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«Der Pharmasektor wird unterschätzt»

«Roche ist unter den drei Riesen der Schweiz aktuell die beste Wahl.»

Herr Häusler, wie schätzen Sie die Lage auf den Finanzmärkten ein? - Eigentlich sind wir in einer guten Situation. Wir haben ein stabiles Wachstum, die Inflation ist unter Kontrolle. Viele Konjunkturindikatoren scheinen zu drehen, und die Hoffnung auf eine neue Erholung keimt. So zieht die Geldmenge in vielen Ländern an, was auf eine wachsende Kreditvergabe hinweist. Getrieben von der Erholung in China profitiert besonders Asien. In den USA symbolisiert 2-2-2 die optimale Situation: 2% Wachstum, 2% Inflation und 2% Zins. In einem solchen Umfeld kann man die zusätzlichen US-Zölle auf Güter aus China gut verdauen.

Hilft die US-Notenbank der Erholung an den Märkten? - Die Notenbanken stehen den Märkten nicht mehr im Weg. Sie bieten aber kaum zusätzliche Unterstützung. Das Fed reagiert auf die Wirtschaftslage sehr rational und sieht im Moment wenig Grund, an der Geldpolitik etwas zu verändern.

Wie sieht es bei den Unternehmen aus? - Die Aussichten für die Unternehmensgewinne sind mit einem erwarteten Anstieg von 4% global für dieses Jahr gering. Normalerweise sinken die Gewinnerwartungen im Jahresverlauf. Aber nachdem sie Anfang Jahr stark zurückgenommen wurden, hellt sich die Lage jetzt auf. So haben viele Unternehmen die Analystenschätzungen übertroffen. Die Berichtssaison verläuft eigentlich ganz gut.

Könnte eine Eskalation des Handelskriegs Ihre Einschätzung verändern? - Die Einführung von Zöllen durch Präsident Trump ist schmerzhaft, aber kein Game Changer. Den Konsumenten und dem Dienstleistungssektor geht es gut, nur die Industrie schwächelt noch immer. Das sieht man an den Detailantworten zu den Umfragen für die Einkaufsmanagerindizes. Die US-Unternehmen beklagen sich schon, dass ihre Lieferketten unterbrochen sind oder gar zerstört wurden.

Wie wirken die neuen Zölle auf die Märkte? - Neben Volatilität ist der wichtigste Effekt die Aufwertung des Dollars. Dagegen hat man ja am Markt angenommen, dass die Dollarstärke ihren Zenit überschritten hat. Eine starke US-Währung hat Einfluss auf sehr viele Anlageklassen – das würde besonders die Rohstoffe und die Schwellenländer belasten. Bei Gold ist es nicht so klar, hier kommt es darauf an, ob seine Funktion als Absicherung oder seine Sensitivität zum Dollar überwiegt.

Und wie ist die wirtschaftliche Auswirkung? - Im schlimmsten Fall könnten die Zölle das US-Preisniveau zusätzlich bis zu 2 Prozentpunkte erhöhen, wenn alle Massnahmen, die im Raum stehen, umgesetzt werden. Das wäre ein sehr grosser Effekt: Die bisherigen Zölle hatten eine Erhöhung von nur 1 Prozentpunkt zur Folge – inklusive der gerade implementierten Zölle von letzter Woche. Die Wirtschaftsleistung in den USA würde nach unserer Berechnung um zusätzliche 0,7% belastet werden. Dieser potenzielle Schaden an der Wirtschaft ist an den Märkten noch nicht eingepreist.

Was sehen Sie noch für Risiken? - Neben den Problemen der Industrie und dem zurückgehenden Volumen im Welthandel ist der Ölpreis ein Risikofaktor. So wird das Angebot an Öl wegen Beschränkungen in den Förderländern Venezuela, Iran und Libyen zurückgehen. Es kommt darauf an, ob die Opec und Russland als Reaktion ihre Förderung ausweiten. Wir erwarten zwar, dass sich der Ölpreis zwischen 70 und 75 $ je Fass bewegen wird. Aber es wäre für den Finanzmarkt ein grosser Schock, würde der Preis beispielsweise über 100 $ steigen.

Aber falls sich die Risiken nicht materialisieren, sind Aktien eine gute Wahl? - Wir sind gegenüber Aktien neutral, allein schon weil die Kurse seit Anfang Jahr im historischen Vergleich sehr gut gelaufen sind. Das macht es aus technischer Sicht unwahrscheinlich, dass dieses Jahr noch viel Performance kommen wird. Wenn man den Kursgewinn seit Anfang Jahr extrapoliert, wird man enttäuscht sein. - Kann man als Anleger darauf setzen, dass sich das Fed gegen Börseneinbrüche stellt? - Die US-Notenbank reagiert nur indirekt auf die Börse. Sie hat zwei Mandate: die Inflation, die im Moment in der Nähe der Zielmarke notiert, und die Arbeitslosigkeit, die wohl etwas überschiesst.

«Wir sind in einer guten wirtschaftlichen Situation. In solch einem Umfeld kann man die Zölle gut verdauen.»

Die Stimmung an den Börsen spielt insofern eine Rolle, dass in einem fragilen Umfeld fallender Kurse die Unternehmen präventiv mit Entlassungen und Verzögerungen bei den Investitionen reagieren. Aber für das Fed wäre es kein Problem, falls die Aktienkurse nur noch seitwärts tendieren.

Wie entwickelt sich die US-Geldpolitik? - Angesichts des letzten Protokolls des geldpolitischen Komitees FOMC rechnet der Markt mit einer geringen Chance für eine Zinssenkung. Eskaliert der Handelskrieg nicht und stabilisiert sich die Weltwirtschaft, ist eine Zinserhöhung zwar immer noch nicht das Hauptszenario – aber wahrscheinlicher als eine Zinssenkung.

Sie sind neutral in Aktien positioniert – welche Anlageklassen bevorzugen Sie? - Schwellenländeranleihen in Hartwährungen bieten ein diversifiziertes Universum an Emittenten und bringen mehr Rendite als die Staatsanleihen von Industrieländern. Sie würden anders als die Anleihen in Lokalwährungen nicht so stark unter Druck geraten, falls sich der Dollar bei einer Eskalation des Handelskriegs aufwertet. Angemessen bewertet sind Unternehmensanleihen mit Investment Grade.

Sie mögen Schwellenländeranleihen, aber nicht die dortigen Aktien? - Die Aktien in den Schwellenmärkten sind in Hartwährung in den vergangenen Monaten schlechter gelaufen als die der entwickelten Länder. Der Bewertungsabschlag zu den Börsen in den Industrieländern ist im Moment dennoch nicht gross genug. Sollte der Dollar schwächer werden, sind Schwellenländeranleihen die bessere Möglichkeit, davon zu profitieren.

Wie stehen Sie zu Hochzinsanleihen? - Es spricht im Moment nichts dafür, dass die Qualität der Gläubiger von hochverzinslichen Anleihen zurückgeht. Das sieht man an der weiterhin guten Coverage Ratio – dem Verhältnis von Unternehmensgewinnen auf Stufe Ebit zu den Zinsaufwendungen.

Finden Sie am Aktienmarkt bestimmte Sektoren noch interessant? - Ja, so wird der Pharmasektor unterschätzt. Die Angst vor geringeren Margen wegen der Erwartung einer US-Gesundheitsreform drückt die Stimmung. Das ist einer der wenigen Punkte, bei dem Demokraten und Republikaner grob übereinstimmen. Aber der regulatorische Druck wurde in der Vergangenheit oft überschätzt. So wurden die Gewinnerwartungen von Roche in den letzten Monaten stetig angehoben. Gleichzeitig ist die Dividende sicher. Damit ist Roche unter den drei Riesen der Schweiz aktuell die beste Wahl. Ausserhalb des Pharmasektors ist im Schweizer Markt Partners Group eine attraktive Aktie.

Die Investmentgesellschaft Partners Group ist mit einem KGV von über 20 aber teuer. - Der Titel ist nicht günstig, bietet jedoch starkes Wachstum mit gleichzeitig ausgezeichneter Qualität. Die Private-Equity-Fonds bieten auf lange Sicht eine stabile Rendite. In der Vergangenheit haben die niedrigen Zinsen dem Geschäftsmodell sehr geholfen. Wir erwarten keine schnellen Zinserhöhungen, die Private Equity unter Druck bringen könnten. Dagegen werden wir unser Engagement in schweizerischen Immobilienfonds wohl zurückfahren. Die Aufschläge zum inneren Wert, Agio, waren Anfang Jahr noch tief. Jetzt erscheinen die Fonds nicht mehr so günstig.

Gibt es weitere gute Gelegenheiten? - Wir sind für Aktien insgesamt zwar neutral eingestellt, positionieren uns aber im Aktienuniversum gezielt eher Risk on, wir setzen auf Risikoappetit. Dazu passt, dass wir Energietitel übergewichten. Neben dem hohen Ölpreis sprechen für die Valoren ihre gute Bilanz und der starke Cashflow.

Wie stehen Sie zu den Technologieriesen wie Apple und Google? - Im Gegensatz zu Hardware- und Halbleiterfirmen verdienen Software- und Internetunternehmen weiterhin sehr gut. Sie schütten einen grossen Teil der Einnahmen an die Aktionäre aus – über riesige Aktienrückkäufe und Dividenden wie bei Apple oder Microsoft. Beachten muss man, dass das Wachstum mit der Unternehmensgrösse zwangsläufig zurückgeht. Amazon und Google wachsen noch, aber prozentual deutlich langsamer als früher.

Sollte man für Wachstumstitel die Welle von Neukotierungen in den USA mitreiten? - Es gibt viel kurzfristiges Geld, das in die IPO fliesst – das führt zu Übertreibungen und teils Enttäuschungen wie bei Lyft. Nur ein Fünftel der Börsenneulinge macht überhaupt Gewinn. Man muss sich nur die Risiken anschauen, gemäss den bei der SEC eingereichten Unterlagen: Lyft fürchtet etwa, dass das Geschäftsmodell niemals Gewinn abwerfen könnte.