit geleistet haben und jetzt – befördert durch die Entschlüsse in China und Deutschland – sehr starkes Wachstum geniessen. Ähnliches gilt für Fahrerassistenzsysteme, für die wir Radarsensorchips und auch Microcontroller liefern, oder Leistungsschalter, die den menschlichen Muskel im Auto ersetzen, wenn das Lenkrad nicht mehr von einem Arm, sondern von einem Elektromotor bewegt wird.

Auch im Smartphone finden sich Infineon-Chips. Belastet die Schwäche von Apple? - Zur Entwicklung einzelner Kunden sagen wir nichts. Insgesamt gilt: Dieses Segment hat einen Mini-Crash durchlebt, weil einige grosse Hersteller ihre Absatzpläne nicht erreicht haben. Wir erwarten für die nächste Zeit neue innovative Modelle mehrerer Hersteller, auch chinesischer Anbieter. Hier ist Infineon mit grossen Chancen vertreten. Das sollte uns den normalen saisonalen Aufschwung bringen. Grob geschätzt steuert das Geschäft mit Komponenten für Smartphones rund 5% zu unserem Umsatz bei.

Die Segmente wirtschaften unterschiedlich profitabel. Lassen sie sich auf ein einheitliches Niveau bringen? - Stimmt, Automotive erreichte im jüngst abgelaufenen Quartal eine Segmentergebnismarge von rund 14%, Industrial Power Control 10%, Power Management & Multimarket 15%, Chip Card & Security 20%. Besonders IPC muss noch einige Hausaufgaben erledigen, auch weil in dieses Segment die schwierigeren Teile von International Rectifier integriert wurden. Wenn das verarbeitet ist, werden wir in den nächsten zwei Jahren das Ergebnis hier Richtung 15% bringen. Für jedes Segment gilt: Es muss diese 15% schaffen – auch bei einem schwachen Dollar. Da gibt es keine Ausrede.

Wegen des schwachen Dollars hat Infineon die Prognose gesenkt. Nur deswegen? - Ja. Wir haben eine Faustregel: Für jeden Eurocent, den der Dollar-Euro-Wechselkurs schwankt, verändert sich unser Umsatz 8 Mio. € und unser Segmentergebnis 3 Mio. € – in die eine oder die andere Richtung. Wir rechnen jetzt mit einem Kurs von 1.15 statt 1.10 $ pro Euro. Unsere Anpassung der Prognose können Sie hiermit gut nachrechnen.

Aber 1.15 $ kostet der Euro ja schon jetzt? - Wir halten nichts von Währungsspekulationen, sondern legen uns eng an die Ist-Zahlen. Deshalb sind wir auf die 1.15 $ gegangen, weil viele Marktteilnehmer auf eine Zinsanhebung in den USA gesetzt haben und enttäuscht wurden. Langfristig ist unser Gefühl, dass die Europäische Zentralbank alles dafür tut, den Euro nicht weiter nach oben laufen zu lassen.

Vergangenen Dezember haben Sie Infineon-Aktien für mehr als 2 Mio. € verkauft, Vorstand und Aufsichtsrat zusammen für 8,5 Mio. €. Kein Zeichen des Vertrauens. - Die Optionen waren gedeckelt und der Aktienkurs bereits über dieser Deckelung. Für uns als Optionshalter bedeutet das: Es gibt nur Risiken, keine Chancen – und somit lediglich eine wirtschaftlich rationale Entscheidung. Mit fehlendem Optimismus hat das nichts zu tun.

Würden Sie einem Freund die Aktien von Infineon zum Kauf empfehlen? - Natürlich gebe ich keinerlei Empfehlungen zu unseren Papieren. Unser Job besteht darin, das Operative zu managen. Wir haben uns 8% nachhaltiges Umsatzwachstum pro Jahr vorgenommen und eine Ergebnismarge von 15% über den Zyklus – auch wenn der Dollar schwach ist. Daran arbeiten wir. Für die Bewertung ist der Markt zuständig.

Welche Dividendenpolitik verfolgen Sie? - Infineon will den Anteilseignern eine ordentliche Dividende zahlen, deren Niveau wir auch halten können, wenn die Ergebnisse einmal rückläufig sind. Deshalb wollen wir uns nicht auf eine Zielgrösse etwa in Prozent des freien Cashflows festlegen.

Plant Infineon Aktienrückkäufe? - Vorerst nicht. Hätten wir Aktien zurückgekauft, statt bei International Rectifier zuzuschlagen, wäre uns die Chance entgangen, unser Ergebnis zu erhöhen. Dieser Zug zahlt sich für Aktionäre aus.

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