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Eine Replik auf Präsident Trumps Vorwürfe

Der amerikanische Präsident kritisiert den enormen deutschen Leistungsbilanzüberschuss und hält ihn für das Ergebnis einer deutschen Währungsmanipulation. Das kann so nicht stehen bleiben. Richtig ist, dass der Überschuss gross, ja zu gross ist. Falsch ist, dass er aufgrund deutscher Manipulationen zustande gekommen ist. Statt Deutschland zu kritisieren, sollte sich Amerika erst einmal an die eigene Nase fassen.

Mit einem Wert von 8% des BIP ist der deutsche Leistungsbilanzüberschuss in der Tat extrem hoch, und er wäre noch höher, wohl gut 10%, hätte Deutschland in den Jahren der Krise noch die Zinsen auf sein Nettoauslandvermögen verdient, die es zuvor im Jahr 2007 erhielt.

Der Überschuss ist, und hier hat Präsident Trump recht, dadurch zu erklären, dass Deutschland seine Waren extrem günstig verkauft. Der Euro ist nämlich gegenüber dem Dollar zu billig, und Deutschland ist gegenüber den Handelspartnern im Euro zu billig. Die Unterbewertung impliziert eine hohe Nachfrage nach deutschen Waren im Ausland und zugleich eine Zurückhaltung der Deutschen beim Import.

Deutschland ist um etwa ein Drittel unterbewertet

Der Euro steht derzeit bei etwa 1.07 $, während die OECD-Kaufkraftparität bei 1.29 $ liegt. Das impliziert eine Unterbewertung des Euros um 17%. Ferner ist Deutschland im Euro um 19% zu billig, wenn man eine Rechnung der volkswirtschaftlichen Abteilung von Goldman Sachs aus dem Jahr 2013 zugrunde legt und die inzwischen realisierte reale Aufwertung Deutschlands auf dem Wege einer leicht überdurchschnittlichen Inflation abzieht. Insgesamt bedeutet dies, dass Deutschland um etwa ein Drittel unterbewertet ist. Das Faktum als solches ist also nicht bestreitbar. Die Frage ist nur, wie es dazu gekommen ist.

Die Unterbewertung im Euro hat ihre Ursache in der inflationären Kreditblase, die bereits die Ankündigung des Euros beim Madrider Gipfel des Jahres 1995 auf dem Wege über dramatische Zinssenkungen auslöste. In Italien, Spanien und Portugal fielen die Zinsen gut 5 Prozentpunkte und in Griechenland gar etwa 20 Prozentpunkte, als klar war, dass auch dieses Land mitmacht. Der billige ausländische Kredit, den der Euro diesen Ländern brachte, ermöglichte es dem Staat und der Bauindustrie, Lohnerhöhungen zu finanzieren, die weit über den Produktivitätsfortschritt hinausgingen. Das trieb die Güterpreise in die Höhe und unterminierte die Wettbewerbsfähigkeit der Industrien dieser Länder. Deutschland, dessen Inflation wegen einer lang währenden Flaute gering blieb, wie es der Maastrichter Vertrag gebot, wurde dadurch relativ gesehen immer billiger.

Die Unterbewertung des Euros hat demgegenüber zwei Ursachen. Die eine liegt in der ultralockeren Geldpolitik der EZB, speziell ihrem QE-Programm, nach dem in drei Jahren für 2300 Mrd. € mit frisch gedrucktem Geld Wertpapiere im Euroraum gekauft werden. Ein Teil des vielen Geldes drängt ins Ausland und führt so zu einer Abwertung des Euros. Man muss zugeben, dass dies eine indirekte Währungsmanipulation ist. Zu bedenken ist aber, dass das QE und auch andere expansive Massnahmen der EZB von der Mehrheit des EZB-Rates gegen den erbitterten Widerstand der Deutschen Bundesbank beschlossen wurden. Deutschland selbst kann man dafür nicht verantwortlich machen.

US-Finanzsektor stärkt Dollar

Die andere Ursache der Unterbewertung des Euros liegt in den USA selbst. Mit dem Rückhalt des Dollars als Weltwährung hat es die amerikanische Finanzwirtschaft in den vergangenen Jahrzehnten geschafft, den Anlegern der Welt ein Potpourri an verlockenden Finanzprodukten anzubieten. Das trieb den Dollarkurs in eine Höhe, die die Wettbewerbsfähigkeit der Exportindustrie unterminierte, ähnlich wie es die Finanzprodukte der City of London über eine Pfundaufwertung in Grossbritannien taten, als die Mitgliedschaft in der EU noch nicht bestritten wurde.

Ökonomen sprechen hier von der Holländischen Krankheit, weil das Hochkommen der niederländischen Gasindustrie in den Sechzigerjahren zur Aufwertung des Guldens geführt und die Industrie dezimiert hatte. Ob ein Land Gas oder Finanzprodukte an den Rest der Welt verkauft, ist für die Effekte auf das verarbeitende Gewerbe ziemlich ähnlich. Insofern sollte Präsident Trump seinen Blick eher auf die Wallstreet als auf Deutschland richten, wenn er den hohen Dollarkurs beklagt, der Amerika so viele Jobs in der Industrie gekostet hat.

«Dummes» deutsches Geld

Dabei sollte der amerikanische Präsident auch bedenken, dass die verlockenden Finanzprodukte, die aus seinem Land kamen und der amerikanischen Exportindustrie zugesetzt haben, manchmal eher Mogelpackungen als seriöse Anlagetitel waren. Seine Vorgänger Jimmy Carter und Bill Clinton hatten die Broker mit ihrem Community Reinvestment Act veranlasst, den Armen des Landes mit grosszügigen Krediten zu Wohneigentum zu verhelfen, obwohl von vornherein klar war, dass diese Menschen diese Kredite nicht würden zurückzahlen können. Die Broker verkauften ihre Kreditforderungen an die Banken, und die verpackten sie geschickt in undurchsichtigen ABS-Papieren, die sie dann der ganzen Welt mit fingierten AAA-Ratings andrehten.

Als «Stupid German Money» belächelte die Wallstreet das Geld, das aus Deutschland kam, um die amerikanische Sozialpolitik zu finanzieren. Der Schwindel flog in der Finanzkrise auf. Bereits 2010 musste der deutsche Staat seinen Banken mit 280 Mrd. € bei der Gründung zweier Bad Banks zur Seite springen, die diese problematischen Finanzprodukte aus Amerika dann aufnahmen. Ein erheblicher Teil der vielen Porsche, Mercedes und BMW, die nach Amerika geliefert wurden, ist so gesehen gar nicht bezahlt worden. Das sollte der neue amerikanische Präsident bedenken, bevor er einen Handelskrieg vom Zaun bricht oder auch nur über Twitter ungerechtfertigte Anschuldigungen gegen andere Länder verbreitet.

Copyright: Project Syndicate.

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