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Beps ist ein fataler Fehlschuss

Am 5. Oktober 2015 hat die OECD ihre Berichte zur Base-Erosion-and-Profit-Shifting-(Beps-)Initiative veröffentlicht und als Erfolg gefeiert. Zwar wurde der ambitiöse Zeitplan eingehalten, inhaltlich vermögen die OECD-Arbeiten jedoch nicht zu überzeugen.

Auslöser war vor über zwei Jahren die Feststellung, dass einzelne grosse Konzerne in gewissen Ländern kaum Gewinnsteuern entrichteten, gleichzeitig auf Konzernstufe aber satten Gewinn auswiesen. Parallel wurde die Luxleaks-Debatte lanciert über vermeintlich ungerechtfertigte Steuerabkommen grosser Konzerne mit einzelnen Staaten wie etwa Luxemburg. Dadurch entstand die öffentliche Wahrnehmung, dass multinational tätige Konzerne durch aggressive Steuerplanung dank systematischer Ausnutzung der Unterschiede in nationalen Steuergesetzen sowie des Ansiedlungsinteresses einzelner Niedrigsteuerländer ungerechtfertigt und massiv Gewinnsteuern einsparen.

Ungenügende Datenlage

Die OECD geht von einer ungerechtfertigten Steuervermeidung von jährlich 4 bis 10% der globalen Einnahmen aus Gewinnsteuern aus (100 bis 240 Mrd. $). Dies ist deutlich weniger als noch vor zwei Jahren angenommen. Gleichzeitig stellt sie fest, dass ungenügende Informationen zur Ermittlung der angewandten Fiskalpraxis vorliegen. Deshalb soll eine konsistente Datengrundlage zur effektiven Beurteilung geschaffen werden. Das heisst nichts anderes, als dass man, bedingt durch das Verhalten einzelner schwarzer Schafe, ein Problem bekämpft, ohne zu wissen, wie verbreitet es tatsächlich ist.

Statt Einzelne zur Rechenschaft zu ziehen, hat es die OECD vorgezogen, eine neue Regulierungswelle anzustossen. Pascal Saint-Amans, Direktor des Zentrums für Steuerpolitik und -verwaltung der OECD, hatte zu Beginn ehrgeizig erklärt, dass die OECD die Initiative ergreifen müsse, um das ansonsten drohende Chaos der internationalen Steuerregulierung durch einzelne Staaten zu vermeiden. Die Beps-Initiative sollte folgende Zielsetzungen erfüllen: die Schaffung von kohärenten, einheitlichen, internationalen Steuerregeln, die Herstellung von Transparenz über den Steuerbeitrag multinational tätiger Unternehmen sowie eine Besteuerung der Unternehmen, die in Übereinstimmung mit der wirtschaftlichen Substanz an dem Ort geschieht, an dem der Gewinn generiert wird.

Nach dem Studium der OECD-Berichte wird klar, dass diese Ziele verfehlt werden. Kohärenz in den internationalen Gewinnbesteuerungsregeln wird nicht erreicht. Die OECD behauptet zwar, dass in vier Bereichen ein Konsens für einen verbindlichen Minimalstandard gefunden wurde. Dies trotz den vorgesehenen Wahlrechten. Bei den übrigen Themen beschränkt sich die OECD darauf, den Staaten unverbindliche Empfehlungen und eine Auswahl von Regelungsoptionen abzugeben.

Wichtige Nacharbeiten sind noch zu erledigen, etwa bei den Regeln zur Besteuerung von Betriebsstätten und der Definition der Missbrauchsklausel in den Doppelbesteuerungsabkommen. Die Schwelle zur Annahme einer steuerpflichtigen Betriebsstätte eines ausländischen Unternehmens wird zwar sehr viel tiefer als bisher angesetzt. Welcher Gewinn dieser Betriebsstätte dann zuzurechnen wäre, wird jedoch erst 2016 erarbeitet.

In einer Vielzahl von Fällen, in denen beispielsweise eine Konzernverkaufsgesellschaft als Kommissionärin für eine ausländische Prinzipalgesellschaft tätig ist, wird künftig steuertechnisch eine Betriebsstätte begründet werden. Ein Gewinn kann diesen ausschliesslich steuertechnisch begründeten Betriebsstätten, zumindest nach den geltenden OECD-Regeln, nicht zugeordnet werden. Die Begründung einer steuerpflichtigen Betriebsstätte wird in der Realität jedoch zur Besteuerung eines noch zu definierenden Betriebsstättengewinns führen, obschon am Ort dieser bloss steuertechnisch geschaffenen Betriebsstätte kein Personal irgendwelche Wertschöpfung erbringt.

Der Slogan «Besteuerung der Gewinne an dem Ort, wo sie generiert werden» klingt zwar gut, ist aber nicht neu und leitete sich bisher schon aus dem Drittvergleichsgrundsatz der internationalen Verrechnungspreisregeln ab. Hier führen die neuen Berichte nicht zu mehr Sicherheit über die Gewinnzuteilung, sondern zu internationalen Doppelbesteuerungsstreitigkeiten, wie vorstehendes Beispiel zeigt.

Einzig im Bereich der Transparenz ist ein Erfolg zu verbuchen. Hier war die Einigung aller Staaten möglich. Konzerne mit einem Umsatz über 750 Mio. € müssen künftig ein sogenanntes Country by Country Reporting (CbCR) erstellen und den Steuerbehörden im Land des Konzernsitzes einreichen. Dieses CbCR wird an die Steuerbehörden aller Länder geliefert, in denen der Konzern aktiv ist. Ausserdem ist der Austausch von rechtsverbindlichen Steuervorbescheiden (Rulings) vereinbart worden.

Zudem muss jeder Konzern ein «Masterfile» erstellen und dem Fiskus in allen Ländern einreichen. Darin sind sämtliche konzerninternen Leistungsbeziehungen offenzulegen und zu begründen, auch wenn sie keinen Bezug zur Tätigkeit in einem einzelnen Land haben. Dies bedeutet erheblichen administrativen Mehraufwand. Es ist zu befürchten, dass die zusätzlichen Informationen, verbunden mit der zu Unrecht geschürten Annahme, dass multinationale Konzerne per se unzulässige Gewinnverschiebung betreiben, zu einem massiven Anstieg steuerlicher Gewinnkorrekturen führen wird.

Aggressive Steuereintreibung

Vermehrte Doppelbesteuerungen desselben Gewinnsubstrats sind die Konsequenz. Zur Beseitigung der Doppelbesteuerung sind, sofern überhaupt möglich, administrativ aufwendige Verständigungsverfahren notwendig. Die neuen Regeln stellen bei leeren Staatskassen zudem eine Einladung zur aggressiven Steuereintreibung dar. Davon sind auch kleine und mittlere Unternehmen mit grenzüberschreitender Tätigkeit betroffen.

Das internationale Besteuerungschaos ist mit dem OECD-Beps-Ansatz programmiert. Dabei würde eine einzige Massnahme genügen, um im internationalen Steuerwettbewerb gleich lange Spiesse zu schaffen. Die Einführung einer harmonisierten, einheitlichen Bestimmung der Gewinnsteuerbasis aller Gesellschaften, egal, in welchem Land sie sich befinden. Der Steuerwettbewerb würde dann nur über die Höhe der Steuersätze spielen. Gespannt darf beobachtet werden, ob das innerhalb der EU reaktivierte Projekt zur Definition einer einheitlichen Gewinnsteuerbasis erfolgreich sein wird. Statt Symptombekämpfung zu betreiben, würde man das Problem an der Wurzel lösen.

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