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Die Huawei-Bedrohung

Falls es den Prototyp eines modernen chinesischen Unternehmens gibt, dann ist es Huawei. Moderne chinesische Staatsbetriebe ähneln kaum den stereotypen sowjetischen Verwaltern von Engpässen, die man aus der Geschichte kennt; mit den sowjetischen Staatsbetrieben haben sie nur ihren staatlichen Eigentümer und das Ziel der Steigerung des nationalen Ruhms gemeinsam. Die Inkarnation des chinesischen Staatskapitalismus des Jahres 2019 verfügt dagegen über all das Drumherum, das das moderne Finanzsystem bietet.

Obwohl Konzernvertreter in Interviews wiederholt erklärt haben, dass Huawei eine private Gesellschaft sei, steht sie tatsächlich im Besitz einer öffentlichen Organisation der Kommunistischen Partei Chinas. Eigentümerin von Huawei ist eine Gewerkschaft unter dem Dachverband der All China Federation of Trade Unions (ACFTU). Diese wird als öffentliche Organisation eingestuft, deren Rechtsstatus demjenigen der Kommunistischen Jugendliga ähnlich ist und die beträchtliche staatliche Mittel erhält.

Der Chef der ACFTU ist ein mächtiger Gefolgsmann von Präsident Xi Jinping. Er kam erst vor einem Jahr aus der Provinz Sichuan nach Peking. In Sichuan half er, Ordnung wiederherzustellen, indem er einen innerparteilichen Machtkampf bereinigte. Der Gewerkschaftsbund, dem Huawei letztlich gehört, ist eindeutig eine wichtige Organisation für die mächtigste Person in Peking.

Ebenso bedeutend ist die lange Geschichte illegalen und unethischen Verhaltens von Huawei. Wenn Regierungen an die Verletzung von Rechten an geistigem Eigentum denken, dann ist Huawei der Prototyp. Das reicht von der Hilfe für Taliban bis hin eben zum zügellosen Diebstahl geistigen Eigentums. Am Ende enthielt die Software sogar Programmierfehler der Firmen, von denen sie gestohlen wurde. Diebstahl war so weit verbreitet und wurde von oben so sehr erwünscht, dass man ganze Abteilungen und Bonussysteme bei Huawei installierte, um dieses Verhalten zu fördern.

Finanziert von der Staatsbank

Was Washington und weitere Regierungen wie etwa diejenigen von Australien und Kanada mehr besorgt, sind jedoch die Verbindungen zwischen Huawei und dem chinesischen Staat. Sie reichen von der Finanzierung bis zur Informationsgewinnung. Die China Development Bank, eine Entwicklungsbank mit politischen Vorgaben, fördert Projekte zur Erreichung politischer Ziele der KP Chinas.

Die Bank hat seit dem Jahr 2000 viele grosse Kredite an Huawei vergeben, die oftmals ein Vielfaches des deklarierten Umsatzes des Konzerns ausmachten. Käufer von Huawei-Produkten erzählen Geschichten von Bankiers, die Finanzierungen bereitstellen, ohne dabei Fragen zu stellen. Huaweis Wachstum lässt sich nicht von den Geldströmen der KP trennen.

Am besorgniserregendsten sind jedoch die Verbindungen zwischen Huawei und dem chinesischen Militär sowie dem Geheimdienst. Sie reichen von den Anfängen des Unternehmensgründers Ren Zhengfei als höherer Offizier der Volksbefreiungsarmee über das Führungspersonal, Joint Ventures mit militärischen Industrieunternehmen bis hin zu Forschungsverbindungen zwischen Huawei und verschiedenen Bereichen der Armee. Schon jetzt ist Huawei ein wichtiger Nutzniesser der Ausgaben für die Sicherheit in Xinjiang. In der westchinesischen Provinz werden 1 bis 2 Mio. Muslime inhaftiert. Huawei ist praktisch ein Zweig des chinesischen Militärs und des Geheimdienstes.

Während die Welt sich bemüht, Hintertüren in Produkten von Huawei zu finden, die vielleicht vom chinesischen Geheimdienst verwendet werden können, ist die Realität viel einfacher. Huawei-Netzwerke und -Geräte benötigen keine Hintertüren, da die Fenster weit geöffnet sind und der Schlüssel in der Tür steckt.

Das britische Huawei Oversight Board hat ausdrücklich darauf hingewiesen, dass es Huawei über das vergangene Jahrzehnt gedrängt hat, eklatante strukturelle Sicherheitsprobleme anzugehen. Huawei hatte immer wieder versprochen, die Probleme zu lösen. Doch jüngst hat das Unternehmen erklärt, dass es fünf bis zehn Jahre dauern würde, die Sicherheitslücken zu beheben.

Der Widerspruch trifft den Kern des Problems. Der Konzern möchte, dass man ihn für intelligent und innovativ genug hält, alle paar Monate ein Netzwerk aufbauen zu können, das höchsten Ansprüchen genügt, dass er zudem mit einer enormen Anzahl von Patenten und Smartphones auftreten kann.

Gleichzeitig braucht er jedoch zehn bis zwanzig Jahre, um grundlegende Sicherheitsmängel zu beheben. Es kann nicht zugleich beides wahr sein. Huawei ist entweder mitschuldig an der Ausspähung oder aber monumental inkompetent und profitiert dazu von gestohlener Forschung.

Huawei verleitet in ihrer Propagandakampagne sogar dazu, klares chinesisches Recht zu ignorieren. Chinas Geheimdienstgesetz verlangt von jeder Gesellschaft, dass sie das Sammeln von Informationen unterstützt, wenn sie von den Behörden dazu aufgefordert wird.

Dies ist keine Spekulation – im Gesetz von 2017 heisst es, dass chinesische Unternehmen verpflichtet sind, «die staatliche nachrichtendienstliche Arbeit zu unterstützen, ihr zu helfen und mit ihr zusammenzuarbeiten», und zwar nicht nur in China, sondern auf der ganzen Welt. Huawei sagte zwar dazu, sich einer solchen Zusammenarbeit zu verweigern, doch das ist unsinnig, weil das Unternehmen enge Verbindungen zur Kommunistischen Partei und zum Staat hält.

Kein Zugriff für den Unrechtsstaat

Abgesehen von der Frage, ob Huawei Strafen für frühere Verstösse erhalten sollte und ob sie sich an eine Vereinbarung halten würde, diese Probleme anzugehen, ist zu diskutieren: Sollte Huawei bzw. China die Möglichkeit gegeben werden, die sensibelsten nationalen Sicherheits-, Unternehmens- und personenbezogenen Daten eines Landes zu übermitteln?

Dieser Konzern hat enge Verbindungen zu chinesischen Spionagetätigkeiten, gewährt Boni für Diebstahl und zeigt sich unfähig, grundlegende Sicherheitsmängel zu korrigieren. Er prosperiert unter einer Regierung, die von Unternehmen verlangt, dass sie weltweit ihre Geheimdienstaktivitäten unterstützen, und die Konzentrationslager betreibt.

Es erscheint daher problematisch, wenn andere Staaten Huawei in den Kernbereichen ihrer Telekommunikationsindustrie zulassen. Es sollte auch nicht überraschen, dass Länder, die ihre Netzwerke auf Basis von Huawei-Produkten aufbauen, dazu tendieren, viel autoritärer zu sein und sich für Unterdrückung und Überwachung einzusetzen.

Es gibt berechtigte Fragen, ob der Bann durch die Trump-Regierung zu hart ist und ob er den besten Ansatz darstellt. Ausserdem ist zu diskutieren, wie man andere Netzwerkanbieter unterstützen kann, um positive Veränderungen zu erreichen. Doch es sollte absolut keinen Zweifel an der Bedrohung geben, die Huawei für andere Länder darstellt.  Die Fakten widerlegen klar jede Argumentation, dass Huawei bloss ein privates Unternehmen ist, das auf dem Weltmarkt einfach mit seinen eigenen Wettbewerbsvorteilen konkurriert.

Während die Kommunikation der Trump-Regierung so schlecht war wie die Huawei-Propaganda unglaubwürdig, sind die öffentlich dokumentierten Fakten über das Verhalten des Unternehmens und die mit ihm verbundenen Risiken klar, bekannt und signifikant. Jedes Land, das Huawei in sein Netzwerk aufnimmt, kann nicht mehr auf Unwissenheit plädieren, sondern akzeptiert bewusst die Risiken der Zusammenarbeit mit Huawei und Chinas Nachrichtendiensten. Man sollte sorgfältig abwägen, ob man diese Gefahr eingehen will.