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Huntsman-CEO: «Wir müssen nicht fusionieren, wir wollen»

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Peter Huntsman: «Entsteht aus der Fusion kein Mehrwert, haben wir versagt.»

Im Mai haben Clariant und das amerikanische Chemieunternehmen Huntsman ihre Fusion zur weltweit zweitgrössten Spezialchemiegruppe bekannt gegeben. Doch der Plan hat auch Skepsis und Kritik geweckt. Peter Huntsman, CEO von Huntsman und designierter CEO von HuntsmanClariant, nimmt im Interview dazu Stellung. Zudem skizziert er ein Bild davon, wie er sich den neuen Konzern in Zukunft vorstellt.

Herr Huntsman, viele Fusionen halten nicht, was sie versprechen. Wo sehen Sie im Fall von Huntsman und Clariant die grössten Gefahren? - Am ehesten könnte uns das makroökonomische Umfeld einen Strich durch die Rechnung machen. Über kulturelle Risiken mache ich mir, offen gesagt, keine allzu grossen Sorgen.

Warum nicht, wo sie doch eine häufige Problemquelle sind? - Viele Fusionen entstehen nicht aus der Bereitschaft heraus, eine sich bietende Chance zu packen, sondern aus Verzweiflung. Das ist keine gute Ausgangslage. HuntsmanClariant ist dagegen eine von Chancen getriebene Fusion. Beide Seiten notierten zum Zeitpunkt des Entscheids auf einem Mehrjahreshoch, das Gleiche gilt für die Marge und für die Cashgenerierung. Clariant-CEO Hariolf Kottmann und ich haben seit mehr als acht Jahren immer wieder über verschiedene Möglichkeiten gesprochen. Huntsman und Clariant müssen nicht fusionieren, sie wollen. Unter dieser Voraussetzung gehen wir mit einer ganz anderen Einstellung in diese Transaktion.

Befürchten Sie also keine Machtkämpfe und kein Zusammenprallen unterschiedlicher Kulturen? - Nicht mehr, als dies sonst in Unternehmen üblich ist. Huntsman und Clariant haben beide eine Kultur, die es ihnen, gestützt auf ein Wertefundament, erlaubt, Neues in sich aufzunehmen und sich anzupassen. Wollten wir mit der Fusion eine viel grössere Huntsman oder eine viel grössere Clariant schaffen, dann würden wir scheitern. Wir müssen von beiden Seiten das Beste nehmen und daraus eine neue Kultur formen.

Die geplante Fusion hat aber Skepsis und auch Kritik geweckt. Hat Sie das Ausmass überrascht? - Angesichts so vieler Fusionen, die Mühe bekunden, hat mich das nicht überrascht. Wenn es in einer Organisation Veränderungen gibt, öffnet das immer auch Raum für Kritik. Nehmen Sie die Übernahme von Süd-Chemie durch Clariant. Die Aktien hatten zunächst stark nachgegeben. Heute gilt sie im Sektor als eine der feinsten Akquisitionen der letzten zehn Jahre. Auch der Kauf von ICI durch Huntsman war kritisiert worden. Doch er wurde ein Erfolg – weil es uns gelungen ist, die Kulturen zu verbinden. Von HuntsmanClariant erhoffe ich mir das Gleiche: dass die Leute zurückkommen und sagen, das war ein kluger Zug. Wer Angst vor Veränderungen hat, weil er Angst vor Kritik hat, fällt nie einen mutigen Entscheid.

Die Kritik konzentriert sich auf den Clariant-Teil der Fusionsvereinbarung. Clariant werde darin unterbewertet und mache einen Schritt zurück, lauten zwei Einwände. Gilt für Huntsman also das Umgekehrte? - Die Zuteilung, wonach Clariant-Aktionäre 52% am neuen Unternehmen halten werden und Huntsman-Aktionäre 48%, basiert auf dem Wertverhältnissen am Markt. Ich erachte das für beide Seiten als fair. Huntsman-Aktionäre konnten auf das bevorstehende Venator-IPO verweisen – den Börsengang unseres Geschäfts mit Pigmenten und Additiven –, das Milliarden in die Bilanz spült, auf steigende Margen und eine höhere Cashgenerierung. Sie konnten sich fragen, wieso sie die Hälfte davon weggeben sollten. Clariant-Aktionäre wiederum konnten ihr hochmargiges Spezialitätengeschäft hervorheben und ihrerseits fragen, wieso sie das verwässern lassen sollten. Beide Fragen sind falsch gestellt. Die Zeit wird zeigen: Für beide Seiten ist es eine Fusion der Chancen.

Huntsman hat aber keine nennenswerte Opposition, hat keinen Aktivisten wie White Tale, der die Fusion bekämpft. - Der oppositionelle Aktionär White Tale ist nicht repräsentativ für das Aktionariat von Clariant. Auch wir hatten vor Jahren mit Corvex – dem einen Teil von White Tale – zu tun. Als wir von Rockwood das Geschäft mit Titandioxydpigmenten übernehmen und mit unseren Aktivitäten verbinden wollten, war Corvex strikt dagegen und warnte vor einem Desaster. Vor drei Wochen haben wir dieses Geschäft als Venator an die Börse gebracht – und es zeigt sich: Wir haben den Aktionären Mehrwert in Milliardenhöhe geschaffen.

Wie nehmen Sie die Haltung des Clariant-Aktionariats wahr? - Seit der Ankündigung der Fusion habe ich mehr Zeit mit Clariant- als mit Huntsman-Aktionären verbracht, und ich habe nicht den Eindruck, dass sie gegen den Deal sind. Haben sie Fragen, und wollen sie wissen, wer Huntsman ist? Natürlich. Das soll auch so sein. Auf der andern Seite ist es genauso. Werden die Dinge dann erklärt, registriere ich eine fast ausnahmslose Zustimmung.

Denken Sie, es hätte weniger Kritik gegeben, wenn der von Huntsman im ersten Halbjahr gezeigte Leistungssprung etwas früher gekommen wäre? - Die Leistungssteigerung sollte nicht überrascht haben. Wir hatten unseren Investoren Ende 2016 detailliert aufgezeigt, wie und warum sich die einzelnen Segmente steigern werden, und wir haben geliefert.

Für Clariant-Aktionäre und andere Akteure mag der Leistungssprung jedoch unerwartet gewesen sein. - Genau darum gehen wir auf ihre Fragen ein und erklären ihnen den Konzern. Huntsman ist ein feines Unternehmen, ebenso Clariant, und HuntsmanClariant wird Dollar für Dollar und Franken für Franken eine bessere Gesellschaft, als es Huntsman und Clariant heute sind. Schaffen wir das nicht, haben wir versagt.

Was sind, auf einen Nenner gebracht, die Hauptstärken von Huntsman? - Wir haben ein sehr wettbewerbsfähiges Upstreamgeschäft, das uns sicher und günstig mit Rohmaterialien, namentlich Ethylenoxyd, versorgt. Von dieser Basis aus haben wir unsere Aktivitäten erfolgreich downstream entwickelt in Richtung spezialisierte, sich abhebende, Mehrwert schaffende und Probleme lösende Produkte. Anerkannt wird dies beispielsweise durch den Supplier Innovation Award, den wir von BMW erhalten haben.

Von aussen gesehen haben einige Fortschritte – Bilanz, Cashflow, Entwicklung des Downstreamgeschäfts – jedoch lange auf sich warten lassen. Wieso ist Huntsman heute nicht weiter? - Wir sind nicht herumgesessen. Huntsman hat sich in den letzten zehn, fünfzehn Jahren radikal verändert, von einem Hersteller mit vielen austauschbaren Produkten zu einem rückwärts integrierten Spezialitätenanbieter. Das Portfolio hat sich dabei grundlegend verändert und ist leistungsfähiger geworden. Das hat ebenso Zeit gebraucht wie die massiv vorangetriebene Globalisierung unserer Geschäfte.

Die Aktien Huntsman haben über einen Zehnjahreszeitraum jedoch klar underperformt, zum Sektor wie zum Gesamtmarkt. - Das hat mit dem eben Gesagten zu tun. Berücksichtigend, woher wir kommen und dass wir diverse zyklische Aktivitäten hatten, die sich zugegebenermassen unterdurchschnittlich entwickelten, haben wir uns ansprechend geschlagen. Das gilt umso mehr, als die Aktien in einer weniger langen Betrachtung überdurchschnittlich gestiegen sind.

Lassen Sie uns nach vorn blicken. Wo steht HuntsmanClariant in fünf Jahren in der Profitabilität? - Ein Margenniveau im hohen Zehnerbereich, vielleicht auch von 20%, sollte auf Stufe Ebitda – dem Betriebsgewinn vor Abschreibungen und Amortisation – möglich sein. Heute erreichen Huntsman und Clariant je rund 15%. Aus dem eingespielten Ebitda sollten wir zudem reichlich Cashflow generieren können, mehr als 50%, hoffe ich.

Wie wird das Wachstum aussehen? - Wir sollten mindestens doppelt so schnell wachsen können wie das globale Bruttoinlandprodukt – viele unserer gemeinsamen Aktivitäten expandieren seit Jahren schneller als das BIP. Unterstützen werden uns dabei unsere breite geografische Abdeckung sowie der Umstand, dass die kombinierten Unternehmen täglich rund 1 Mio. $ in Forschung und Entwicklung stecken werden. Das verschafft uns nicht nur die Möglichkeit, zu expandieren, sondern auch, bestehende Materialien durch innovativere zu ersetzen.

Was ist von der Bilanz zu erwarten? - Ich hoffe, HuntsmanClariant wird rein von den Zahlen her deutlich früher als in fünf Jahren ein Investment-Grade-Unternehmen sein. Der Erlös aus dem Verkauf der restlichen Anteile an Venator – Anfang August brachten wir gut 21% für rund 450 Mio. $ an die Börse – sollte uns in rund zwei Jahren in die Nähe davon bringen.

Und das Portfolio, wird es in fünf Jahren anders aussehen als heute? - Beide Partner haben in den vergangenen Jahren ein aktives Portfoliomanagement betrieben, haben lose Enden devestiert und arrondierende Zukäufe gemacht. Bei Clariant kommt noch die transformatorische Akquisition von Süd-Chemie dazu. An diesem Ansatz dürfte sich in Zukunft nicht viel ändern. Der Fokus wird darauf liegen, uns weiter downstream – in Richtung spezialisierter Produkte – zu bewegen, wo man sich über Forschung und Chemie abheben kann.

Ist die Aufgabenteilung zwischen Ihnen und Verwaltungsratspräsident Kottmann bereits definiert? - Es ist nicht so, dass wir einen Vertrag aufgesetzt haben, in dem steht, wer was macht. Aber wir haben ein gemeinsames Verständnis. Hariolf Kottmann wird einen sehr grossen Einfluss haben. Darüber bin ich froh. Seine Beiträge sind äusserst wertvoll, und wir werden ein fruchtbares Zusammenspiel pflegen und keinen Kampf der Egos ausfechten.

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