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«Bewertung mahnt zur Vorsicht»

Ein Szenario wie in Japan 1990 haltet Norbert Keimling am US-Markt für unwahrscheinlich.

Herr Keimling, der US-Aktienmarkt scheint sich deutlich vom realwirtschaftlichen Fundament entkoppelt zu haben. Droht Wallstreet ein ähnliches Schicksal wie Japan in den Neunzigerjahren? - Nachdem die japanische Aktienmarktblase 1990 platzte, hat der Nikkei 225 in den folgenden zwanzig Jahren über 80% seines Werts eingebüsst. Ein solches Szenario halte ich im US-Markt für unwahrscheinlich, etwa weil die Überbewertung Japans damals deutlich grösser war als heute in den USA. 1990 wiesen japanische Aktien ein Shiller-KGV von rund 70 auf. Der US-Markt ist gegenwärtig nur halb so teuer. Gleichwohl mahnt die hohe Bewertung zur Vorsicht. In der Vergangenheit hatten Investoren nach vergleichbaren Übertreibungen in der Regel wenig Freude.

Welche Faktoren sprechen dafür, dass die USA ihre Spitzenposition behalten können, welche sprechen dagegen? - Aktuell werden diverse Gründe angeführt, die eine dauerhaft hohe Bewertung der USA rechtfertigen sollen. Zum Beispiel das höhere Gewinnwachstum – etwa als Folge der Aktienrückkäufe –, die positiven Globalisierungseffekte, das niedrige Zinsniveau oder die einmaligen Auswirkungen der Finanzkrise auf das Shiller-KGV. Viele dieser Argumente begründen allenfalls eine temporär höhere Bewertung, während andere wenig plausibel erscheinen.

Können Sie das genauer erläutern? - Wie die aktuellen Tarifkonflikte zeigen, ist die Globalisierung keine Einbahnstrasse. Die Zinsen sind ebenfalls bereits am Steigen. Auch das Argument einer Verzerrung der Bewertungsgrössen durch die Finanzkrise überzeugt nicht: Selbst ohne die Rezessionsjahre verbleibt das US-Shiller-KGV nahe 30.

Welche Renditeerwartungen leiten Sie aus der aktuellen Bewertung ab? - Historisch konnte man auf Basis des Shiller-KGV und des Kurs-Buchwert-Verhältnisses, KBV, relativ genaue langfristige Renditeschätzungen ableiten. Die beiden Indikatoren ergänzen sich gut, da die Kombination sowohl die Ertragskraft als auch den Substanzwert eines Marktes einbezieht. Aktuell bieten die Emerging Markets das höchste langfristige Potenzial: Mit einem Shiller-KGV von 17,6 und einem KBV von 1,8 können Investoren mit rund 7% realem Wertzuwachs über einen Zeitraum von mehr als zehn Jahren rechnen. Ähnlich sieht es in Europa aus. In attraktiven Einzelländern wie China oder Osteuropa mit einem KBV um 1 sind sogar noch deutlich höhere Renditen möglich.

Was prognostizieren Sie den USA? - Auf das extrem hohe Shiller-KGV von 30,7 und das KBV von 3,2 im US-Markt erzielten Investoren in den letzten Jahrzehnten langfristig nur enttäuschende Wertsteigerungen von durchschnittlich 3% – und dies bei einem beträchtlichen Rückschlagpotenzial.