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Der Chart des Tages

Nach seiner Rede auf der EZB-Konferenz im portugiesischen Sintra am Dienstag hat Mario Draghi genau das bekommen, was er wollte: Die Zinserwartungen der Märkte entwickelten sich so, wie es der Chef der Europäischen Zentralbank gerne hätte.

Aus Terminkontrakten (Eonia datiert auf die Sitzungstermine der Notenbank) lässt sich ablesen, dass Anleger nun eine Senkung des Einlagensatzes von –0,4 auf –0,5%, also um 10 Basispunkte, bereits komplett im September vorwegnehmen.

Enorme Veränderung der Zinserwartungen

Wie enorm die Erwartungen sich verändert haben, zeigt sich darin, dass dieser Schritt einen Tag zuvor noch für das Frühjahr 2020 «eingepreist» wurde, wie es im Jargon der Marktteilnehmer heisst. Damit wird klar, dass die Märkte nun endlich einmal dem folgen, was die Notenbanker ihnen vorgeben – die Zentralbanker sind nun «ahead of the curve», wie es ebenfalls im Jargon heisst. Davon konnten Beobachter mindestens seit Ende 2018 nicht mehr ausgehen, seitdem wirken die Währungshüter in Europa und in den USA wie Getriebene der Märkte.

Draghi hat in seiner Sintra-Rede den Zeitablauf erheblich gestrafft, in dem der EZB-Rat über weitere Lockerungsschritte nachdenken wird: Neben Zinssenkungen sind Anleihenkäufe im Gespräch oder eine weitere Verschiebung der Leitlinie für die Zinsentwicklung (Forward Guidance), die aktuell bis Mitte 2020 niedrige Leitzinsen in Aussicht stellt.

Zudem machte der EZB-Präsident klar, dass die Schritte aus seiner Sicht gemacht werden könnten, wenn sich keine Besserung der Konjunkturaussichten einstellt – vor zwei Wochen hiess es noch, dass sich dafür die Lage weiter verschlechtern müsste.

Die Strategie des EZB-Chefs ergibt dann Sinn, wenn der aktuelle scharfe Rückgang der marktbasierten Inflationserwartungen (auch sie haben sich erholt seit der Rede, von 1,1 auf fast 1,24%) allein mit der Verunsicherung durch den Handelskrieg erklärt werden kann. Tatsächlich gibt es Hinweise, dass die deutsche Volkswirtschaft in der zweiten Jahreshälfte noch die Kurve kriegt und von einer Industrierezession verschont bleibt, wie wenige Optimisten unter den Volkswirten erwarten.

Jetzt müssen eher die Regierungen «vor die Kurve»!

Dann könnte der Aktionismus der EZB ein allein von Stimmungen geprägtes Abgleiten der Wirtschaft in die Krise verhindern. Andererseits trüben sich gerade auch die Frühindikatoren für den Arbeitsmarkt in Deutschland ein, was den nahenden Beginn einer Rezession aus zyklischen Gründen bedeuten kann.

Dann sind aber nicht Mario Draghi und seine Kollegen im EZB-Rat gefragt, sondern die Regierungen. Sie sollten eine Wirtschaftskrise dann mit höheren Staatsausgaben dämpfen. Denn eins ist klar: Inflation ist kein rein monetäres Phänomen, das sollten jetzt doch alle mitbekommen haben.

(Quelle der Grafik: Commerzbank)