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Globalisierung – was sonst?

Die Globalisierung hat einen schlechten Ruf. Freihandelsabkommen treiben die Leute auf die Strasse. Die mächtigen Multis geniessen wenig Sympathie. Ob der vielen Zuwanderung wird uns die Heimat fremd. China und andere Niedriglohnländer überschwemmen unsere Märkte und nehmen uns die Stellen weg.

Müssen wir Arbeitslosigkeit und Niedergang befürchten? Ja, Globalisierung und offene Grenzen haben Vor- und Nachteile. Es gibt Gewinner und Verlierer. Aber der Anteil der Schweiz an der weltweiten Wirtschaftsleistung beträgt nur etwa 1%. Wo kann die Schweizer Wirtschaft da Geld verdienen? Wo liegen die Chancen für unsere Arbeitsplätze? Man muss sich eher fragen: Globalisierung, was sonst?

Für Reichtum und Wohlstand gibt es ein simples Prinzip. Man muss dort arbeiten und investieren, wo man viel verdienen kann und die Aussichten gut sind. Man muss sich auf das konzentrieren, was man besser als andere kann. Eine schlechte Idee ist es, dort zu verharren, wo es nichts zu verdienen gibt und der Niedergang programmiert ist.

Wenn Neues geboten wird und die Qualität besser ist, kann man hohe Preise verlangen und hohe Löhne zahlen, und erst noch gibt es Exportüberschüsse. Die Wirtschaft wächst vor allem dank denjenigen Unternehmen, die innovativ und international wettbewerbsfähig sind.

Im Ausland Geld verdienen und Kaufkraft ins Land holen kann keine schlechte Idee sein. Von dieser Nachfrage profitieren auch die vielen heimischen KMU, die selbst nicht exportieren. Was das Ausland billiger und besser anbietet, kauft man dagegen lieber ein. Die niedrigen Preise stärken die Kaufkraft und den Wohlstand von Arbeitenden und Konsumenten.

Schweizer Binnenmarkt ist viel zu klein

Freihandelsabkommen erleichtern den Zugang zu den weltweiten Absatzmärkten und die internationale Arbeitsteilung mit den ausländischen Anbietern. Sie helfen der Wirtschaft, sich auf das zu spezialisieren, wo sie Vorteile hat, mehr verdienen kann und die Perspektiven der heimischen Arbeit besser sind.

Deshalb schätzen die Ökonomen den Zugang zum EU-Markt und die internationalen Handels- und Investitionsschutzabkommen als so wichtig ein. Handelserleichterungen durch Abbau von regulatorischen Auflagen sollen mit dem nationalen Konsumentenschutz vereinbar sein. Dabei sollte man aber den wichtigsten Konsumentenschutz nicht vergessen, nämlich Arbeitsplätze mit attraktiven Löhnen und guten Chancen.

Noch wichtiger sind die dynamischen Effekte, die durch Innovation entstehen. Gerade Länder wie die Schweiz haben einen viel zu kleinen Binnenmarkt. Die innovativsten Unternehmen, die die meisten neuen Jobs schaffen, könnten ihr Wachstumspotenzial niemals ausschöpfen, wenn sie nicht Zugang zu den grossen Absatzmärkten in der EU und auf der ganzen Welt hätten.

Die hoch spezialisierten Innovationschampions der Wirtschaft exportieren den Grossteil – nicht selten 80 bis 100% – ihrer Produktion. Wie könnte jemand in F&E investieren, wenn nachher der Zugang zu den lukrativen Absatzmärkten versperrt wäre und der Umsatz nicht käme? Wie könnte die Schweiz Innovationsland Nummer eins sein, wenn sie sich abschottete und damit ihren Unternehmen den Ertrag auf die Innovation versagte?

Globalisierung und Innovation haben eines gemeinsam: Sie lösen Strukturwandel aus. Innovation heisst: Neues ersetzt Altes. Die grossen Konzerne erneuern ihre Produktpalette, um ihre Wettbewerbsfähigkeit zu verteidigen und neue Wachstumsmöglichkeiten zu erschliessen.

Sie geben alte Produktlinien auf und starten die Produktion des neuen, verbesserten Angebots. Sie müssen ihre Belegschaft umschulen und Arbeit und Kapital neu einsetzen. Innovation ist unweigerlich mit Marktzutritt und -austritt verbunden. Neu gegründete Unternehmen kommen dazu, während andere schliessen oder sich umstrukturieren und sich profitableren Geschäftsfeldern zuwenden.

Sind die Unternehmen zu langsam, droht der Bankrott mit Vermögensverlust und Arbeitslosigkeit. Dann geht es darum, das noch nutzbare Kapital anderswo und besser zu investieren und die Arbeitslosigkeit durch Vermittlung und Umschulung möglichst kurz zu halten.

Es ist aber nicht vorwiegend die Globalisierung, die den Strukturwandel auslöst und zu Anpassung und Veränderung zwingt, sondern die Innovation. Das Neue kann sich nicht durchsetzen, wenn nicht etwas anderes verschwindet.

Die Globalisierung ist zu einem grossen Teil die Folge der Innovation, indem die innovativsten Unternehmen weltweit expandieren und auf der anderen Seite die nicht mehr wettbewerbsfähigen der Importkonkurrenz weichen. Den Strukturwandel aufzuhalten, hiesse, die Angst vor dem Abstieg und dem Niedergang zu perpetuieren, statt sich neuer Beschäftigung in konkurrenzfähigen Unternehmen mit deutlich besseren Perspektiven zuzuwenden. Es würde bedeuten, die Innovation zu blockieren. Die Verabschiedung vom Wohlstand wäre die Folge. Die Wissenschaft hat errechnet, dass in den USA in einem autarken Zustand die Einkommen um ganze 40% niedriger wären.

In kleinen Ländern mit fehlenden Rohstoffen ist Autarkie gar nicht mehr vorstellbar. Doch es gibt Länder, die dem Gegenteil von Globalisierung ziemlich nahekommen. Nordkorea und das alte Albanien sind Beispiele für grassierende Armut durch Abschottung.

Besonders starker Globalisierungskritik sind die mächtigen Multis ausgesetzt. Sie gehören jedoch zu den innovativsten und produktivsten Unternehmen, die die umfangreichsten F&E-Ausgaben stemmen, die höchsten Löhne zahlen und den Grossteil der Unternehmenssteuern abliefern. Sie sind nicht aus Zufall so gross und produktiv geworden, sondern wegen überlegener Innovation.

Sie sind zur Innovation verdammt, weil sie von der Konkurrenz nicht nur im Inland, sondern auf der ganzen Welt herausgefordert sind. Weil sie so innovativ und produktiv sind, sind ihre Standorte in den meisten Staaten so begehrt. Ihre Direktinvestitionen nutzen Kostenvorteile in Entwicklungsländern aus oder bringen die Produktion zu den grossen Absatzmärkten hin, um aufwendige Transporte einzusparen.

Für viele Entwicklungsländer sind die Direktinvestitionen der Multis häufig viel wichtiger für ihre wirtschaftliche Entwicklung als die oft erbärmlich geringe Entwicklungshilfe reicher Industriestaaten. Indem sie dort produzieren und die wirtschaftliche Entwicklung anstossen, nehmen sie auch etwas vom Zuwanderungsdruck weg, unter dem die reichen Länder so leiden.

Wettbewerb als Waffe gegen Konzerne

Globalisierung braucht Leitplanken, so wie der faire Wettbewerb im Inland eine starke Wettbewerbsbehörde benötigt. Die Staaten sollen die WTO (Welthandelsorganisation) mit schärferen Zähnen ausstatten, damit sie unfaire Handelspraktiken verhindert. Sie sollen nicht selbst unfairen Steuerwettbewerb betreiben und sich besser koordinieren, damit es weder Doppelbesteuerung noch Steuerschlupflöcher gibt.

Unabhängig besetzte internationale Schiedsgerichte sollen über Investitionsstreitigkeiten richten. Wem das immer noch nicht genügt, der sollte sich an die schärfste Waffe gegen mächtige Konzerne erinnern, nämlich weltweiten Wettbewerb durch Freihandel.

Die Arbeitenden erzielen in der internationalen Wirtschaft höhere Löhne, tragen jedoch auch höhere Risiken. Der Sozialstaat soll Sicherheit bieten, aber dem Wandel nicht im Weg stehen und vorbeugende Massnahmen forcieren. Kräftig in F&E zu investieren und die Arbeitenden mit höchster Qualifikation auszurüsten, muss Vorrang haben, damit die sozialen Risiken möglichst gering bleiben und die Arbeitenden von der Globalisierung noch mehr profitieren.

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