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Daten teilen und über sie herrschen

Fast jeder von uns hinterlässt einen digitalen Fussabdruck – die Spur der sogenannten passiven Daten, die durch jede Online-Interaktion hinterlassen wird, wie durch das Abrufen gekennzeichneter Inhalte sozialer Medien oder die Durchführung jeglicher digitaler Transaktion wie Einkaufen mit Kreditkarte. Vor ein paar Sekunden haben Sie vielleicht schon durch das Klicken auf eine Verknüpfung zum Lesen dieses Artikels passive Daten erzeugt.

Solche Daten werden, wie der Name schon andeutet, nicht bewusst erzeugt, sondern sind das Nebenprodukt unserer täglichen technologischen Existenz. Daher werden diese Informationen – und ihr monetärer Wert – vom durchschnittlichen Internetnutzer oft nicht bemerkt.

Unternehmen aber ist das Potenzial passiver Daten sehr wohl bewusst. Sie erkennen, dass solche Informationen wie Rohmaterial gesammelt und auf viele unterschiedliche Arten verwendet werden können. Durch die Analyse der Browser-Historie von Nutzern können Unternehmen beispielsweise vorhersagen, auf welche Art von Werbung sie reagieren oder welche Produkte sie kaufen. Sogar Gesundheitsorganisationen könnten die Kaufmuster einer lokalen Gemeinschaft beispielsweise dazu verwenden, einen Grippeausbruch vorherzusagen.

100 $ pro Internetnutzer

In der Tat erfasst heute eine ganze Sparte von Unternehmen – die sich etwas beschönigend Datenverwaltungsplattformen nennen – die passiven Daten der einzelnen Internetnutzer und verdient damit Hunderte von Milliarden Dollar. Laut dem amerikanischen Data-Driven Marketing Institute erwirtschaftete die Datensammelbranche 2012 einen Umsatz von 156 Mrd. $ – etwa 60 $ für jeden der weltweit 2,5 Mrd. Internetnutzer.

So eindrucksvoll diese Zahl klingen mag, ist sie für die Datenwirtschaft doch nur ein erster Schritt. Bis 2020 wird die weltweite Internetbevölkerung 5 Mrd. Menschen umfassen; es werden 10 Mrd. neue Verbindungen von Maschine zu Maschine geschaffen, und der mobile Datenverkehr wird sich um das Elffache erhöhen.

Angesichts des dramatischen Wachstums der erzeugten Datenmenge und immer mehr branchenübergreifender Anwendungen kann man erwarten, dass persönliche Daten bald über 100 $ pro Internetnutzer wert sein werden. In zehn Jahren wird die Datensammelindustrie wahrscheinlich über 500 Mrd. $ jährlich umsetzen.

Kontrolle zurückgewinnen

Angesichts dieser Vorhersagen fragt man sich, welche Art von Gegenwert die Erzeuger dieser milliardenschweren Datenmenge erwarten können. Wie es aussieht, wohl überhaupt keinen. Die individuellen Nutzer befinden sich in diesem fragmentierten Wirtschaftsbereich ganz unten. Der Wert ihrer Daten wird von Drittparteien abgeschöpft und an alle zahlungskräftigen Organisationen verkauft, die sie haben möchten.

Dies muss aber nicht der Fall sein. Der erste Schritt dazu, etwas von dem Wert der eigenen Daten wiederzuerlangen, besteht darin, diese Informationen nicht als ein Nebenprodukt anzusehen, sondern als ein wertvolles Gut. An diesem Punkt können Internetnutzer Wege finden, Kontrolle über ihre eigenen Kreationen zu erlangen.

Bereits heute können Facebook-Nutzer ihre sämtlichen persönlichen Daten per ZIP-Datei exportieren, indem sie einfach in ihrem Profil auf eine Verknüpfung klicken. Wahrscheinlich könnten sie diese Informationen selbst an interessierte Organisationen verkaufen, statt dies Facebook zu überlassen.

Aus Konsumenten werden Produzenten -

Natürlich existiert bis jetzt noch kein Markt für Datenvolumen dieser Grösse. Aber wie Facebooks Datenexportmöglichkeit zeigt, ist ein neues Modell, das Daten in wertvolle Güter und Konsumenten in Produzenten verwandelt, nicht undenkbar. Solch ein Modell würde Milliarden von Internetnutzern zu Nutzniessern eines gegenseitigen Austauschs machen – der in jeglicher Hinsicht wertschöpfend wirkt.

Zusätzlich dazu, dass dieses Modell einzelnen Internetnutzern zur Monetarisierung ihrer Daten verhilft, könnte es den Käufern der Daten insofern nützen, als sie einen engeren Kontakt zu den Konsumenten bekommen – nicht zuletzt durch die Verringerung des Misstrauens, das entstehen kann, wenn Nutzer mit der Verteilung und der Verwendung ihrer Daten nicht einverstanden sind. In der Tat werden Unternehmen, die persönliche Daten als persönlichen Besitz anerkennen, beim Aufbau von Beziehungen zu einzelnen Konsumenten in einer besseren Position sein und damit tiefere Einsichten in deren besondere Notwendigkeiten und Bedürfnisse erhalten.

Wenn passive Daten beim Verkauf durch Drittparteien schon Hunderte Milliarden Dollar wert sind, sollten Daten, die von Individuen freiwillig geteilt werden – und verlässliche, ehrliche Einsichten in ihre Motivation als Konsumenten ermöglichen –, noch viel mehr wert sein. Indem sie die Einzelpersonen hinter den Daten erkennen, könnten Unternehmen innerhalb einer vollständig inklusiven Datenwirtschaft diese Werte teilen und Zugriff auf sie erhalten.

Persönliche Daten sind genau dies – persönlich. Die Menschen sollten selbst wählen können, ob sie sie teilen wollen, und sie sollten in der Lage sein, sie zu ihren eigenen Bedingungen zu teilen. -

Copyright: Project Syndicate.

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