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Ende der goldenen Zeiten in Südafrikas Bergbau

Hiobsbotschaften ist die Wirtschaft in Südafrika inzwischen gewohnt. Entsprechend gelassen ist zumeist die Reaktion darauf. Als jedoch Mitte Mai AngloGold Ashanti, der lange Jahre grösste Goldförderer des Landes, den Rückzug aus Südafrika verkündete, schlugen die Wellen hoch.

Schliesslich verabschiedet sich mit dem Verkauf von Mponeng (früherer Name: Western Deep), der mit rund 4000 Metern weltweit tiefsten Goldmine, ein Unternehmen, dessen einstige Muttergesellschaft Anglo American die südafrikanische Wirtschaft jahrzehntelang dominiert hatte.

Für den Bergbau am Kap, vor allem für den wichtigen Goldsektor, ist der Wegzug des Konzerns ein Fanal: Noch vor knapp fünfzig Jahren war das Land mit rund 1000 Tonnen pro Jahr der mit Abstand grösste Goldförderer weltweit. Doch mittlerweile ist es mit mickrigen 138 Tonnen auf Platz sieben zurückgefallen, weit hinter Australien, China, Russland oder sogar Peru. Steuerte Südafrika in den frühen Achtzigerjahren noch mehr als 50% zur globalen Goldproduktion bei, sind es heute weniger als 5%. Ein dramatischer Abstieg – wie ihn ähnlich auch viele andere Rohstoffsparten am Kap erlebt haben.

Mechanisierung blockiert

Zwar befinden sich unter dem Witwatersrand um Johannesburg noch immer mächtige Goldvorkommen, doch um den vor über hundert Jahren entdeckten Flözen immer tiefer ins Erdinnere zu folgen, wären gewaltige technische und finanzielle Anstrengungen notwendig. Wegen der Tiefe sind auch die Sicherheitsrisiken unter Tage extrem gross.

Anders als in fast allen anderen Förderländern arbeiten in Südafrika weiterhin sehr viele Menschen in den Minen. Seit Jahren wird deshalb der verstärkte Einsatz von Maschinen erprobt, um den Ertrag zu steigern und die Kosten zu senken. Doch die geologischen Besonderheiten des Landes verhindern eine stark mechanisierte Förderung. Auch stemmen sich die mit der Regierung verbündeten, radikalen Gewerkschaften vehement gegen eine Mechanisierung auf Kosten von Arbeitsplätzen. Schliesslich liegt die offizielle Arbeitslosenrate schon jetzt bei fast 28%, inoffiziell sogar um 40%.

Es sind jedoch nicht nur technische Herausforderungen, die der Minenbranche mächtig zusetzen. Die Bergbaukammer in Johannesburg wie auch viele Unternehmenschefs klagen seit langem über hohe Stromkosten und häufige Stromabschaltungen sowie über die ständige Unsicherheit hinsichtlich der sich oft ändernden gesetzlichen Bedingungen.

Das grösste Regulierungsproblem sehen die Konzerne dabei ausgerechnet in einer Politik, die den Schwarzen nach jahrzehntelanger Diskriminierung eigentlich helfen sollte, in der bislang noch von Weissen dominierten Wirtschaft stärker Fuss zu fassen: der Politik des Black Economic Empowerment (BEE).

Gerade die exzessive Einmischung des Staates hat hier dazu geführt, dass die gut gemeinte Politik ihr genaues Gegenteil bewirkt hat: Statt Anreize zu schaffen, schwarze Beschäftigte einzustellen, haben immer neue Vorgaben und Auflagen gerade bei den Unternehmen im Bergbau für eine Kostenexplosion gesorgt, die viele veranlasst hat, Arbeitsplätze abzubauen oder, wie jetzt auch AngloGold Ashanti, immer grössere Teile der Produktion ins Ausland zu verlagern.

Die Willkür der Gesetzgebung trifft viele Gesellschaften hart

Die BEE-Vorgaben treffen vor allem den Bergbau, das einstige Rückgrat der südafrikanischen Wirtschaft. Trotz des Verlusts vieler Stellen sind die BEE-Regeln gerade in diesem Sektor über die Jahre ständig verschärft worden – was die Materialbeschaffung, die Eigentumsverhältnisse sowie die Einstellung von Mitarbeitern und ihre Schulung anbelangt. Inzwischen droht der Staat den Rohstoffförderern bei Missachtung seiner Vorgaben mit hohen Strafen, was viele Unternehmen vergrault und ihnen international die Wettbewerbsfähigkeit geraubt hat.

Vor allem die Willkür der Gesetzgebung trifft viele Gesellschaften hart. Das Gleiche gilt für die zahllosen Streiks, die ihren Grund darin haben, dass die (von Schwarzen geführten) Gewerkschaften die (oft weissen) Arbeitgeber nicht als Partner, sondern als Feind betrachten. Symptomatisch dafür ist der erbitterte Streik, der fünf Monate lang in mehreren Bergwerken des Platin- und Goldförderers Sibanye tobte.

Erst als das Unternehmen im Wissen um die enorme Bedeutung des Streiks für die Zukunft des Bergbaus eine grosse Kriegskasse anlegte, blies die radikale Minenarbeitergesellschaft Amcu ihren Streik ab und akzeptierte die Bedingungen, die drei andere, kleinere Gewerkschaften bereits Monate zuvor unterzeichnet hatten.

Trotz hehrer Worte hat auch die neue Regierung von Präsident Cyril Ramaphosa, einem früheren Gewerkschaftschef, der nach der Apartheid zu einem der reichsten Geschäftsmänner des Landes aufgestiegen war, noch nichts unternommen, um die Überregulierung zu stoppen, die der Wirtschaft die Luft zum Atmen  nimmt. Die Folge: Zu Jahresbeginn waren in Südafrikas Goldbranche erstmals seit über hundert Jahren weniger als 100 000 Kumpel beschäftigt. 1990 hatte ihre Zahl noch bei fast 500 000 gelegen.

Nichts hat die Kosten der Rohstoffförderer zuletzt jedoch mehr erhöht als der Strompreis, der in den vergangenen zehn Jahren rund 400% gestiegen ist, was zur Folge hatte, dass vor allem energieintensive Branchen wie die Aluminiumindustrie ihre Schmelzen schliessen. Bedenklich ist, dass nichts auf eine Trendwende hindeutet.

Vielmehr dürfte der Strompreis wegen der enormen Finanzierungskosten des Strommonopolisten Eskom immer weiter steigen. Kein Wunder, dass Mark Cutifani, Chef des Bergbaukonzerns Anglo American, in Eskom das derzeit grösste Risiko für Südafrikas Bergbau sieht.

Nur noch Kohle und Eisenerz

Nicht wenige Beobachter gehen inzwischen davon aus, dass unter den gegenwärtigen Umständen schon in zehn Jahren im einst grössten Förderland fast kein Gold mehr produziert werden wird – was auch für andere Metalle gelten könnte, etwa Platin, das lange Zeit von seiner Verwendung im Dieselmotor profitierte. (Südafrika produziert derzeit etwa drei Viertel allen Platins weltweit). Lukrativ ist bei den gegenwärtigen Preisen allenfalls noch Massenware wie Kohle oder Eisenerz, die vor allem von Indien und China nachgefragt werden.

Der Rückgang der südafrikanischen Wirtschaft um 3,2% im ersten Quartal ist ein weiteres Indiz dafür, dass kurz- bis mittelfristig kaum mit einer Besserung der wirtschaftlichen Lage zu rechnen ist. Bezeichnenderweise war der Einbruch im Minensektor besonders heftig: Im Vergleich mit den letzten drei Monaten 2018 ist er 10,8% geschrumpft und dürfte kaum jemals wieder zu dem Motor werden, der er fast hundert Jahre lang für die Wirtschaft am Kap gewesen war.