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Aufgefallen in… Bern

Die Berner Altstadt mit dem Kirchenfeldquartier im Hintergrund.

Die etwas angejahrten Semester werden sich erinnern: Man schrieb das Jahr 1973, die Ölkrise und der Jom-Kippur-Krieg im Herbst waren prägende Ereignisse. Unter dem Eindruck der Gefahr einer Erdölknappheit ordnete der Bundesrat autofreie Sonntage an – sie haben sich im kollektiven Gedächtnis eingebrannt. Das war siebzehn Jahre zuvor noch kaum der Fall: Nach der Suez-Krise wurden erstmals Autofahrverbote erlassen. Anlass war in beiden Fällen nicht die Suche nach romantischen «Wir-Erlebnissen», sondern waren handfeste weltpolitische Krisen.

Ganz anders heute: Die Stadt Bern (bzw. ihre rot-grüne Regierung) beglückt zum wiederholten Mal ein Quartier mit einem autofreien Sonntag. Am 21. Oktober ist das Kirchenfeld an der Reihe. Die Quartierbevölkerung allerdings wurde nicht gefragt, ob sie das will. Sicher wäre die Zustimmung keineswegs, denn wer im Quartier wohnt, ist an diesem Tag gleichsam gefangen und von der Stadt dazu verdonnert, auf das Auto zu verzichten.

Nur nebenbei sei erwähnt, dass sich etliche rot-grüne Politiker der Stadt offenbar betupft fühlen, weil sie nicht gefragt worden sind, ob sie denn das von der Stadt  beschlossene Formel-E-Rennen in Bern unterstützen. Wenn zwei dasselbe tun…

Bern befindet sich mit dem autofreien Sonntag in guter Gesellschaft. Verschiedene Städte und Regionen führen entsprechende Anlässe durch – meist ohne Befragung der Betroffenen. Die umtriebigen Organisatoren, die ja nur das «Gute» für alle wollen, haben vergessen, dass die Schweizer Bevölkerung schon zwei Mal zu dieser Thematik befragt worden ist.

Sie lehnte im Mai 1978 eine Volksinitiative ab, die zwölf autofreie Sonntage pro Jahr forderte. Die Ablehnung war deutlich: 63,7% wollten davon nichts wissen. Fünfundzwanzig Jahre später, im Mai 2003, wurde eine Volksinitiative, die einen autofreien Sonntag pro Jahreszeit verlangte, mit praktisch demselben Verhältnis abgelehnt (62,4%). Die Bevölkerung will offenbar keine autofreien Sonntage.

Zurück zu Bern: Wer meint, am Sonntag gelte im Kirchenfeldquartier eine unbegrenzte Freiheit zu Fest und Spass auf leeren Strassen, der irrt sich gewaltig. Die Liste der Verbote und Gebote ist ellenlang: So sind etwa kommerzielle Aktionen wie der Verkauf von Getränken und Esswaren nicht erlaubt, es sei denn, sie werden über das Netzwerk «Quartierzeit» organisiert. Weiter darf Musik nur unverstärkt wiedergegeben werden, extra installierte Tonanlagen sind verboten. Es sei denn, es handle sich um Aktivitäten von «Quartierzeit» – eine Art Organisationsmonopolist.

Weiter muss Mehrweggeschirr verwendet werden, müssen Grills in «angemessener Distanz» zum Publikum aufgebaut werden, Schläuche von Gasflaschen müssen richtig befestigt sein und dürfen nicht geknickt werden und Helium- und Sauerstoffflaschen sind mit einer Kette oder einem Metallband zu sichern.

Immerhin: Ortsansässige Betriebe und Restaurants dürfen – welche Gnade – «im Rahmen ihrer üblichen Bewilligung» aktiv sein. Erlaubt sind Unterschriftensammlungen ohne Infrastruktur bis maximal drei Personen, dasselbe gilt für das Verteilen von Flyern oder Werbegeschenken. Da hat der Amtsschimmel kräftig gewiehert. Noch Lust auf ein unbeschwertes Fest?

Damit nicht genug: Sonderbewilligungen für motorisierte Fahrzeuge gibt es nur für Taxidienste und – man höre und staune – für Pikett- und Notfalldienste. Bevor die Feuerwehr ein brennendes Zelt löschen darf, muss sie zuerst eine Sonderbewilligung einholen. Dafür stehen eine E-Mail-Adresse sowie eine telefonische Hotline zur Verfügung. Und dennoch: «Fahrten während der autofreien Zeit sind auch mit Sonderbewilligung möglichst zu unterlassen» – das Zelt brennt weiter.

Versteht sich von selbst, dass derartiges nicht ganz gratis ist. Die Stadt budgetiert jeweils rund 50 000 Fr. für den autofreien Sonntag. So oder so: Am 21. Oktober feiert sich im Kirchenfeldquartier in erster Linie rot-grün selbst – auf Kosten der Steuerzahler. Viel Vergnügen!