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«Die Titel von Roche sind viel zu günstig»

«Zwar wird Roche in den nächsten Jahren ein unterdurchschnittliches Wachstum erzielen, die Bewertung ist aber so günstig, dass sich der Kauf auf die lange Sicht lohnen dürfte», sagt Birgit Kulhoff.

Frau Kulhoff, welcher Healthcare-Sektor ist derzeit besonders attraktiv? - Medtech ist momentan klar der interessanteste Bereich innerhalb von Healthcare. Die Branche hat seit Anfang dieses Jahres alle anderen Bereiche im Sektor geschlagen. Am deutlichsten zeigt sich das gegenüber den grossen Pharmakonzernen, die derzeit eine unterdurchschnittliche Performance aufweisen.

Wo sehen Sie besonders attraktive Unternehmen im Bereich Medtech? - Wir bevorzugen Gesellschaften, die eine sehr gute Marktposition haben oder aber breit abgestützt sind. Darunter fallen unter anderem der amerikanische Produzent von Schlafapnoegeräten Resmed oder der dänische Hörgerätehersteller GN Store Nord. Beide haben nur wenige Konkurrenten und gleichzeitig ein innovatives Produktportfolio. Auch die breit aufgestellten Konzerne Baxter und Becton Dickinson aus den USA gefallen uns.

Innovative Hörgerätehersteller gibt es auch in der Schweiz. Warum GN Store Nord und nicht Sonova? - Die Produktpalette von GN Store Nord ist unserer Ansicht nach interessanter. Auch investiert GN Store Nord nicht in Verkaufsstellen, wie Sonova das tut. Mittel- bis langfristig werden die Hörgerätekunden von den Akustikern online betreut werden. GN Store Nord ist da Pionier.

Wie können Anleger neben Medtech die Unterperformance von Big Pharma kompensieren? - Neben Medtech sehen wir Chancen bei Healthcare-IT-Unternehmen wie Cerner aus den USA, bei Spezialpharma wie Grifols aus Spanien, bei Tierarzneiherstellern wie Zoetis aus den USA oder Pharmazulieferern wie Siegfried aus der Schweiz.

Weshalb Siegfried und nicht die weitaus grössere Konkurrentin Lonza? - Siegfried sind günstiger bewertet als Lonza. Ausserdem sehen wir bei Lonza gewisse Risikofaktoren.

Welche sind das? - Wir befürchten, dass aufgrund der laufenden Restrukturierungen und einer flexibler gestalteten Produktion die Kunden biotechnologische Wirkstoffe künftig wieder vermehrt selbst produzieren könnten.

Siegfried stellt chemische Präparate her. Dort ist der Preisdruck seit langem noch viel grösser. - Die Gesellschaft ist längst so aufgestellt, dass sie mit dem verschärften Wettbewerb umgehen kann. Sie hat zum Beispiel in den letzten Jahren ihre Wertschöpfungskette mit Rückwärtsintegration und mit Spezialdienstleistungen erweitert, die nicht jeder Pharmazulieferer anbieten kann.

Weshalb entwickeln sich die Aktien von Big Pharma so schlecht? Noch nie gab es im Sektor mehr Innovation als heute. - Das Problem liegt im Sentiment. Solange US-Präsident Donald Trump öffentlichkeitswirksam die Medikamentenpreise kritisiert, bleiben Anleger verunsichert.

Ist die Gefahr von tieferen Medikamentenpreisen in den USA real? - Bislang ist nichts passiert. Zwar deuten die Reformen darauf hin, dass die Listenpreise sinken. Dafür werden dann aber einfach die Rabatte kleiner. Für die Arzneimittelhersteller bleibt unter dem Strich gleich viel übrig wie vorher.

Ist die tiefe Bewertung der Aktien der grossen Pharmakonzerne für Anleger mit einem langfristigen Horizont folglich eine gute Kaufgelegenheit? - Nach den US-Zwischenwahlen im November dürfte sich die Stimmung bessern, und dann könnten die Valoren von grossen Pharmakonzernen wieder interessant werden.

Was sind Ihre Favoriten? - Kurzfristig bevorzugen wir Titel, die weniger von der Preisdiskussion betroffen sind, wie Grifols, Jazz Pharmaceuticals oder Novo Nordisk. Sie alle sind allerdings nicht mehr günstig. Mittelfristig sind auch Roche oder GlaxoSmithKline wegen der tiefen Bewertung interessant.

Roche steht vor dem Ablauf des Patents der drei bislang wichtigsten Medikamente. Weshalb also Roche? - Wir halten die Angst vor Umsatzrückgang für übertrieben. Zwar wird Roche in den nächsten Jahren ein unterdurchschnittliches Wachstum erzielen, die Bewertung ist aber so günstig, dass sich der Kauf auf die lange Sicht lohnen dürfte.

Was halten Sie von Novartis, die ja ähnliche Probleme plagen? - Auch bei Novartis rechnen wir damit, dass der Umsatz trotz dem Ablauf des Patents eines wichtigen Medikaments 2019 weiter leicht, aber unter dem Markt zulegen wird. Doch anders als bei Roche ist das längst in der Bewertung abgebildet.

Bringt die Abspaltung von Alcon Ihrer Sicht nach nicht neuen Schwung in die Titel von Novartis? - Mit Sicherheit wird diese Transaktion ab Mitte 2019 sowohl eine bessere Fokussierung auf ihre Kernkompetenzen als auch eine einfachere Kapitalallokation für die Forschungsprojekte  ermöglichen, aber auch das – wie auch der Aktienrückkauf – ist im Kurs eskomptiert.

Novartis setzt verstärkt auf neue Technologien wie die Gentherapie und erhofft sich so eine Vielzahl neuer Blockbuster. Ist das realistisch oder Utopie? - Das wird sich zeigen. Es gibt durchaus auch altbewährte chemische oder biologische Ansätze in der Medizin, die eine ähnliche Effizienz zeigen oder zukünftig zeigen könnten.

Dann also auch aus dieser Sicht eher die Genussscheine von Roche? - Aus unserer Sicht ist der Ansatz, den Roche verfolgt, weniger risikobehaftet, verspricht ähnlich hohe Wirkraten und bleibt deshalb sinnvoll.

Big Pharma hat es an der Börse schwer. Was ist mit den grossen Biotech-Konzernen, die ja mittlerweile ein ähnliches Risikoprofil wie die grossen Arzneimittelhersteller haben? - Unternehmen wie Celgene oder auch Gilead sind heute unglaublich günstig. Gleichzeitig sind die Wachstumsraten zum Teil sogar höher als bei Big Pharma. Doch auch die grossen Biotech-Gesellschaften leiden unter der Rhetorik von US-Präsident Trump.

Also sind diese Titel für langfristige Investoren ein Kauf? - Auch hier drängt sich der Einstieg erst nach den US-Wahlen auf. Aber Valoren wie Gilead oder Biogen sind für uns mit Blick auf 2019 ein Kauf.

Welche Aktien sollten Anleger halten, die mutig sind und ihrem Portfolio kleinere Risikowetten hinzufügen möchten? - Die Aktien von Galapagos aus den Niederlanden oder auch Genmab aus Dänemark sind spannend. Beide verfügen über eine Vielzahl an Produkten in der späten Entwicklung. Genmab hat sogar bereits ein Produkt auf dem Markt.

Was ist mit Idorsia, die ebenfalls über eine breit gefächerte Pipeline verfügt? - Idorsias Produktportfolio ist auch vielversprechend, aber das ist in der Bewertung schon voll eskomptiert. Und Galapagos könnte in diesem Jahr mehr Momentum haben wegen des erwarteten klinischen Newsflow.

Lohnt es sich, wegen der gegenwärtig bestehenden Übernahmefantasie im Biotech-Sektor vermehrt auf die kleinen Biotech-Titel zu setzen? - Ich halte diese Strategie für gefährlich. Weltweit beklagen sich die grossen Pharmakonzerne derzeit über die zu hohen Preise, die für  Akquisitionsobjekte gefordert werden. Das bedeutet, dass in vielen Papieren bereits eine Übernahmeprämie eingerechnet ist.

Die Aktien von Generikaherstellern haben in den letzten Jahren stark gelitten. Wie sieht es dieses Jahr aus? - Der Preisdruck bei den Generika in Nordamerika hat deutlich abgenommen, da die Zulassungen zurückgegangen sind. Aktien von Generikaherstellern sind heute durchaus wieder interessant.

Welche Generikawerte ziehen Sie vor? - Das sind vor allem Unternehmen, die spezialisierte Generika herstellen. Interessant sind beispielsweise Fresenius aus Deutschland mit ihrer Tochter Fresenius Kabi, Hikma aus Grossbritannien oder auch Mylan aus den USA.