Gute Auktionen, schlechte Auktionen
Wenn tiefe Preise geboten werden, freuen sich Sammler und Museen.
Die Versteigerung an den Meistbietenden oder «Auktion» war zwar schon den Römern vor 2000 Jahren bekannt. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde sie unter der Regie der Auktionsmultis Christie’s und Sotheby’s sogar zu einer wichtigen, auch Laienkreisen offenstehenden Handelsform des nationalen und internationalen Kunstmarktes. Ungeachtet ihrer Popularität verbinden sich mit Auktionen aber immer noch Irrtümer und Missverständnisse.
Eines davon betrifft die Qualität oder den Erfolg einer Versteigerung. Tatsächlich sprechen selbst erfahrene Kunsthändler nach einer eher schleppenden Versteigerung ohne glanzvolle Preise oft von einer «schlechten Auktion». Umgekehrt gilt eine Auktion, in der alles weit über die Schätzungen klettert, als «gute Auktion».
Fragwürdige Sichtweise
Das aber ist eine einseitige Sicht, nämlich jene der Versteigerer und der Einlieferer. Aus der Sicht von Sammlern und Museen ist eine Versteigerung ja vielmehr dann gut und erfolgreich, wenn sie jene Lose, die sie kaufen wollten, zu tiefen Preisen, möglichst sogar noch unter der Schätzung, zugeschlagen erhielten.
Als Misserfolg kann man sinnvollerweise nur solche Versteigerungen bewerten, an denen ein überdurchschnittlich grosser Teil des ausgerufenen Angebotes gar keinen Käufer fand. Vor dem Hintergrund, dass Versteigerungen nicht nur die Marktsituation spiegeln, sondern mit ihren Ergebnissen den Markt und sein Preisgefüge beeinflussen, ist aber selbst diese Sichtweise fragwürdig.
Die Vorbereitung zählt
Eine dergestalt erfolglose Versteigerung signalisiert Einlieferern und Versteigerern ja nur, dass ihre Preiserwartungen zu hoch waren und dass sie ihre Schätzungen und Limitepreise dem Markt anpassen müssen. Mindestens als Regelglied des Marktes kann man daher selbst eine solch enttäuschende Versteigerung als erfolgreich betrachten. Eine Voraussetzung für diese erwünschte Marktregulierung ist allerdings, dass sich genügend Bieter an dieser Versteigerung beteiligten. Und dies wiederum hängt wesentlich von der professionellen Vorbereitung der Auktion ab, zu der ja auch eine entsprechende Bekanntmachung und Öffentlichkeitsarbeit gehören.
Ein gutes Auktionshaus erkennt man also nicht in erster Linie an den Auktionsrekordpreisen, mit denen es verständlicherweise prahlt, sondern an der Zufriedenheit all seiner Kunden, auch jener, die ihm nur bescheidenere Kunstgegenstände anvertraut haben. Einen musealen 100-Millionen-Picasso zu verkaufen, ist keine Kunst. Solche Trophäen verkaufen sich heute fast von selbst. Aus professioneller Sicht liegt die Leistung des betreffenden Auktionshauses in solchen Fällen vielmehr darin, derartige Megakunstwerke überhaupt eingeliefert zu erhalten. Meistens muss es dem allseits umworbenen Verkäufer dafür allerdings weitgehende Konzessionen machen, von Preisgarantien bis zur Teilung des eigentlich dem Auktionshaus zustehenden Käufer(!)-Aufgeldes. Das aber kann solch publicityträchtige Sensationserfolge für das Auktionshaus und dessen Shareholder unter dem Strich sogar zu teuren Pyrrhussiegen machen.
Wer als Einlieferer für seine Kunstgegenstände ein gutes Auktionshaus sucht, sollte sich nicht blenden lassen von der Verlockung, die von Sensationspreisen ausgeht. Schliesslich können auch die grössten Auktionshäuser aus einem drittrangigen Picasso keine 100-Millionentrophäe machen. Entscheidend sollte vielmehr sein, wie zuverlässig ein Auktionshaus die Erwartungen seiner Einlieferer erfüllt und wie gut es auch bescheideneres Kunstgut verkauft.
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