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«Anlagen in Immobilien sind Anleihenersatz geworden»

Claudio Saputelli: «Auch Immobilienanlagen sind überteuert». Wohnsiedlung in Lugano.

Herr Saputelli, jahrelang war zu lesen, der Wohnimmobilienmarkt in der Schweiz sei überhitzt, es drohe eine Blase. Der letzte UBS-Bubble-Indikator wies im Mai auf eine Stabilisierung hin. Welche weitere Entwicklung erwarten Sie? - Unser Bubble-Index bewegt sich zwar seit eineinhalb Jahren seitwärts. Doch er befindet sich immer noch in der Risikozone. Wir beobachten also eher eine Stabilisierung auf hohem Niveau. Solange die Renditen von Staatsanleihen im negativen Bereich verharren, erwarten wir keine Entspannung der Marktsituation.

Welche bisherigen Massnahmen zur Abkühlung des Häusermarktes haben gewirkt? - Der antizyklische Kapitalpuffer der Schweizerischen Nationalbank greift indirekt in den Markt ein, da er vor allem auf die Verbesserung der Eigenmittel der Banken für den Fall eines Immobiliencrashs zielt. Eine Analyse der Universität Zürich zeigt, dass vom Kapitalpuffer betroffene Banken die Hypothekarsätze zwar leicht erhöht haben, die Vergabe besonders riskanter Hypotheken aber nicht zurückging.

Gab es auch Anbieter, die profitiert haben? - Nicht betroffene Institute, z. B. Versicherer, konnten im Windschatten des Puffers die Margen erhöhen. Die seither gefallenen Marktzinsen machten die leichte Hypothekarverteuerung mehr als wett.

Und die Selbstregulierungsmassnahmen? - Sie trugen stärker zur Dämpfung des Wachstums der Wohnimmobilienpreise bei. Besonders die Regelung, dass Kreditnehmer mindestens 10% des Belehnungswerts aus hartem Eigenkapital beisteuern müssen, hat diejenigen Interessenten aus dem Markt gedrängt, die sich ein Eigenheim im Grunde nicht leisten können. Die Preisabflachung nur der Selbstregulierung zuzuschreiben, wäre indes übertrieben.

Was hat denn ausserdem beruhigend auf den Markt gewirkt? - Der starke Preisanstieg der letzten Jahre hat zu einer kontinuierlichen Nachfrageabschwächung geführt. So verfügen gemäss Tragbarkeitsregeln nur noch 15 bis 20% der Haushalte über das Einkommen für ein Eigenheim im mittleren Preissegment.

Die Hypothekarzinsen sind zunächst mit den Zinsen gesunken. Als Letztere unter null fielen, verteuerten sie sich. Warum? - Mit der Einführung von Negativzinsen hat sich die Zinsabsicherung mit Swapgeschäften verteuert: Davor erhielten die Banken für die Absicherung einer Festhypothek gegen eine fixe Zinszahlung den damals noch positiven variablen Libor-Satz. Da der Libor-Satz ins Minus gerutscht ist, zahlt die Bank bei der Absicherung doppelt: sowohl die fixe Zinszahlung als auch den negativen Libor-Zins.

Welche Optionen haben die Banken? - Entweder sie leiten die Negativzinsen an die Sparer weiter, oder sie verteuern die Hypotheken. Für die Stabilität der Volkswirtschaft ist Letzteres besser.

Welche Hypothekarzinsen erwarten Sie in diesem und im nächsten Jahr? - Erhält die EZB ihr Anleihenkaufprogramm bis mindestens Herbst 2016 aufrecht, werden sich die Zinsen in Europa und damit auch in der Schweiz vom jetzigen tiefen Niveau kaum erholen. Entsprechend dürften auch die Hypothekarzinsen bis nächstes Jahr insgesamt seitwärts tendieren.

Mit den Negativzinsen hat sich der Anlagenotstand noch verschärft. Aktien werden immer teurer, vor allem wenn Qualität gesucht ist. Sichere Bonds sind hoffnungslos überbewertet. Rücken damit für viele Anleger Immobilien in den Fokus? - Auch Immobilienanlagen sind überteuert. Doch anders als Schweizer Anleihen werfen sie positive Renditen ab, weshalb sich viele Anleger auf Schweizer Immobilien stürzen. Im Grunde fungieren Immobilienanlagen derzeit als Anleihenersatz.

Wie attraktiv ist aus Anlegersicht eine Direktinvestition in Liegenschaften? - Parallel zu den Zinsen sind auch die Nettoanfangsrenditen von Direktinvestitionen gesunken. An Spitzenlagen geben sich Investoren aktuell mit unter 3% zufrieden, was das eingegangene Risiko ungenügend entschädigt. Begründet werden solche Investitionen vor allem durch die Zinsdifferenz zu Staatsanleihen, die gegenwärtig mehr als 100 Basispunkte über dem langfristigen Durchschnitt liegt. Dabei wird aber das Zinsänderungsrisiko massiv unterschätzt.

Welche Segmente und Regionen sind denn attraktiv? - Angesichts der erhöhten Unsicherheit über die Wirtschaftsperspektiven kommt der Makrolage grosse Bedeutung zu. Attraktive Regionen für Wohnrenditeliegenschaften sehen wir derzeit im Westschweizer Mittelland und im unmittelbaren Agglomerationsgürtel der Stadt Zürich. Von Investitionen in Geschäftsliegenschaften raten wir hingegen wegen des Überangebots und des währungsbedingt eingetrübten Wirtschaftsausblicks ab.

Seit der Verschärfung der Negativzinsen im Januar erfreuen sich Immobilienfonds neuer Beliebtheit. Was raten Sie? - In den ersten Wochen nach der Verschärfung legten Schweizer Immobilienfonds stark zu. Teilweise lagen die Prämien im Durchschnitt bei schwindelerregenden 40%. Seit Anfang Mai drückten jedoch Gewinnmitnahmen und etwas höhere Langfristzinsen auf die Kurse. Insgesamt bleiben die Agios aber historisch hoch, sodass wir von einem neuen Engagement in Immobilienfonds weiterhin abraten. Je nach Fondstitel ist sogar eine selektive Gewinnmitnahme angebracht.

Was sind die Vorteile von ETF auf Immobilienfonds? - Sie erlauben auf einfache Weise die Teilnahme an börsennotierten Schweizer Immobilienfonds. Hauptvorteile sind die leichte Handelbarkeit, die Kosteneffizienz und die breite Diversifikation, da der gesamte Index abgebildet ist, und somit auch die Teilhabe an der Ausschüttungsrendite aller Indexfonds.

Was spricht für Aktien kotierter Immobilienentwickler? - Immobilienentwickler operieren mit Margen aus der Differenz zwischen Entwicklungskosten und Verkaufspreisen. Kann der Entwickler seine Kosten niedrig halten und einen guten Verkaufspreis erzielen, hat die Zinsvolatilität weniger Einfluss auf den Gewinn. Zudem werfen gute Entwicklungsprojekte eine höhere Rendite ab als zu heutigen Marktpreisen erworbene bestehende, voll vermietete Objekte.

Welche Aktien empfiehlt UBS derzeit? - Wir bevorzugen derzeit Allreal, da das Management Fortschritte in der Reduzierung des Leerstands erzielt und das operative Geschäft Gewinnwachstum verspricht. Insgesamt ist jedoch das Marktumfeld in der Schweiz schwieriger geworden, und die Margen stehen unter Druck, weshalb wir kaum signifikante Preisavancen erwarten. Mit über 4% ist die aktuelle Dividendenrendite jedoch attraktiv.

Welche Unterschiede zwischen Wohn- und Geschäftsliegenschaften sollten Anleger kennen? - Generell sind Wohnliegenschaften weniger flexibel. Wegen der komplexeren Bautechnik kann weniger auf geänderte Nachfragepräferenzen wie Raumveränderungen reagiert werden. Allerdings sind  sie Konjunkturschwankungen weniger unterworfen als Geschäftsliegenschaften, sodass Letztere in der Regel einen höheren Leerstand haben. Neben dem Portfoliomix muss aber die Makrolage beachtet werden. So können Geschäftsliegenschaften an Toplage weniger konjunktursensitiv reagieren als Wohnimmobilien an schlechterer Lage.

Welche Anlagen würden am meisten unter einer Immobilienmarktkorrektur leiden? - In den Neunzigerjahren litten vor allem Geschäftsliegenschaften, auch wegen der schlechteren Konjunktur. Im aktuellen Immobilienzyklus gehen wir indes davon aus, dass das Luxussegment bei Wohnliegenschaften am stärksten korrigieren wird. In den letzten zwei Jahren sind die Preise in diesem Segment in manchen Hochpreisregionen bereits 20% und mehr gesunken. Ein Anstieg der Zinsen dürfte den Verkaufsdruck nochmals erhöhen.

Wie steht es um die Immobilienentwickler? Sie können sich dank niedriger Zinsen billig refinanzieren. Könnten sie in Bedrängnis geraten, sollten die Zinsen steigen? - Ja, davon ist auszugehen. Die Erfahrung zeigt, dass es immer wieder Akteure gibt, die riskante Zinswetten eingehen. Auch diesmal wird es nicht anders sein.

Verstärkt der abermals gestiegene Anlagedruck wieder die Gefahr einer Überhitzung? Wie schätzen Sie die Chance ein, dass die Überbewertung doch noch das Ausmass einer Blase annimmt? - Die aktuellen Überbewertungen wurden stark durch die Zinssenkungen in den letzten Jahren getrieben. Noch stärker negative Zinsen sind kaum mehr zu erwarten, da dies mit immer höheren volkswirtschaftlichen Kosten verbunden wäre. Da sich zudem die Schweizer Konjunktur abschwächen dürfte, ist davon auszugehen, dass die Überbewertungen nicht nochmals dramatisch zunehmen werden.

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