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«Der Franken ist stark überbewertet»

«Wir erwarten, dass sich der Franken stabilisiert und der Euro sich in den nächsten Jahren wieder auf 1.20 oder 1.30 Fr. aufwertet», sagt Ulrich Stephan, Chefstratege Privat- und Firmenkunden Deutsche Bank.

Ulrich Stephan legt als Global Chief Investment Officer in der Deutschen Bank die Eckpunkte der Anlagestrategie für die weltweiten Privat- und Firmenkunden fest. «Finanz und Wirtschaft» erklärt er, warum er trotz Frankenstärke für Schweizer Exportunternehmen zuversichtlich ist und warum er Immobilien in der Schweiz günstig findet.

Herr Stephan, einige Banken prognostizieren einen Eurokurs von deutlich unter Parität zum Franken. Was erwarten Sie? - Der Franken ist auf Paritätsniveau überbewertet. Wir erwarten, dass er sich stabilisiert und der Euro sich in den nächsten Jahren wieder auf 1.20 oder 1.30 Fr. aufwertet. Die akute Konjunkturschwäche in der Schweiz und die Anleiherenditen, die im negativen Bereich liegen – bis hin zu zehnjährigen Bundesobligationen –, sprechen nicht für eine stärkere Währung.

Wie reagiert die Schweizer Konjunktur? - Die Kof der ETH prognostiziert eine Rezession von 0,5% für das Gesamtjahr, was ich allerdings für übertrieben halte.

Ist die Frankenaufwertung ein Indikator für die Tiefe der Probleme in der Eurozone? - Nein. Die Schweiz ist aus unserer Sicht ein Sonderfall. Die Eurozone hat Chancen über Strukturreformen, die von der EZB begleitet werden müssen. Jetzt sind die Euromitgliedstaaten und die Politik gefragt. Ich halte es nicht für ausgeschlossen, dass die notwendigen Reformen gelingen. Zentral sind für mich Italien und Frankreich. Aus Griechenland war teils Irritierendes zu hören, nun sind die Töne versöhnlicher. Die EZB muss diesen Prozess aber begleiten, um allzu starke Wachstumseinbussen abzumildern.

Wird sich die Schweiz also nicht mit einer anhaltenden Frankenaufwertung auseinandersetzen müssen? - Eher nicht. Die starke Überbewertung dürfte sich über die nächsten Jahre verringern.

Derzeit werden Lohnsenkungen diskutiert. - Es ist darauf zu achten, dass nicht Deflation entsteht. Wegen der billigeren Importe gibt es ja bereits eine Disinflation. Werden Löhne und Preise gekappt, fällt die Teuerungsrate tief in den negativen Bereich.

Was erwarten Sie vom Aktienmarkt? - Er hat heftig reagiert, die Gewinnprognosen gehen nach unten, und für einige Unternehmen wird die Frankenaufwertung kurzfristig starke Effekte haben. Die Gewinnschätzungen für den SMI signalisieren aber immer noch 10% Wachstum.

War die Reaktion zu heftig? - Die grossen Anleger orientieren sich derzeit noch neu. Mein Eindruck ist, dass die Schweizer Unternehmen sehr schnell reagiert haben, was ihre Kostenbasis betrifft. Auch die Produktqualität spricht für sie. Darum erwarte ich eine Erholung, auch wenn der Aktienmarkt im Vergleich nicht gerade günstig bewertet ist. Schweizer Aktien gelten als sicherer Hafen. Ich denke, die Unternehmen schaffen es, mit der Situation umzugehen.

Empfehlen Sie den Kauf von Schweizer Vermögenswerten? - Ich würde grosse, international diversifizierte Unternehmen bevorzugen, die stark im Export sind und eine breite Produktionsbasis im Ausland haben. Da ich eine Währungsabschwächung erwarte, spricht kurz- bis mittelfristig nicht viel dafür, solche in der Schweiz zu kaufen. In Aktien kann man vorsichtig investieren. Und im Verhältnis zum verfügbaren Einkommen ist der Immobilienmarkt nicht teuer.

Gerade die Immobilienpreise haben in den vergangenen Jahren massiv angezogen. Wie können Sie da von günstig sprechen? - Unseren Berechnungen zufolge ist der Schweizer Markt nach Japan, Korea, Griechenland, Deutschland und den USA unterdurchschnittlich teuer. Im Durchschnitt liegen die Schweizer Hauspreise im Verhältnis zum Einkommen 8% unter dem historischen Durchschnitt und im Verhältnis zur Miete 1% darüber(Anm. der Red: vgl. Grafik, Quelle: Deutsche Bank).

Hat die Änderung im Währungsgefüge auf den Goldpreis eine Auswirkung? - Kaum. Gold ist eine Krisenwährung. Die Zukunft ist zwar nicht rosig, aber wir erwarten eine graduelle weitere Erholung der Wirtschaft und sehen keine Notwendigkeit, in Gold zu investieren.