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Chinas Schwächen – Spiegelbild westlicher Stärken

Der Westen hat auch schon einen besseren Eindruck gemacht. Das zeigt sich nicht nur daran, dass US-Präsident Donald Trump mit der Ankündigung von Strafzöllen auf Stahl und Aluminium einen globalen Handelskrieg vom Zaun brechen könnte. Auch hat der Sieg populistischer Parteien in den italienischen Parlamentswahlen erneut Sorgen über die Stabilität des Euros aufkommen lassen. Nicht zuletzt stellen erstarkende rechtsnationalistische Strömungen in Osteuropa die nach dem Ende des Kalten Krieges aufgebauten demokratischen Institutionen in Frage.

Angesichts dieses chaotisch anmutenden Bildes schielt auch im Westen der eine oder andere Bürger, Unternehmer und Investor schon einmal mit Bewunderung nach China, wo Präsident Xi Jinping sein Land mit scheinbar ruhiger Hand in eine für die Menschen immer bessere Zukunft führt. China steht gerade auch von aussen gesehen umso besser da, weil es vor zehn Jahren, nach dem Ausbruch der globalen Finanzkrise in den USA, dank dem besonnenen Handeln seiner Regierung massgeblich zur schnellen Stabilisierung der Weltwirtschaft beigetragen hat.

Entwicklungsdiktatur

Doch das gegenwärtige Formtief einer Reihe demokratisch regierter westlicher Marktwirtschaften sollte dort niemanden dazu verleiten, das chinesische Modell in allzu gutes Licht zu rücken oder sogar als nachahmenswert zu empfehlen. Denn China bleibt eine klassische Entwicklungsdiktatur, die den mit ihren spezifischen Problemen ringenden reifen Volkswirtschaften kaum den Weg weisen kann.

Die Pekinger Führungselite ist tief gespalten. Das zeigt sich an der weitgehenden Unterdrückung einer offenen Debatte selbst innerhalb der herrschenden Kommunistischen Partei, zudem am jähen Sturz einer wachsenden Zahl höchster Funktionäre, Beamter und Offiziere. Die von Tibet, Xinjang oder auch Hongkong ausgehenden zentrifugalen Kräfte, die mit zunehmender Repression bekämpft werden, stellen zudem die territoriale Einheit des Landes in Frage.

All das sind keine Zeichen einer gefestigten Führung und damit politischer Stabilität. Zwar hat die seit 1949 autoritär regierende Kommunistische Partei nie vorgehabt, das westliche demokratische Modell zu kopieren, doch war noch vor wenigen Jahren von mehr politischer Mitsprache der Bürger zumindest auf lokaler Ebene, einer gewissen Unabhängigkeit der Medien und ganz allgemein der Stärkung der Zivilgesellschaft die Rede.

Das zeugte von Vertrauen nicht nur in den eigenen Weg, sondern vor allem auch in das eigene Volk. Doch die Konzentration der Macht in Partei, Armee und Staat in den Händen von Xi Jinping schreitet jetzt anscheinend unaufhaltsam voran. Mit der Abschaffung der Amtszeitbeschränkung für den Präsidenten zeichnet sich ab, dass der 64-jährige Xi – sollte er denn so lange am Leben bleiben oder nicht gestürzt werden – bis weit über das Ende des kommenden Jahrzehnts hinaus das Schicksal seines Landes bestimmen wird.

Dabei verfolgt er einen äusserst ehrgeizigen Plan, der nicht nur das Gesicht Chinas, sondern das der gesamten Welt massiv verändern könnte. Das Reich der Mitte soll, geht es nach Xi Jinpings Willen, bis 2025 im Bereich der verarbeitenden Industrien an die Weltspitze aufrücken. Zehn Jahre später soll China dann eine moderne Gesellschaft sein, bis 2050 soll es den Aufstieg zur globalen Supermacht geschafft haben.

Das sich diese Ziele so einfach umsetzen lassen, wie sich Chinas Planer das erhoffen, darf in Zweifel gezogen werden. Und das nicht einmal in erster Linie, weil China damit zunehmend in die globale Wirtschaft integriert wird und damit auch auf Institutionen wie etwa die Welthandelsorganisation und ihre international geltenden Regeln angewiesen ist.

Peking scheint noch nicht ganz verstanden zu haben, dass Freihandel nur dann überleben wird, wenn sich China besser an diese Regeln hält. Das heisst, dass das Land unter anderem seinen bisher gegen aussen abgeschotteten Markt etwa in den Bereichen IT, Energie oder auch Transport gegenüber dem Ausland grosszügiger öffnet als bisher.

Nicht zuletzt können Chinas ins Ausland expandierende Unternehmen auf Dauer vom freien Informationsfluss in den westlichen Marktwirtschaften profitieren, während es gleichzeitig die Arbeit ausländischer Journalisten, Forscher oder auch Finanzanalysten erschwert oder gar, wie etwa in der Unruheprovinz Tibet, ganz verhindert.

Auch werden die USA, wie zuvor schon jeder andere Hegemon, nicht einfach bereit sein, ihre Rolle als globale Supermacht mit einem Aufsteiger zu teilen. Zunehmend scharfe geopolitische Rivalitäten sind damit programmiert. Eine direkte, auch wirtschaftlich katastrophale Konfrontation kann nur dann vermieden werden, wenn Peking diplomatisch sehr umsichtig vorgeht.

Genau in diesem Punkt hat es in der jüngeren Vergangenheit aber immer wieder gehapert. So etwa im Streit über die Territorialansprüche in der Südchinasee oder auch in der wachsenden Präsenz der chinesischen Kriegsflotte im Indischen Ozean. Angesichts der erneut verstärkten militärischen Präsenz der USA im indopazifischen Raum kann Peking nun mit allem Recht auf das eigene strategische Sicherheitsbedürfnis hinweisen.

Nationalistisches Gehabe

Doch die meisten Nachbarn sehen das anders, was Vietnam, Indien oder auch Australien zunehmend in die Arme Washingtons treibt. China steht damit in der Region mehr und mehr isoliert da. Die Regierung hat auf die strategische Herausforderung mit rasant wachsenden Militärausgaben reagiert.

Gleichzeitig wird der innenpolitisch härtere Kurs aussenpolitisch von einem zunehmend schrillen nationalistischen Ton begleitet. Das kommt in der Bevölkerung, die in den vergangenen Jahren mit stetig steigender Kaufkraft verwöhnt worden ist, zwar durchaus gut an, doch bleibt Peking auf schlechte Zeiten – wie etwa ein verlängertes zyklisches Tief oder auch innenpolitische Unruhen – unzulänglich vorbereitet. Reife westliche Demokratien sind dank Gewaltenteilung, Föderalismus und florierender Zivilgesellschaft sehr viel krisenresistenter.

Die Volksrepublik China hingegen kennt neben dem Machtapparat der Kommunistischen Partei und der Armee keine starken Institutionen. Mit der sich abzeichnenden Alleinherrschaft Xi Jinpings findet sogar noch eine weitere Risikokonzentration statt.

Solange das so bleibt, ruht auch Chinas Aufstieg zu einer globalen Macht auf einem schwachen Fundament.