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Doppeltes Versorgungsproblem

Seit das erste Paket der Energiestrategie 2050 vom Volk angenommen wurde, ist zumindest das Thema Elektrizität aus den Schlagzeilen verschwunden. Es hat anscheinend an Brisanz verloren. Das allerdings zu Unrecht: An sich bekannte, aber stets unterschätzte Probleme haben an Virulenz gewonnen.

Voraussetzung für eine sichere Stromversorgung ist ein stabiles und effizientes Stromnetz – ein vernachlässigter Faktor. An einer gemeinsamen Veranstaltung des Think Tank Avenir Suisse sowie der Netzgesellschaft Swissgrid wurde dies deutlich. Wie Jörg Spicker, Senior Strategic Advisor bei Swissgrid, dieser Tage darlegte, wird die Schweiz schleichend aus dem europäischen Netzverbund hinausgedrängt. Dahinter steht die Tatsache, dass die Schweiz kein Stromabkommen mit der EU hat. Voraussetzung dafür ist ein institutionelles Rahmenabkommen.

Das hat zur Folge, dass die Schweiz von EU-internen Massnahmen zur Sicherung der Netzstabilität immer mehr ausgeschlossen ist. Das kann höchstens über privatrechtliche Verträge mit einzelnen Ländern kompensiert werden. Gemäss Spicker ist das aber sehr aufwendig und ineffizient. In einem mittel- und längerfristigen Horizont kann die Netzstabilität nur im europäischen Kontext gewährleistet werden.

Das zweite, noch heiklere Problem ist dasjenige der Erzeugungskapazitäten. In der Schweiz wird zum Jahresende das Kernkraftwerk Mühleberg vom Netz genommen. Obwohl Mühleberg «nur» knapp 5% zur schweizerischen Stromproduktion beiträgt, wird es nicht möglich sein, die wegfallende Kapazität mit Sonnen- und Windstrom zu kompensieren. Es bleibt der Weg über den Import.

Dieser dürfte über die nächsten zwei bis drei Jahre noch funktionieren. Danach wird es schwierig: Spätestens 2022 nimmt Deutschland seine verbleibenden sieben Kernkraftwerke vom Netz; gleichzeitig will das Land aus der Kohle aussteigen. Es sind schon Studien erstellt worden zur Versorgungssicherheit mit Strom (Universität Stuttgart) bzw. zur Möglichkeit von Stromimporten für die Versorgung von Deutschland (Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft).

Auch Frankreich will seinen Kraftwerkspark in den Bereichen Atom und Kohle reduzieren. Diese zwei Länder sind die wichtigsten Stromlieferanten der Schweiz. Ihre Lieferbereitschaft dürfte schon sehr bald markant eingeschränkt sein. Diese keineswegs unbekannten Probleme sind von der ehemaligen Bundesrätin Doris Leuthard und ihrem Bundesamt für Energie (zu) lange ignoriert worden. In der Folge interessierte sich auch die Politik kaum dafür.

Es gibt immerhin einen Hoffnungsschimmer: Die Kommission für Umwelt, Raumplanung und Energie des Ständerats ist hellhörig geworden. In einer Motion verlangt sie vom Bundesrat darzulegen, wie die Versorgungssicherheit mit Strom gewährleistet werden kann. Die Sensibilisierung für das Problem kommt spät. Massnahmen zur Sicherstellung der Produktion im Inland müssen sofort in die Wege geleitet werden.