Ihr Browser ist veraltet. Bitte aktualisieren Sie Ihren Browser auf die neueste Version, oder wechseln Sie auf einen anderen Browser wie ChromeSafariFirefox oder Edge um Sicherheitslücken zu vermeiden und eine bestmögliche Performance zu gewährleisten.

Zum Hauptinhalt springen

Das neue Bild des Finanzplatzes Schweiz

Das Finanzplatzimage der Schweiz, Liechtensteins und Österreichs hat sich seit den Bankgeheimniskontroversen weiterentwickelt. Wegweisend ist das Image bei der nächsten Kundengeneration. Damit ein Finanzplatz auch die Kunden von morgen anzieht, ist mehr als die Erfüllung der gegenwärtig  viel diskutierten Technologiebedürfnisse notwendig. Das Image eines Finanzplatzes beeinflusst das Kundenverhalten weitaus stärker und bildet die Grundlage für die Wahl des geeigneten Standorts.

Gerade der Finanzplatz Schweiz hat als Anziehungspunkt für ausländische Vermögen in den vergangenen zehn Jahren einige Turbulenzen rund um das eigene Image erfahren. Seit die Schweiz die «Kavallerie» aus dem Norden fürchten musste (Zitat des damaligen deutschen Finanzministers), unter enormem ausländischem Druck dem automatischen Informationsaustausch (AIA) zugestimmt hat und das Verschwinden ältester Privatbanken zu beklagen hat, ist viel passiert. Im historischen Kontext wird diese Phase des Swiss Banking mit einer regelrechten Zeitenwende in Verbindung gebracht. Faktisch ist der Übergang in die «neue Welt» mit der Einführung des AIA vollzogen worden.

Veränderung in den Köpfen

Wie hat sich nun die teilweise kontroverse Medienberichterstattung der vergangenen Jahre auf das resultierende kognitive Bild des Finanzplatzes ausgewirkt? Es geht also um die Frage, welche Einstellungen und Emotionen zum Finanzplatz vorherrschen, mit welchen Attributen der Finanzplatz assoziiert wird und als wie glaubwürdig der viel beschworene Transformationsprozess wahrgenommen wird. Diese mentalen Konstrukte sind die Basis für das zukünftige Verhalten der internationalen Kunden. Dabei gilt es nicht, Einzelmeinungen oder anekdotische Erfahrungen heranzuziehen, sondern ein möglichst repräsentatives Bild des Finanzplatzes zu gewinnen.

Die in einer repräsentativen Befragung erhobenen Daten des LGT Private Banking Report 2018 erlauben eine solche kognitive Tiefenanalyse in Bezug auf deutsche Kunden (befragt wurden Private-Banking-Kunden mit einem durchschnittlichen Anlagevermögen von 2,5 Mio. €). Für einen solchen deutschen Kunden werden die wahrgenommenen Qualitätsdimensionen seines heimischen deutschen Finanzplatzes im Vergleich zu einem ausländischen Finanzplatz die Entscheidung beeinflussen, Gelder an einem ausländischen Finanzplatz anzulegen oder nicht.

Die Daten zeigen, dass der Finanzplatz Schweiz von den deutschen Befragten hinsichtlich einer Vielzahl von Dimensionen vorwiegend besser als der eigene deutsche Finanzplatz bewertet wird. Es geht dabei explizit um die subjektive Wahrnehmung von Qualitätsdimensionen – unabhängig davon, ob dieses Urteil objektiv gerechtfertigt ist. Besonders gross ist der Unterschied zugunsten der Schweiz bei Aspekten wie «liberale Wirtschaftsordnung» oder «einfaches Steuersystem». Aber auch die «Kompetenz der Finanzexperten und der Kundenberater», die «Ausrichtung auf die Bedürfnisse der kommenden Kundengeneration» wie auch der «gute Ruf in der Welt» werden dem Schweizer Finanzplatz eher zugeschrieben als dem deutschen. Interessanterweise wird die «Anpassung an die veränderten rechtlichen Rahmenbedingungen» von den deutschen Befragten gleichermassen dem deutschen wie auch dem Schweizer Finanzplatz zugebilligt. Dies darf durchaus als bedeutender Erfolg für den Schweizer Finanzplatz gewertet werden: Offensichtlich ist es ihm gelungen, bei ausländischen Privatkunden das Bild eines den geänderten Rahmenbedingungen vollständig angepassten, höchste internationale Standards einhaltenden Finanzplatzes zu geniessen.

Faktisch der Schweiz ebenbürtig wird der Finanzplatz Liechtenstein eingestuft – bei der Dimension «Kompetenz von Finanzexperten und Kundenberatern» wie auch bei der generellen Einschätzung als Kompetenzzentrum für langfristige, länderübergreifende und rechtskonforme Vermögenslösungen. Die Anpassung an die veränderten gesetzlichen und regulatorischen Rahmenbedingungen und die Erfüllung höchster internationaler Standards für Vermögensanlagen werden freilich beiden Finanzplätzen attestiert, dem schweizerischen aber leicht mehr als dem liechtensteinischen. Diese Bewertung Liechtensteins auf Augenhöhe mit der Schweiz darf aus Imagegesichtspunkten ebenfalls als Erfolg gewertet werden. Ein eher gemischtes Urteil zeigen die befragten deutschen Kunden hingegen gegenüber dem Finanzplatz Österreich: Deutsche Befragte ordnen Österreichs Finanzplatz nach fast allen Dimensionen niedriger ein als Liechtenstein oder die Schweiz.

Neben der Einschätzung der Attribute der Finanzplätze wurde auch die effektive Bereitschaft erhoben, tatsächlich Vermögen in den entsprechenden Finanzplätzen anzulegen. 84% der deutschen Befragten können sich vorstellen, Geld in der Schweiz zu investieren (im Vergleich: nur 42% der Deutschen können sich vorstellen, in Österreich anzulegen). Auch der liechtensteinische Finanzplatz ist hoch im Kurs bei den deutschen Befragten: Hier sind es 70%, die sich vorstellen können, Gelder dort anzulegen.

In der Tendenz sind die jüngeren deutschen Private-Banking-Kunden (definiert als Kunden unter 50 Jahren) den Finanzplätzen Liechtenstein und Schweiz gegenüber klar positiver eingestellt als die älteren (definiert als Kunden über 59 Jahren). Besonders hinsichtlich des vollzogenen Wandels und der Anpassung an die veränderten regulatorischen Rahmenbedingungen schneiden die Schweiz und Liechtenstein bei den jüngeren Private-Banking-Kunden sehr gut ab. Ebenso werden die Kompetenzdimensionen der beiden Finanzplätze von den Jüngeren noch etwas besser eingestuft als von den Älteren. Überdies können sich jüngere Private-Banking-Kunden auch eher vorstellen, in diesen ausländischen Finanzplätzen Geld anzulegen. Der Generationenunterschied ist dabei beim Finanzplatz Liechtenstein zugunsten der jüngeren Kunden besonders gross. So zeigt sich beispielsweise, dass jüngere deutsche Private-Banking-Kunden sich in Zukunft eher vorstellen könnten, in Liechtenstein Geld anzulegen, als sich dies ältere deutsche Private-Banking-Kunden in der Schweiz vorstellen können.

Image nicht verspielen

Der Imagewandel hin zu einem von der Vergangenheit weitgehend unbelasteten Finanzplatz erscheint somit zumindest in der Wahrnehmung von deutschen Kunden vollzogen. Ermutigend dürfte zudem der Umstand aufgenommen werden, dass trotz geänderter regulatorischer Rahmenbedingungen im Fall der Schweiz und Liechtensteins gerade bei jüngeren deutschen Private-Banking-Kunden die Option, Gelder im Ausland anzulegen, weiterhin sehr erheblich ist. Die empirischen Daten sind auch Beleg für den Transformationsprozess in der Branche, der in den vergangenen Jahren stattgefunden und sich offensichtlich auch in den Denkstrukturen der Kunden verankert hat.

Dies mag heute vielleicht wenig spektakulär klingen. Es sei allerdings daran erinnert, dass noch vor wenigen Jahren ein solches Gesamtbild als unrealistische bis utopische Vorstellung bezeichnet worden wäre. Trotz dieser erfreulichen Entwicklung bleiben die Image- und Reputationsgefahren auch in der neuen Welt des grenzüberschreitenden Private Banking gross. Einzelfälle in der jüngsten Vergangenheit (Petrobras, 1MDB etc.) sind Mahnung dafür, das hart erarbeitete Bild kompetenter und konformer Finanzplätze nicht aufs Spiel zu setzen. Der Verlust des guten Rufs könnte gerade in der neuen Welt unliebsamere Folgen haben als zu früheren Zeiten.