Ihr Browser ist veraltet. Bitte aktualisieren Sie Ihren Browser auf die neueste Version, oder wechseln Sie auf einen anderen Browser wie ChromeSafariFirefox oder Edge um Sicherheitslücken zu vermeiden und eine bestmögliche Performance zu gewährleisten.

Zum Hauptinhalt springen

Ferrari 250 GT (1958)

1 / 34

Die Frage, ob nun Coupé oder Cabriolet begehrenswerter ist, lässt sich kaum endgültig beantworten: Wer lieber ein wenig cruist, wird immer die offene Version bevorzugen. Doch wer es unterwegs flotter mag, nicht nur von der Eisdiele zum nächsten Kaffeehaus rollt, der tendiert wohl zur geschlossenen Variante. Wenn es dann auch noch so ist, dass das Coupé deutlich günstiger ist, dann stellt sich für den Liebhaber und Kenner die Frage eigentlich nicht mehr.

Der Ferrari 250 GT Coupé gehört zu den am meisten unterschätzten Sportwagen aus Maranello. Auch die Preise sind eigentlich noch vernünftig. Für etwa eine halbe Million Franken ist man dabei. Erstaunlich wenig Geld für eines der wichtigsten Modelle der Ferrari-Geschichte, erschaffen von einem grossartigen Designer, angetrieben von einem wunderbaren Motor. Es kann nicht mehr lange dauern, bis auch die 250 GT Coupé durch die Decke gehen werden. Man muss kein Prophet zu sein, um die ersten siebenstelligen Beträge vorauszusehen.

Es lief gut bei Ferrari Mitte der Fünfzigerjahre. Doch Enzo Ferrari, der «Commendatore», hatte Blut geleckt, er wusste mit Pininfarina den richtigen Partner an Bord, und gemeinsam sprach man über ein Fahrzeug, das für Ferrari und Pininfarina quasi den Einstieg in die Grossserienproduktion darstellen sollte. Gleich ein paar Hundert Exemplare sollten binnen weniger Jahre entstehen – das bedeutete für beide Unternehmen eine Vervielfachung der bisherigen Kapazitäten.

Berühmter Colombo-Motor

Die Basis war längst geschaffen: Da war die bekannte Plattform mit den 2,6 Metern Radstand, über die alle Ferrari 250 GT schon seit Mitte der Fünfziger verfügten – und die sich sowohl auf der Strasse wie auch auf der Rennstrecke bestens bewährt hatte. Und dann war da noch der 3-Liter-V12, der berühmte Colombo-Motor, der seine Karriere als 1,5-Liter-Rennmotor begonnen hatte. Eine der besten Maschinen überhaupt, 240 PS, sehr zuverlässig. Nun lag es noch an Pininfarina, das passende Kleid zu schaffen für ein Fahrzeug, das eine potente Kundschaft begeistern konnte, die keinen Rennwagen wollte, sondern einen wahren Gran Turismo.

Heute mag die Form des 250 GT Coupé nicht mehr aufregend erscheinen. Doch 1958, als Ferrari das Coupé erstmals auf dem Pariser Auto-Salon zeigte, waren die Reaktionen ekstatisch. Ja, das war der wahre Traum eines Automobils: schön, schnell, sündhaft teuer. Auch die Optik wurde damals als herausragend erachtet – und ja, das Coupé ist in seiner Schlichtheit eines der Meisterwerke von Pininfarina. Das Problem: Die Italiener befanden sich damals auf einem Höhenflug, kopierten sich fleissig selbst und verkauften ihre Entwürfe an alle, die bezahlen wollten. Unter anderem auch an die British Motor Corporation (BMC), wo profane Morris und Austin in eine ähnliche Form gekleidet wurden.

Es war eben auch kein klassisches Coupé, das Pininfarina da entworfen hatte, sondern eine für italienische Sportwagen neue Form, ein 2+2-Sitzer mit Kofferraum. Die Dachlinie fiel nicht langsam nach hinten, wie man es bislang gewohnt war, sondern riss regelrecht ab. Die hinteren Sitze waren denn auch nicht tauglich für den Personentransport, dafür wurden sie gern schön mit Leder ausgekleidet, damit die edlen Gepäckstücke der Besitzer und ihrer Beifahrerinnen keinen Schaden nahmen. Den eigentlich recht geräumigen Kofferraum nutzte man nur selten, dort lagen das Ersatzrad und das Werkzeug.

Der Wagen von Prinz Bertil

Mehr als 350 Exemplare wurden zwischen 1958 und 1960 gebaut, inklusive einiger weniger «Speciale», Spezialkarosserien also. Die berühmteste wahrscheinlich: das schicke Fahrzeug für Prinz Bertil von Schweden.

Die frühen Fahrzeuge hatten den Motor mit der Bezeichnung 128C, also etwa 220 PS, doch es kam schon bald der 128D mit 240 PS, der zwei Zündverteiler aufwies, wobei der Zwölffachverteiler mit seiner Aufgabe manchmal etwas überlastet war. Ab 1960 wurde dann der 128F mit bis zu 280 PS angeboten, mit aussen liegenden Zündkerzen und ausserdem in Verbindung mit dem Laycock-de-Normanville-Vierganggetriebe mit zuschaltbarem Overdrive, der das Drehzahlniveau im vierten Gang entscheidend senkte und viel dazu beitrug, dass der 250 GT endlich zum komfortablen Reisewagen taugte.

Einmal abgesehen davon, dass der V12 dennoch kein besonders ruhiger Zeitgenosse war. Und endlich erhielt der 250 GT auch hydraulische Teleskopdämpfer – und Scheibenbremsen. Damit liess sich das maximal bis zu mehr als 250 km/h schnelle Fahrzeug endlich artgerecht wieder einfangen.

Oh ja, er lässt sich auch in diesen Tagen noch bestens fahren, der Ferrari 250 GT. Selbstverständlich sind es weniger die Pferdestärken und die Durchzugskraft des Colombo-Motors, die den Fahrer heute noch begeistern, aber allein schon das Klangbild stellt reinste Musik dar, eine Oper wird da aufgeführt, ein Wunderwerk aus Mechanik und Luft und Röhren und Kreischen, das einem auch heute noch die Gänsehaut über die Ohrmuscheln zieht.

Corvette zieht gleich

Konkurrenz hatte der Ferrari damals eigentlich keine, die Gegner schafften es oft nur knapp, sechs Zylinder miteinander in Einklang zu bringen. Einer Corvette gelangen zwar ähnliche Fahrleistungen, aber es blieb eben – eine Corvette. Ein Ferrari ist aber ein Ferrari, das war schon damals so. «Win on Sunday, sell on Monday», hiess die Devise seinerzeit in Maranello. Im Unterschied zu allen anderen Herstellern verkaufte Ferrari aber am Montag dann doch das Fahrzeug, das am Sonntag das Rennen gewonnen hatte.

Das 250 GT Coupé von Pininfarina war eines der letzten Modelle mit langem Radstand, einem sogenanntem LWB (Long Wheel Base), es folgten dann bald die Fahrzeuge mit SWB, dem Short Wheel Base, was nur noch 2,4 statt wie früher 2,4 Meter Radstand bedeutete. Und ab diesem Zeitpunkt bewegen sich dann quasi alle Modelle in einem Preisrahmen von sehr viel mehr Geld. Das aber soll nur noch als ein weiteres Argument für die 250-GT-Meisterleistung von Pininfarina dienen.