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Der Erklärer der Natur

«Kopernikus der organischen Welt» – so nannten ihn manche Bewunderer. Jedenfalls wurde der britische Naturforscher Charles Darwin schon zu Lebzeiten nahezu weltweit berühmt, und sein Name ist heute noch geläufig – wenngleich oft sinnentstellt: Zu so etwas wie «Sozialdarwinismus» etwa hätte sich Charles Darwin niemals bekannt. Der Titel seines Hauptwerks sagt im Grunde schon alles: «On the Origin of Species by Means of Natural Selection, or The Preservation of Favoured Races in the Struggle for Life». Es erschien erst 1859, als der Verfasser bereits fünfzig Jahre alt war. Darin schildert er fünf Theorien: zur Evolution bzw. Veränderlichkeit der Arten, zur gemeinsamen Abstammung aller Lebewesen, zum Gradualismus, d. h. zur Änderung durch kleinste Schritte, zur Vermehrung der Arten und schliesslich zur natürlichen Auswahl.

Solche Lehren lagen im 19. Jahrhundert in der Luft. Gelehrte wie Cuvier und Lamarck befassten sich mit Entwicklungsfragen in der Zoologie. Erasmus Darwin, Charles Darwins Grossvater, hatte schon gegen Ende des 18. Jahrhunderts Anpassung, Vererbung, Erhaltungskampf und Selbstschutz als die Triebkräfte der Evolution genannt – der Darwinismus selbst scheint sich sozusagen auf den Enkel vererbt zu haben.

Darwins Thesen veränderten das Weltbild weiter gesellschaftlicher Kreise. Selbstredend hatten (und haben immer noch, manchenorts) religiöse Menschen und Organisationen mitunter ihre liebe Mühe damit oder müssen zumindest intellektuelle Klimmzüge vollziehen, um dieser Herausforderung der Schöpfungsgeschichte zu begegnen. Der Mensch war im hierarchischen Theoriegebäude Darwins nun nicht mehr die Krone der Schöpfung, aber immerhin diejenige der Evolution. Dabei hatte Charles Darwin, der schon als Kind an der Natur lebhaftes Interesse gezeigt und zunächst Medizin studiert hatte, in Cambridge in Theologie abgeschlossen (in späteren Jahren allerdings bezeichnete er sich als Agnostiker). Wie immer man sich zu Darwin stellt: Es gibt eine Zeit vor und eine nach ihm.

Entscheidend für Charles Darwins Forschertätigkeit war die Umsegelung der Erde auf der «H.M.S. Beagle» von 1831 bis 1836. Kapitän Robert FitzRoy hatte Darwin als wissenschaftlichen Begleiter an Bord genommen, und der junge Forscher sammelte, untersuchte und notierte unterwegs, was das Zeug hielt. So ging er 1835 auf den Galapagos-Inseln im Pazifik an Land, wo ihm, unter anderem, unterschiedliche Formen von Finken und Drosseln ins Auge fielen. Solche Abweichungen beeinflussten die Herausbildung seiner Theorie.

Interessant ist, dass Darwin die für sein Werk wohl entscheidende Anregung nicht von Naturwissenschaftlern bezog, sondern vom Ökonomen Robert Malthus, der postuliert hatte, dass das exponentielle Wachstum der Bevölkerung bei bloss linearem Wachstum der Nahrungsmittelerzeugung irgendwann zu einem Kampf um beschränkte Ressourcen führen werde (gegenwärtig erinnert die These, den Menschen werde wegen des technischen Fortschritts die Arbeit ausgehen, an Malthus).

Darwin wandte dieses Konkurrenzprinzip auf die Natur an: Vorteilhafte Variationen würden überleben, andere verschwinden. Überhaupt begreift er die Natur sehr «englisch»: freihändlerisch, indem die Konkurrenz entscheidet, liberal, denn die Neuerungen bringen Fortschritt, zugleich konservativ, denn dieser Fortschritt ist evolutionär, nicht revolutionär. Charles Darwin kam aus wohlhabendem Hause, so wie seine Frau auch; er konnte ein Leben als bienenfleissiger Privatgelehrter führen. Als Investor in Eisenbahnaktien nahm er offenkundig (zu Recht) an, dass diese Evolution der Transportmittel ihre bisherigen Formen beseitigen würde.