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GlaxoSmithKline: Zucht und Ordnung in China

GlaxoSmithKline steht im Verdacht, sich über versteckte Wege Zugang zu den staatliche Vergütungsprogrammen verschafft zu haben: Eingangsbereich des Geschäftssitzes in Peking.

Der Vorwurf der chinesischen Polizei gegenüber dem britischen Pharmakonzern GlaxoSmithKline (GSK) wiegt schwer: Wirtschaftsverbrechen – was in China Korruption bedeutet. Ende Juni haben Beamte des Ministry of Public Security die Büros von GSK in Changsha, Peking und Schanghai durchsucht und gemäss «China Daily» mehrere Mitarbeiter verhaftet. Am Montag hat die Abteilung für Wirtschaftskriminalität des Ministry of Public Security an einer Pressekonferenz bestätigt, dass vier hochrangige chinesische Manager von GSK verhaftet wurden. Der britische Finanzchef Steve Nechelput dürfe das Land nicht verlassen.

Pharmakonzerne schwören der Bestechung von Ärzten ab

GSK selbst hat diese Angaben bestätigt und erklärt, eng mit den Behörden zusammenzuarbeiten – unter anderem wurde auch die Beratungsgesellschaft Ernst & Young beigezogen. China-CEO Mark Reilly befinde sich seit Anfang Juli in London. Die laufende Untersuchung weckt unter ausländischen Pharmaunternehmen die Befürchtung, bald in einem schwierigeren Umfeld agieren zu müssen.

Der Pharmasektor macht nicht nur in China, sondern weltweit immer wieder mit negativen Schlagzeilen von sich reden, und die meisten grossen Pharmanamen wurden schon mit Bestechung in Verbindung gebracht. Zuletzt wurde Novartis Ende April in den USA angeklagt, Ärzte und Apotheker bestochen resp. die Anti-Kickback-Regeln verletzt zu haben.

In China ist der Fall von Zheng Xiaou noch in Erinnerung, dem früheren Direktor von China’s State Food and Drug Administration. Zheng wurde 2007 hingerichtet, da er mehr als 1 Mio. $ Bestechungsgelder angenommen und im Gegenzug Hunderten von Medikamenten die Zulassung erteilt hatte. Damals erklärten 38 multinationale Pharmaunternehmen gemeinsam, ihren Mitarbeitern die Bestechung von Ärzten zu verbieten.

Systemische Korruption in China -

Dennoch ist gemäss «Xinhua News», dem Sprachrohr Pekings, die Bestechung von Ärzten durch Pharmaunternehmen ein «offenes Geheimnis». Die Zeitung bezieht sich dabei auf Brancheninsider. Chinesische Pharmabetriebe würden die Kickbacks für den Verkauf von Medikamenten in Cash ausrichten, während ausländische Unternehmen einen verdeckten, indirekten Weg bevorzugten. Und so ein indirekter Weg wird GSK vorgeworfen. Gemäss Recherchen des «Wall Street Journal» in Peking sollen GSK-Mitarbeiter Reisebüros benutzt haben, um Regierungsvertretern, Spitalmanagern und Ärzten Kickbacks sowie Reisen und verschwenderische Essen zu bezahlen ­– es sei von gegen 500 Mio. $ die Rede.

Unklar ist dabei, ob die Untersuchung des Ministry of Public Security im Zusammenhang mit einem internen Whistleblower steht, der Anfang Januar eine GSK-interne Untersuchung provoziert hat. Gemäss diesem Whistleblower soll Verkaufspersonal von GSK zwischen 2004 und 2010 auf breiter Basis Ärzte bestochen haben, Medikamente zu verschreiben, z.T. auch noch nicht in China zugelassene. Gemäss GSK wird dieser Vorwurf untersucht.

Harter Konkurrenzkampf

In China machen Medikamente einen Grossteil der medizinischen Kosten aus, und somit auch des Umsatzes der Pharmaunternehmen. Für diese ist es deshalb wichtig, dass ihre Medikamente in die staatlichen Vergütungsprogramme aufgenommen und von Ärzten verschrieben werden. Der Pharmamarkt ist extrem fragmentiert. Ärzte und Spitalmanager haben meist die Wahl, unter verschiedenen Anbietern von medizinischen Leistungen und Medikamenten auszusuchen. Und da die Löhne der Ärzte oft sehr tief sind, bessern sie ihr Einkommen durch Zuwendungen von Patienten und Pharmaunternehmen auf. Zudem müssen die Spitäler einen Teil ihrer Betriebskosten durch den Verkauf von Medikamenten decken.

«In den Spitälern werden für die Behandlung spezifischer Krankheiten meist ein inländisches und ein ausländisches Medikament angeboten. In den grössten Tier-3-Spitälern sind es mehr, aber der Kampf unter den Pharmaunternehmen, berücksichtigt zu werden, ist gross», erklärt Robin Kerawala, Partner von der auf den chinesischen Gesundheitssektor spezialisierten Beratungsgesellschaft SmithStreet, gegenüber «Finanz und Wirtschaft».

Liu Xianquan, Rektor der Rechtsfakultät der East China University, sagte im Nachrichtenportal China.org, der Entscheid über den Kauf von Medikamenten und Spitalausrüstung müsse einer unabhängigen Drittpartei übertragen werden.

Das Potenzial im Pharmamarkt ist riesig

Der chinesische Pharmamarkt macht für viele ausländische Unternehmen erst einen kleinen Umsatzanteil aus, im Falle von GSK rund 3%. Aber das Potenzial ist riesig.  China baut das Wohlfahrtssystem massiv aus, 2013 sollen allein die Gesundheitsausgaben um 27% erhöht werden. Die Wachstumsprognosen für den Gesundheitssektor für die nächsten drei Jahre betragen für Medikamente 16 bis 17% pro Jahr. Die laufende Gesundheitsreform versucht, die wichtigsten Krankheiten in den Versicherungsschutz einzuschliessen. Die Hersteller entsprechender Medikamente konkurrieren heftig um die Zulassungen.

Auf Anfrage von «Finanz und Wirtschaft» wollten weder Schweizer Pharmaunternehmen noch verschiedene Researchhäuser zur Frage Stellung nehmen, ob die Untersuchung gegen GSK für ausländische Pharmagesellschaften und ausländische Unternehmen allgemein Folgen haben wird. Die Pharmakonzerne betonen, weltweit die Standards bezüglich Compliance einzuhalten und keine Kenntnisse über allfällige Untersuchungen der chinesischen Polizei zu haben. Dennoch ist eine gewisse Nervosität deutlich spürbar.

Ein Warnschuss an alle Unternehmen -

Kerawala betont: «Die heimischen Pharmaunternehmen haben die Regeln für das Spiel festgelegt. Nun werden die ausländischen Unternehmen für den Missbrauch zur Verantwortung gezogen.» Gemäss Kerawalas Kontakten laufen noch weitere Untersuchungen gegen ausländische Konzerne, konkrete Namen seien ihm jedoch nicht bekannt.

Die Regierung will die Korruption, die nicht nur im Gesundheitswesen grassiert, ernsthaft bekämpfen. Zu diesem Zweck geht sie ganz pragmatisch vor und knöpft sich erst einmal ausländische Unternehmen zwecks Zucht und Ordnung vor. Somit können Exempel statuiert und eine klare Botschaft an alle Unternehmen – auch an die chinesischen – gesendet werden, ohne dass ein peinlicher Fall einer chinesischen Gesellschaft an die Öffentlichkeit gezerrt werden muss. Dadurch kann auch sichergestellt werden, dass in dieser ersten Phase der Korruptionsbekämpfung die Interessen der sich bereichernden Clans, die grosse chinesische Unternehmen bzw. ganze Sektoren der Wirtschaft kontrollieren, nicht tangiert werden. Der Fall GSK kann durchaus als Warnschuss an alle Unternehmen gelten und gibt den chinesischen Betrieben Zeit, gewisse Dinge aufzuräumen.

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