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Boghossian: Erfolgsgekrönter Exodus

Die Villa Empain in Brüssel, Sitz der Stiftung Boghossian. Das Art-Déco-Gebäude, 1930 vom Schweizer Architekten Michel Polak gebaut, ist ein Ort des Dialogs zwischen östlichen und westlichen Kulturen.

«Unsere Familiengeschichte hat an der Grenze zu Asien in einer von der Auswanderung nach Europa geprägten Stadt des Osmanischen Reichs begonnen.» Mit diesen Worten erklärt Schmuckdesigner Albert Boghossian, dessen Name für den kulturellen Reichtum des Morgen- und des Abendlandes steht, die Einzigartigkeit seiner Kreationen.

In einer Zeit, in der die Luxusindustrie zunehmend von grossen Konzernen beherrscht wird, gelingt es einigen unabhängigen Marken, sich dank jahrelanger Aufbauarbeit und über Generationen hinweg mit verfeinertem Know-how in einer Welt zu etablieren, in der globalisierter Hyperluxus die Unterschiede mehr und mehr aufhebt.

Albert Boghossian ist einer von ihnen. Er kultiviert Differenz mit Nachdruck. «Wir sind eine Mischung aus Osten und Westen. Unser Schmuck ist ein Spiegel unserer Geschichte der letzten sechs Generationen. Sie begann in Marin in Armenien führte über Syrien und den Libanon und endete in Europa, 1975 zunächst in Antwerpen und einige Jahre später in Genf.

Ähnlich wie auf der Seidenstrasse, auf der sich jeder vom Reichtum des anderen inspirieren liess, verkörpert unsere Marke die östliche Welt, ihre Weiblichkeit, Raffinesse und ihre Liebe zum Detail, die zum Beispiel der Taj Mahal, die Alhambra oder die Moscheen von Isfahan auszeichnen. In unserem Schmuck steckt die ganze Pracht des Morgenlandes. Aber Boghossian trägt auch den Westen in sich, seine Extravaganz und seine Avantgarde. Unsere Kreativität gründet in diesen beiden Reichtümern.»

Heute verleihen Edelsteine und Diamanten der Haute Joaillerie von Boghossian ihren Glanz. Ihr Vermögen baute die Familie aber in den Fünfzigerjahren mit dem Handel von Naturperlen zwischen China und dem Mittleren Osten auf. Davor waren die Boghossians lange Zeit als Experten für Goldschmiedekunst tätig.

Das Collier «Palmette» mit 11 kolumbianischen No-Oil-Smaragten.

Albert Boghossian: «Vor 150 Jahren wurde mit anderen Methoden geschürft als heute. Steine waren selten. Es war mein Grossvater, der die Familie ins Schmuckgeschäft brachte. Er war häufig unterwegs, so wie wir heute auch. Mein Vater reiste auf der Suche nach Naturperlen als Erster in die Volksrepublik China und erhielt dort Zugang zu den Überresten des Kaiserschatzes. Mein Bruder und ich waren bereits mit 17 Jahren in Kolumbien, Burma, Thailand und Indien, um das Geschäft der Familie fortzusetzen und unser Wissen über Edelsteine zu erweitern.»

In den Achtzigerjahren begann Albert Boghossian, sein erworbenes Know-how in Genf zu vermarkten. Er wusste, dass seine Kenntnisse und seine Kontakte, die er auf den Reisen in die mit Erzen gesegneten Länder geknüpft hatte, ihm im Edelsteinhandel entscheidende Vorteile verschaffen konnten.

«1980 war ich 20», erzählt Boghossian. «Mein zehn Jahre älterer Bruder war vier Jahre zuvor nach Antwerpen gezogen. Wir wollten beide in den Diamanten- und Edelsteinhandel einsteigen und dabei nach wie vor Schmuck kreieren. In Genf stand ich mit namhaften Schmuckhändlern, Grosskunden und gekrönten Häuptern in Kontakt.

Ring mit Diamant, gebettet auf einen blauen Turmalin und Chalcedon.

Ich hatte das Glück, dass sich unter meinen Kunden Persönlichkeiten befanden, die bereit waren, für kostbaren Schmuck viel Geld auszugeben. Sie besassen bereits alles, was herkömmliche Juweliere ihnen bieten konnten. Genf erlebte damals mit den vermögenden, kauffreudigen Kunden aus dem Mittleren Osten ein goldenes Zeitalter. Die Stadt war Drehscheibe des Edelsteinhandels, Knotenpunkt zwischen Amerika, Asien und dem Mittleren Osten. Danach kamen die Japaner, dann die Russen und die Chinesen. Mittlerweile sind die Inder unsere grössten Käufer.»

Heute beschäftigt die an der Genfer Place de Bergues 1 ansässige Marke weltweit rund zwanzig Mitarbeitende, betreibt drei Boghossian-Boutiquen (in Genf, London und Hongkong) und eine exklusive Verkaufsstelle bei Harrods in London. «Wir müssen uns auf internationaler Ebene mit Bedacht weiterentwickeln, da unsere Investitionen überwiegend in unser Inventar fliessen. Ich möchte, dass meine Boutiquen unsere Kreativität spiegeln. Dazu müssen sie ein breites Spektrum einzigartiger Kreationen zur Auswahl haben», so Albert Boghossian.

Er entwirft rund 250 Schmuckstücke pro Jahr, die er in Italien und der Schweiz fertigen lässt. «Ich ziehe es vor, mich kreativ zu betätigen. Ateliers intern zu leiten, ist verschwendete Energie», gibt er unumwunden zu. Weltweit beliefert die Marke gut 400 Kunden.

Albert Boghossian verfolgt nahezu obsessiv sein grosses Ziel: Er will die Juwelierskunst nachhaltig prägen. Der von seinen Reisen und von der Familienkultur inspirierte kreative Reichtum offenbart sich im unverkennbaren Stil und im Know-how, das sich stark von traditionellen Marken abhebt.

Da wäre zum einen die Kunst der Einlegearbeiten. Ein Diamant, der in einen geschliffenen Aquamarin eingelegt ist, oder drei eingelegte Edelsteine sind sein Markenzeichen.

Zum anderen gehört auch das Kissing zu seinen Spezialitäten. Es besteht aus zwei Steinen, die sich umschlingen, beispielsweise einem weissen Diamanten, der einen rosafarbenen Diamanten umarmt. Die technische Konstruktion ist wichtig.

Was aber den Zauber eines Schmuckstücks ausmacht, ist das Lichtspiel der Edelsteine. Und dann ist da noch seine jüngste Erfindung, Les Merveilles. Albert Boghossian erklärt, es sei, als würde man mit dem Licht malen. «Der Schmuck glitzert wie tausend Lichter. Uns ist es gelungen, das Edelmetall auf ein Minimum zu reduzieren, damit der Stein auf allen vier Seiten funkelt.»

Weil der Wert eines Schmuckstücks auch daran gemessen wird, welchen Preis es an einer Auktion erzielt, nutzt Albert Boghossian dieses Mittel, um seine Marke ins Scheinwerferlicht zu stellen.

«Im Frühling 2017 haben wir mit unserem aus elf komplett unbehandelten No-Oil-Smaragden bestehenden Collier einen neuen Rekord aufgestellt. Es wurde auf Fr. 4,6 Mio. geschätzt, aber für 6 Mio. verkauft. Noch nie zuvor wurde ein Armband aus elf derartigen Smaragden hergestellt. Wir haben zehn Jahre gebraucht, um sie auf unseren verschiedenen Reisen zusammenzutragen.

Ich wollte damit eine Botschaft vermitteln. Der Stil des Armbands lehnt sich an ein Motiv aus Palmyra an. Während einige Gruppierungen unsere Kulturschätze zerstören, wollten wir die Geschichte durch Kreativität wieder aufleben lassen.

Sie soll ein Gegengewicht zu den heutigen nationalistischen Bewegungen sein. Die Schätze der alten Zivilisationen wurden im Mittleren Osten stark beschädigt.

Dass wir unsere Heimat verlassen mussten, schmerzt unsere Familie noch immer. Ich will Ihnen etwas sagen: Heute ist ultimativer Luxus, im selben Land zu sterben, in dem man geboren wurde. Ein Luxus, den die Schweiz schon seit vielen Jahrhunderten bietet.»