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Hat Amerika die Nase noch nicht voll?

Die Regierung von US-Präsident Donald Trump gibt sich mit ihrem Handelskrieg gegen China nicht zufrieden und hat nun auch bilaterale Handelsverhandlungen mit Japan aufgenommen. Doch was auch immer Trump mit Japan erreichen will, es wird viel weniger sein als das, was er weggeworfen hat, als er Anfang 2017 aus der Transpazifischen Partnerschaft (TPP) ausgestiegen ist.

Während des Präsidentschaftswahlkampfs 2016 versprach Trump den Amerikanern, dass er in ihrem Namen so viele grossartige Geschäfte aushandeln würde, dass sie «die Nase voll vom Gewinnen» haben würden. Nun, da er den amerikanischen Landwirten, Verbrauchern und der Gesamtwirtschaft durch Zölle auf chinesische Importe hohe Kosten auferlegt hat, dürften die Amerikaner die Nase wirklich bald ziemlich voll haben.

Trumps Ausstieg aus dem TPP-Abkommen ist das klassische Beispiel für seine handelspolitische Leichtfertigkeit. Der Vertrag, der 2016 von den USA und elf weiteren Pazifikanrainerstaaten unterzeichnet wurde, hätte 40% des gesamten Handels abgedeckt, der unter die Regeln der Welthandelsorganisation fällt. Es war ein «Abkommen des 21. Jahrhunderts», das nicht nur Zollsenkungen, sondern auch Bestimmungen zur Liberalisierung des Detailhandels, der Kommunikation, von Unterhaltung und Finanzdienstleistungen enthielt. Es hätte die Arbeits- und die Umweltstandards gestärkt, einen neuen Streitbeilegungsmechanismus und einen Rahmen für die Verwaltung von E-Commerce, Cybersicherheit, Rechte an geistigem Eigentum, Datenmobilität und mehr geschaffen.

Amerika im Pazifik benachteiligt

Als sich die USA aus der TPP zurückzogen, nahmen viele an, dass das Abkommen damit erledigt sei. Die übrigen Unterzeichner, angeführt von Japans Premierminister Shinzo Abe, einigten sich jedoch schnell auf einen Nachfolgevertrag, das Comprehensive and Progressive Agreement for Trans-Pacific Partnership (CPTPP), das etwa 200 der rund 220 Bestimmungen der TPP enthält. Die zwanzig, die weggelassen wurden, waren diejenigen, für die sich die USA engagiert hatten, und sie können wieder eingesetzt werden, falls das Land dem Pakt zu einem späteren Zeitpunkt beitreten möchte.

Mit dem Inkrafttreten des CPTPP geniessen Australien, Brunei, Chile, Japan, Kanada, Malaysia, Mexiko, Neuseeland, Peru, Singapur und Vietnam bevorzugten Zugang zu den jeweiligen Märkten der beteiligten Länder. Während die Zölle schrittweise abgebaut werden, sehen sich US-Anbieter in diesen Märkten zunehmend im Nachteil. Während der japanische Zoll auf amerikanische Rindfleischimporte auf 38,5% geblieben ist, ist die Abgabe auf Rindfleisch aus anderen CPTPP-Ländern auf 27,5% gesunken und wird letztlich nur noch 9% betragen. Infolgedessen wird amerikanisches Rindfleisch (und Weizen), das von Japan (oder einem anderen CPTPP-Land) importiert wird, nun mit einem höheren Zoll belegt als Rindfleisch und Weizen aus Australien, Kanada oder Neuseeland.

Abe hat dennoch hart daran gearbeitet, gute Beziehungen zu den USA aufrechtzuerhalten, und musste dafür einigem politischen Druck im eigenen Land standhalten. Japan war einer der wenigen US-Handelspartner, die keine Gegenmassnahmen ergriffen, als die Regierung Trump Zölle auf Stahl und Aluminium einführte. Obwohl Abe Japans Präferenz für regionale und multilaterale Vereinbarungen bekräftigt, hat er gleichwohl bilaterale Verhandlungen mit den USA vereinbart.

Handelsdefizit mit Japan dürfte steigen

Angesichts der bevorstehenden Parlamentswahlen in Japan in diesem Sommer dürften bilaterale Gespräche erst im weiteren Verlauf des Jahres stattfinden. Wenn es dazu kommt, wird Japan davon profitieren, dass es bereits ein Freihandelsabkommen mit der EU abgeschlossen hat. Seit Februar sind über 90% (bald 97%) der EU-Ausfuhren nach Japan zollfrei, und nach einer kurzen Auslaufphase wird das Gleiche für 85% der Agrarerzeugnisse gelten. Während Wein aus den USA mit einem Zoll von 15% belegt ist, gelangt Wein aus der EU – und auch aus CPTPP-Ländern wie Chile – jetzt zollfrei nach Japan, ebenso wie EU-Autos, die gemeinsamen Sicherheitsstandards unterliegen. Nicht umsonst rühmte Abe die Vereinbarung mit der EU als Beweis für «den unerschütterlichen politischen Willen Japans und der EU, die Welt in einer Zeit des zunehmenden Protektionismus als Verfechter des Freihandels zu führen».

Die Regierung Trump möchte, dass Japan die Hemmnisse für amerikanische Agrar- und Automobilexporte beseitigt und den bilateralen Handelsüberschuss reduziert, der sich 2018 auf 58 Mrd. $ (in Waren) belief. Aber während Trump sich oft darüber beschwert, dass US-Waren in Japan handelspolitisch benachteiligt werden, ist die Schuld einzig und allein ihm selbst zuzuschreiben. Es liegt in der Natur der Sache, dass US-Exporteure Marktanteile an ihre Konkurrenten in der EU und den CPTPP-Ländern verlieren. Mit Japans neuen Freihandelsabkommen dürfte sich das US-Handelsdefizit mit Japan noch weiter erhöhen.

China drängt auf Mega-Freihandelsabkommen

So viel zu Trumps «Art of the Deal». Der angeblich brillante Verhandlungsführer hat dafür gesorgt, dass US-Exporteure in Märkten im pazifischen Raum und in der EU deutlich im Nachteil sind. Erschwerend kommt hinzu, dass China nun auf ein Mega-Freihandelsabkommen zwischen sechzehn Ländern im Rahmen der Regional Comprehensive Economic Partnership (RCEP) drängt, über das noch verhandelt wird (auch wenn viele Chinaexperten nicht annehmen, dass in Kürze eine Einigung erzielt wird).

An dieser Stelle sei daran erinnert, dass die TPP China aussen vor gelassen und langfristig einen US-geführten Handelsblock in Asien etabliert hätte. Kein Abkommen, das die Regierung Trump mit Japan abschliesst, kann wiedergutmachen, was die USA im Rahmen der TPP gehabt hätten. Bestenfalls werden die USA die TPP-Konditionen nur in Bezug auf Japan und nicht alle elf ursprünglichen Unterzeichner retten. Obwohl Abe sich bereiterklärt hat, bilateral mit Trump zu verhandeln, kann er den USA unmöglich bessere Konditionen gewähren als den CPTPP-Partnern.

Das Drehbuch kennen wir inzwischen. In jeder Trump’schen «Verhandlung» stellen die USA ihre Forderungen, bieten kaum Gegenleistungen und drohen mit einer «Bestrafung» durch Zölle, wenn sie nicht ihren Willen bekommen. Wie bei einem Dieb, der «Geld oder Leben» sagt, kann von Verhandlungen eigentlich keine Rede sein. Indem ein unsicherer Trump den starken Mann markiert, hat er die USA in der Weltwirtschaft zunehmend isoliert. Amerikanische Produzenten und Verbraucher zahlen bereits den Preis. Die einzige Frage ist, wie lange sie es noch ertragen, zu «gewinnen».

Copyright: Project Syndicate.