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Trump will Banken von der Leine lassen

US-Präsident Donald Trump hat den ersten Schritt zur Aufweichung der Finanzmarktregulierung gemacht.

«Eine Kultur der Verantwortungslosigkeit hat Einzug gehalten, an Wallstreet, in Washington und an Main Street.» Mit diesen Worten erinnerte US-Präsident Barack Obama im Juni 2009 an den Ursprung der Finanzkrise und kündigte ein ehrgeiziges Projekt an – nämlich die Regulierung der Finanzmärkte vollständig umzukrempeln und auf den Stand des 21. Jahrhunderts zu bringen.

Heute weht ein anderer Wind im Weissen Haus. Der neue Präsident Donald Trump will Wallstreet von den Fesseln der Regulierung befreien. Höchste Zeit also, einen Blick auf das Gesetz zu werfen, das nun zum Zankapfel wird: der Dodd-Frank-Act.

Was ist das Dodd-Frank-Gesetz? - Beim Dodd-Frank-Act handelt es sich um ein amerikanisches Bundesgesetz, das am 21. Juli 2010 vom damaligen US-Präsidenten Barack Obama in Kraft gesetzt wurde. Die ausführliche Bezeichnung lautet «Dodd-Frank Wall Street Reform and Consumer Protection Act».

Wer sind die Namensgeber? - Das Gesetz ist nach den demokratischen Politikern Christopher J. Dodd und Barney Frank benannt. Beide waren massgeblich an der Ausarbeitung der Finanzmarktreform beteiligt. Dodd vertrat den Bundesstaat Connecticut im Senat und leitete von 2007 bis 2011 den Bankenausschuss des Gremiums. Der Kongressabgeordnete Frank aus Massachusetts war von 2007 bis 2011 Vorsitzender des Finanzausschusses im Repräsentantenhaus.

Welches Ziel verfolgt Dodd-Frank? - Der Zweck des Gesetzes ist in der Präambel festgeschrieben. Es werden vier konkrete Ziele formuliert: Die Finanzstabilität in den USA soll gefördert werden, indem die Verantwortlichkeiten und die Transparenz im Finanzsystem verbessert werden; Systemrisiken (Too big to fail) sollen verringert werden; die amerikanischen Steuerzahler sollen nie mehr für die Rettung von Banken (bailout) zahlen müssen und die Konsumenten sollen vor missbräuchlichen Geschäftsmethoden der Finanzdienstleister geschützt werden.

In welchem Zeitgeist ist Dodd-Frank entstanden? - Die Exzesse an Wallstreet haben die USA in die schwerste Wirtschaftskrise seit den Dreissigerjahren gestürzt. Als Obama 2009 das Präsidentenamt übernahm, steckte das Land mitten in der Rezession. Die Reform der Finanzmarktregulierung war eine Priorität der neuen Regierung.

Wie gross ist das Regelwerk? - Der Dodd-Frank-Act umfasst 848 Seiten. Zum Vergleich: Der Glass-Steagall-Act, der 1933 als Reaktion auf die Grosse Depression verabschiedet wurde, fand Platz auf 37 Seiten. Gemäss der Wirtschaftskanzlei Davis Polk müssen zur Umsetzung von Dodd-Frank zudem 390 neue Vorschriften erlassen werden. Dabei sind mehr als zehn Behörden involviert, darunter die US-Notenbank (Fed), die Börsenaufsicht SEC sowie die Aufsichtsbehörde für den Handel mit Futures und Optionen CFTC.

Was sind die wichtigsten Reformen, die unter Dodd-Frank beschlossen wurden? - Ein Hauptpfeiler der Reform ist die Volcker-Regel. Sie wurde nach dem ehemaligen Fed-Chef Paul Volcker benannt und soll den Eigenhandel der Banken unterbinden. Zudem müssen sich Banken mit einer Bilanzsumme von mehr als 50 Mrd. $ seit der Finanzkrise einem jährlichen Stresstest unter Aufsicht des Fed unterziehen. Kapital- und Liquiditätsvorschriften für Banken wurden beschlossen, die neu geschaffene Aufsichtsbehörde FSOC überwacht die Finanzstabilität, und die Konsumentenschutzbehörde CFPB kümmert sich um den Anlegerschutz.

Ist Dodd-Frank vollständig umgesetzt worden? - Nein. Bis im Juli 2016 sind von den 390 erforderlichen Vorschriften 274 umgesetzt worden, das entspricht 70% der Anforderungen. Für weitere 36 Regeln lagen Vorschläge vor. In verschiedenen Fällen wurden festgelegte Fristen versäumt. Für 80 Vorschriften gab es sechs Jahre nach Inkrafttreten des Gesetzes noch keine Vorschläge zur Umsetzung.

Gibt es Kritik an Dodd-Frank? - Die Klagen sind gross, insbesondere aus der Finanzbranche und von republikanischer Seite: Zu bürokratisch, zu komplex, zu teuer. Dodd-Frank ist ein Papiermonster. Bis im Juli 2015 wurden mehr als 20 000 Seiten an Gesetzestext im Zusammenhang mit Dodd-Frank publiziert. Das entspricht 34 Ausgaben von «Moby Dick», rechnet Davis Polk vor. Die Banken befürchten, in einer Flut von Vorschriften zu ertrinken. Das Kompetenzgerangel unter den Behörden erschwert die Umsetzung zusätzlich. Verlässliche Schätzungen zu den Kosten gibt es kaum.

Wieso steht das Gesetz wieder im Fokus? - «Dodd-Frank ist ein Desaster», erklärte Trump vergangene Woche. Das Gesetz schränke die Kreditvergabe der Banken ein, darunter würden insbesondere kleine Unternehmen leiden, sagte er. Bereits im Wahlkampf hatte Trump gegen das Gesetz gewettert. Am Freitag liess er Taten folgen und unternahm den ersten Schritt zur Aufweichung der Finanzregulierung. «Wir werden grosse Teile von Dodd-Frank aufheben», kündigte Trump an.

Was hat Trump am Freitag beschlossen? - Der Präsident hat ein Dekret unterzeichnet, dessen Wortlaut allerdings vage ist. So wird Dodd-Frank nicht explizit genannt. Trump hat angeordnet, die Grundprinzipien der geltenden Finanzmarktregulierung genau unter die Lupe zu nehmen. Die Federführung liegt beim Finanzminister. Für den Posten ist der ehemalige Goldman-Sachs-Banker Steven Mnuchin vorgesehen, er muss aber vom Senat noch bestätigt werden. Der Schlussbericht soll in 120 Tagen vorliegen.

Wird Trump nach Ablauf der Frist Dodd-Frank abschaffen? - Wie es weiter geht, ist unklar. Im Alleingang kann Trump das Gesetz aber nicht aushebeln. Für manche Änderungen von Dodd-Frank benötigt der Präsident eine qualifizierte Mehrheit im Senat, das sind 60 Stimmen. Dafür müsste er acht Demokraten ins Boot holen, sollten die Republikaner geschlossen hinter ihm stehen. Dieses Szenario ist wenig wahrscheinlich. Die Analysten von UBS erwarten daher, dass Trump die Regulierung durch Personalentscheidungen beeinflussen wird. So ist etwa der Posten für die Bankenaufsicht im Fed noch offen. Sicher ist: Trump misst dem Thema Regulierung einen völlig anderen Stellenwert zu als sein Vorgänger.