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Elektromobilität – Sinn und Unsinn

Die Umwelt ist eines der höchsten Güter. Es gibt einen breiten internationalen Konsens zugunsten des Pariser Klimaabkommens. Nahezu die ganze Welt (mit der Ausnahme von Donald Trump) ist sich einig, dass wir die Erhöhung der Temperatur unter zwei Grad halten müssen, um den Planeten für unsere Kinder und Kindeskinder zu erhalten.

Gerade in den grossen Metropolen der Schwellenländer ist die Luft oft so verschmutzt, dass man die Hand vor den Augen nicht mehr sieht – geschweige denn die Sonne. Dies hat natürlich auch gesundheitliche Konsequenzen für die Bewohner dieser Städte.

Deshalb setzen viele Länder und Städte auf Elektromobilität, da ein Hybrid- oder Elektromotor weniger Kohlenstoffdioxid (CO2), Stickstoff- und Schwefeloxide verpufft als ein traditioneller Diesel- oder Benzinmotor.

Der jüngste Dieselabgasskandal hat das Seinige zur Stimmungsbildung beigetragen: Die Niederlande und Norwegen wollen den Verkauf von Diesel- und  Benzinautos bis 2025 einstellen.

Indien, der fünftgrösste Automarkt der Welt, folgt 2030 mit dem wohl ehrgeizigsten Programm; Frankreich und Grossbritannien peilen 2040 an. Die deutsche Kanzlerin Merkel hat auch ein Programm angekündigt, doch ohne genaue Zeitangaben.

Diese Versprechen werfen natürlich auch Fragen auf:  Stimmt die Infrastrukturplanung mit den Zielen überein? Woher kommt der Strom? Wie präsentiert sich die Ökobilanz eines Elektrofahrzeugs (EV, Electronic Vehicle)? Woher kommen die Rohstoffe? Wer sind die Gewinner und die Verlierer dieser Umstellung?

Infrastruktur und Konkurrenz

In der Schweiz gibt es derzeit gerade eben 1125 Ladestationen. 2016 wurden nur 3525 neue Elektroautos zugelassen, weniger als 1% aller neu zugelassenen Wagen. Bei den Hybridfahrzeugen sah es mit 10 587 Fahrzeugen etwas besser aus. Das neue CO2-Emissiongesetz von 2020 dürfte der EV- und Hybridnachfrage auch in der Schweiz einen Schub geben.

Norwegen und die Niederlande sind kleinere Länder und werden dafür sorgen, dass die neue Infrastruktur den ambitiösen Programmen standhalten kann.

Dass die deutsche Bundeskanzlerin sich nicht auf einen genauen Zeitrahmen festlegen liess, hat wohl auch damit zu tun, dass es teuer und aufwendig werden wird, die Infrastruktur für Elektromobilität in einem so grossen Land aufzubauen. Die Energiewende bringt zudem ihre eigenen Engpässe und Kosten mit sich. Ein plötzlicher Schub der Nachfrage nach Elektrizität dürfte problematisch werden.

Die chinesische Regierung hat mitgeteilt, sie wolle von Benzin- und Dieselautos auf EV umstellen. China hat eine starke Zentralregierung, die Direktiven effizient umsetzt. So sind bis 2020 an elf Hauptverkehrsadern und in 202 Städten 100 000 neue Ladestationen für EV und Hybride geplant. Dies dürfte erst der Anfang sein.

In Indien sieht es anders aus: Es gibt nur etwa 100 Ladestationen im ganzen Land und bis jetzt liegt kein detailliertes Programm vor, wie New Delhi die Infrastruktur fristgerecht zur Verfügung stellen will – dies in einem Markt, in dem jährlich 21 Mio. Fahrzeuge verkauft werden.

Ferner sind EV und Hybride bis jetzt noch teurer als mit Benzin oder Diesel betriebene Fahrzeuge. Indien bleibt ein Land mit mittlerem Einkommen, selbst wenn sich die Kostenentwicklung rasant nach unten bewegt.

Im EV- und Hybridmarkt herrscht grosse Konkurrenz. Ursprünglich waren Japan und Südkorea die Haupterzeuger von Batterien. Mittlerweile hat China aufgeholt. Der chinesische Elektromobilhersteller BYD, in den Warren Buffetts Berkshire Hathaway 2008 investiert hatte, ist mittlerweile auch zu einem der weltweit grössten Batteriehersteller für EV geworden.

Die Batterien sind immer noch teuer, werden jedoch jährlich etwa 20% billiger. So kostete eine Batterie 2012 noch 600 $, heute im Schnitt nur noch etwa 250 $. Der EV- und Hybridbatteriemarkt wird gemäss Wall Street Research Bernstein in den nächsten zwanzig Jahren ein Volumen von 240 Mrd. $ erreichen.

China positioniert sich hier als Marktführer. Es wird erwartet, dass bis 2020 rund 70% aller EV-Batterien in China hergestellt werden.

China wird in Zukunft auch der grösste Absatzmarkt für EV werden. Westliche Autohersteller stehen deshalb Schlange, um diesen Markt zu erobern. So haben zum Beispiel Renault-Nissan, Volkswagen, Ford etc. Joint Ventures mit chinesischen Unternehmen gegründet, um EV in China zu produzieren. Längerfristig dürften chinesische Anbieter wie BYD, Zhidou, BAIC und JAC zu Marktführern werden.

Und die Ökobilanz?

EV und Hybride werden wohl die Personenwagen der Zukunft sein. Die Internationale Energieagentur (IEA) hat ihre Prognose für die Anzahl der EV auf der Welt bis 2030 von 23 auf 58 Mio. verdoppelt. Der Erdölkonzern BP erwartet gar, dass bis 2035 mit 100 Mio. EV zu rechnen ist.

Die Entwicklung wird stark von den verschiedenen nationalen, regionalen und kommunalen Programmen und Vorschriften abhängen. Solche Autos stossen weniger CO2 aus als traditionelle Diesel- und Benzinmotoren.

Die Frage nach der Ökobilanz stellt sich jedoch trotzdem. Strom kommt ja nicht aus der Steckdose, sondern muss erzeugt werden. Gerade in Indien und China ist das eine Herausforderung: Kohle hat einen Anteil von 57% an der Elektrizitätserzeugung in China bzw. von fast 60% in Indien.

Beide Länder arbeiten mit Erfolg daran, vermehrt erneuerbare Energien einzusetzen. Wenn es das Ziel ist, den gesamten Personenwagenmarkt auf EV und Hybride umzustellen, wird es sich jedoch nicht vermeiden lassen, mehr Kraftwerke zu bauen. Darunter könnten auch Kohlekraftwerke sein.

Des Weiteren brauchen die EV auch wesentlich mehr Rohmaterialien wie Kupfer, Magnesium, Lithium, Kobalt und Nickel als herkömmliche Fahrzeuge. Es braucht etwa 23 kg Kupfer, um ein von einem Diesel- oder Benzinmotor angetriebenes Auto herzustellen – ein EV benötigt etwa 83 kg.

Die Hersteller der Fahrzeuge sind sich dieser potenziellen Engpässe sehr wohl bewusst. BYD verhandelt zum Beispiel langfristige Lieferabkommen für Kupfer mit Chile. Die Frage, ob es genügend Lithium für alle Batterien gibt, wurde breit erörtert; weniger bekannt ist dagegen, dass die Engpässe bei Kobalt und Magnesium gravierender sein könnten.

Die Förderung dieser Rohstoffe ist zudem mit Energieverbrauch und Umweltverschmutzung verbunden. Die Entsorgung der teilweise hochgiftigen Komponenten der EV wurde wohl auch noch nicht ganz durchdacht.

Eine Revolution

Als vor etwa zehn Jahren Biodiesel en vogue war, stellte sich die Frage nach der Energiebilanz. Braucht es mehr Energie, um einen Liter Biotreibstoff herzustellen, als er dann erzeugt? Heute wäre es sinnvoll, genau zu berechnen, wie viel CO2-Ausstoss und andere Umweltbelastungen die Produktion und die Entsorgung von EV verursachen.

Es steht ausser Frage, dass Hybride und EV den Personenfahrzeugmarkt verändern werden. Dimension und Geschwindigkeit dieses Wandels sind jedoch nicht leicht vorauszusehen, da sie von vielen Faktoren beeinflusst werden.

Diese Revolution wird die Rohstoffmärkte, vor allem die Metallmärkte, zweifelsohne beeinflussen. Sie wird auch auf den Erdölmarkt Einfluss haben, jedoch weniger als auf die Märkte für Kupfer, Lithium, Kobalt usf.

Die IEA erwartet bis 2040 eine steigende Nachfrage nach Erdöl. Der Grund dafür ist der Gütertransport. Solange die Lastwagen mit Benzin und Diesel betrieben werden, dürften die Nachfrage nach Treibstoff sowie der entsprechende Abgasausstoss gegeben sein, bei wachsender Weltbevölkerung.