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IFRS ist nicht nur zu komplex

Neben der Komplexität bereitet auch die Regelung zu Joint Ventures gewissen Unternehmen Probleme.

Georg Fischer hat die Debatte über die International Financial Re­porting Standards (IFRS) in der Schweiz neu angefacht. Die Industriegruppe hat am Mittwoch gemeldet, für ihre Finanzberichterstattung künftig den Rechnungslegungsstandard Swiss GAAP FER anzuwenden; die Abkehr von IFRS werde mit dem Halbjahresbericht vom 17. Juli vollzogen. Das Beispiel Georg Fischer zeigt nicht nur die schwelende Unzufriedenheit mit IFRS in Schweizer Chefetagen, es steht auch für eine Akzentverschiebung in den Kritikpunkten und für eine Häufung derselben.

Kritikpunkt Pensionsgelder

Zum verbreiteten Zähneknirschen beigetragen haben neue Standards, die ab dem Geschäftsjahr 2013 anzuwenden sind. Vor allem die revidierte Bilanzierung von Leistungen zur Altersvorsorge (IAS 19) missfällt, weil sie den hiesigen Begebenheiten nicht gerecht wird und die wirtschaftliche Realität nicht korrekt abbildet. Bei Georg Fischer noch mehr ins Gewicht fällt jedoch die geänderte Behandlung von sogenannten Joint Arrangements (IFRS 11) – Arrangements mit gemeinschaftlicher Führung und Beherrschung wie etwa paritätische Gemeinschaftsunternehmen.

Der Schaffhauser Konzern wird kaum das letzte grössere Unternehmen sein, das umstellt. Man wisse von stattlichen Gesellschaften, die Diskussionen darüber führen, auf Swiss GAAP FER umzustellen, hatte «Finanz und Wirtschaft» im Februar von der Regulierungsstelle der SIX erfahren. Zur Frage, ob diese «Liste» seither länger oder kürzer geworden ist, wollte sich ein Sprecher nach Rücksprache mit dem Leiter allerdings nicht äussern. Aus dem Gespräch ist jedoch der Eindruck einer aktuell kleineren Liste entstanden, nicht zuletzt wegen Georg Fischer. Andererseits ist von diversen Unternehmen aber auch bekannt, dass sie die Auswirkungen der IFRS-Richtlinien laufend abwägen.

Bis vor kurzem war es primär die hohe Komplexität von IFRS, die meist kleinere Gesellschaften – als Ausnahme aber auch die Swatch Group – zu einem Wechsel auf Swiss GAAP FER veranlasst hat. Typisch für sie ist die Aussage von Ypsomed: «Der stetig zunehmende Regelungsumfang nach IFRS, welcher sich an formalen und komplexen Detailregelungen orientiert, wurde zu aufwendig.»

Mit den revidierten Standards haben sich weitere Kritikfelder geöffnet. Gemäss IAS 19 ist eine Über- oder Unterdeckung der Pensionskasse im Eigenkapital eines Unternehmens zu erfassen. Doch Schweizer Pensionskassen seien weitgehend unabhängig, und ihre Performance sei nicht an den Erfolg der Mitgliedfirmen geknüpft, argumentiert Georg Fischer.

Eine Über- oder Unterdeckung zu verrechnen, würde zu einer beträchtlichen Volatilität des Eigenkapitals führen, heisst es weiter. Alle Unternehmen, die IFRS anwenden, verweisen in ihren Geschäftsberichten darauf, dass IAS 19 nennenswerte Auswirkungen habe – auch in der rückwirkenden Anpassung der Zahlen von 2012.

In den Quartalsberichten ist das bereits zu sehen: Bei Clariant zum Beispiel hat sich das Eigenkapital per Ende 2012 wegen der Anpassung 12% verringert. Das lässt für die kommenden Halbjahresberichte einiges erwarten. Clariant-CFO Patrick Jany hält dennoch an IFRS fest: «Für ein global ausgerichtetes, kapitalmarktorientiertes Unternehmen ist die Rechnungslegung nach IFRS unseres Erachtens alternativlos», erklärt er auf Anfrage.

Kritikpunkt Joint Ventures

Für Georg Fischer besteht das Hauptproblem jedoch in IFRS 11. Konkret geht es um die Behandlung eines grossen Joint Venture (JV) der Division GF Piping Systems in China. Dieses je hälftig gehaltene JV ist bisher via Quotenkonsolidierung – in allen Positionen dem Anteil entsprechend – in die Rechnung eingegangen. Neu wird dafür die Equity-Methode verlangt, mit der Folge, dass in Bilanz und Erfolgsrechnung nur noch der Beteiligungsbuchwert und das Beteiligungsergebnis auf je einer Zeile ausgewiesen werden.

Der Umsatz bliebe unberücksichtigt. Dadurch wären Fortschritte in der Strategie von Georg Fischer, besonders im recht defensiven Geschäft mit Rohrleitungs­systemen zu expandieren und primär ausserhalb Europas zu wachsen, gegen aussen weit weniger gut sichtbar.

GF ist indes eher ein Sonderfall. Gesellschaften wie Ems-Chemie und Autoneum betreiben ebenfalls Gemeinschaftsunternehmen, Autoneum tut dies gar in bedeutendem Umfang. Ihre jeweiligen JV sind jedoch anders ausgestaltet. «Unsere Rechnungslegung ist vom neuen IFRS-11-Standard kaum betroffen, da derzeit keine Gesellschaft nach der Methode der Quotenkonsolidierung in die Konzernrechnung eingeht», heisst es von Ems-Chemie.

Dasselbe trifft auf Autoneum zu. Die JV sind juristisch so strukturiert, dass Auto­neum faktisch die Kontrolle hat. Entsprechend werden sie voll konsolidiert, und erst am Ende der Erfolgsrechnung wird aufgegliedert, wie viel vom Gewinn den Aktionären zuzurechnen ist und wie viel den nicht beherrschenden Anteilen.

Für den Autozulieferer ist ein Wechsel der Rechnungslegungsstandards deshalb kein Thema. Von Ems-Chemie heisst es dazu, IFRS werde in Anbetracht der hohen Internationalität des Unternehmens dem wenig bekannten Swiss GAAP FER vorgezogen. Doch auch für Ems muss die Rechnung mit der Rechnungslegung am Ende aufgehen: Angesichts des Trends bei IFRS zu immer aufwendigeren, komplexeren und damit auch kostspieligeren Vorschriften würden immer wieder verschiedene Varianten zur Rechnungslegung geprüft.