Ihr Browser ist veraltet. Bitte aktualisieren Sie Ihren Browser auf die neueste Version, oder wechseln Sie auf einen anderen Browser wie ChromeSafariFirefox oder Edge um Sicherheitslücken zu vermeiden und eine bestmögliche Performance zu gewährleisten.

Zum Hauptinhalt springen

«Auf sturmsichere Unternehmen setzen»

«Nach Jahren der Stagnation verfügen die Tabakunternehmen mit ihren neuen Zigaretten nun endlich wieder über Wachstumspotenzial.» Die Silhouette eines Arbeiters auf einer Tabak-Farm in Kentucky.

Herr Arpagaus, Herr Frech, seit Jahresanfang sind die Börsen ruppiger. Hat eine neue Marktphase begonnen, oder bietet sich eine gute Einstiegsgelegenheit? - Livio Arpagaus: Der Rückschlag vom März war zu harmlos, um die Anleger wirklich zu beunruhigen. Die Börsen haben ja lediglich 10% korrigiert. Bei einem Einbruch von 20 oder 25% hätte sich die Anlegerstimmung ziemlich sicher abgekühlt. - Peter Frech: Das ist reine Makrospekulation. Wir machen jedoch explizit keine Markteinschätzungen. Anhand unserer Bottom-up-Analysen erkennen wir aber typische Anzeichen, dass sich der Börsenzyklus in der Spätphase befindet.

Peter Frech (links) und Livio Arpagaus haben in den vergangenen Monaten fast alle Finanztitel verkauft, da ihr Bewertungsabschlag angesichts der Risiken zu gering ist.

Woraus schliessen Sie das? - Frech: Wir beobachten zum Beispiel, dass die Bewertungsabschläge auf zyklischen Aktien praktisch verschwunden sind. Auch unterscheidet der Markt nicht mehr zwischen Firmen mit soliden und solchen mit schwachen Bilanzen. Die Anleger sind sorglos geworden und fürchten sich nicht mehr vor einer Rezession.

Was bedeutet das für Ihre Anlageentscheide? - Frech: Das bedeutet, dass wir den Fokus stärker auf Unternehmen mit sturmsicheren Bilanzen und einem möglichst stabilen Geschäftsmodell legen.

Und wo finden Sie solche Gesellschaften? - Frech: Etwa im Gesundheitssektor, der inzwischen rund 30% unseres Portfolios ausmacht. Aber auch bei Konsumgütern.

Können Sie ein Beispiel nennen? - Arpagaus: Vor etwa einem Monat haben wir Roche gekauft. Damit haben wir erstmals seit rund fünf Jahren wieder einen Schweizer Titel im Portfolio.

Sind Roche bloss relativ zu den teuren Zyklikern attraktiv oder sind sie tatsächlich günstig? - Frech: Roche sind im Quervergleich sehr günstig, in Anbetracht der Qualität aber auch absolut gesehen attraktiv. - Arpagaus: Anleger erhalten eine Free-Cashflow-Rendite von 6% und eine Dividendenrendite von fast 4%. Das kann sich durchaus sehen lassen.

Novartis und Nestlé haben jüngst ebenfalls kräftig gelitten. Sind diese Titel kein Kauf? - Arpagaus: Novartis ist uns noch zu wenig günstig. Zudem überzeugt uns die Investitionsdisziplin des Unternehmens nicht.

Das müssen Sie erklären. - Arpagaus: Novartis hält ja einen grossen Anteil an Roche. Jüngst flammten wieder Diskussionen auf, was sie damit machen soll – verkaufen oder nicht? Das Management meinte, verkaufen sei keine Option, denn dann müsste es den Erlös an die Aktionäre ausschütten. Das Signal war, dass Novartis den Anteil nur dann verkauft, wenn sie den Erlös wieder investieren kann. Das ist die falsche Einstellung. Uns wäre eine Sonderdividende lieber.

Die verzweifelte Suche nach einem Investitionsobjekt ist Ihnen suspekt? - Frech: Das ist uns sehr suspekt. Wir bevorzugen Firmen, die eine aktionärsfreundliche Politik betreiben und überschüssige Mittel an die Kapitalgeber ausschütten. Gesellschaften, die «Empire Building» betreiben – also regelmässig akquirieren und/oder fusionieren –, meiden wir, da diese Aktivitäten häufig Wert vernichten.

Was halten Sie von Aktienrückkäufen, die momentan sehr beliebt sind? - Frech: Bei den aktuell hohen Kursen ist das problematisch – genauso wie überteuerte Übernahmen. Gefährlich wird es, wenn für solche Transaktionen Fremdkapital aufgenommen wird. Wenn allerdings Unternehmen ihre Titel zurückkaufen, die unterbewertet sind, ist das erfreulich.

Wo siedeln Sie Apple an? - Frech: Unserer Meinung nach sind die Aktien von Apple immer noch leicht unterbewertet. Deshalb begrüssen wir das Rückkaufprogramm von 100 Mrd. $. Es spricht auch für die Disziplin des Unternehmens, dass es diesen Betrag an die Aktionäre zurückführt und nicht für eine abenteuerliche Übernahme verwendet.

Zurück in die Schweiz: Was ist mit Nestlé? - Arpagaus: Nestlé ist einer der wenigen Nahrungsmittelkonzerne, die keinen Schuldenberg in der Bilanz haben. Bei den Konkurrenten ist der hohe Fremdkapitalanteil ein Problem. Allerdings ist die Aktie noch nicht günstig genug.

Um wie viel müsste der Kurs noch fallen, damit Nestlé ein Kauf ist? - Arpagaus: Eher 20 als 10%. Dann läge die Free-Cashflow-Rendite über 5%.

Welches sind die attraktiven Gesellschaften im Konsumgütersektor? - Frech: Wir haben Philip Morris, Altria, Imperial Brands und Japan Tobacco gekauft, die in den vergangenen drei Monaten stark gelitten haben. Also im Wesentlichen alle wichtigen Tabakkonzerne ausser BAT, die uns zu stark verschuldet ist. - Arpagaus: Philip Morris ist interessant. Der Umsatz wächst, der Gewinn aber stagniert. Das hat der Markt nicht goutiert. Schaut man aber genauer hin, erkennt man, dass der Grund dafür die steigenden Marketingkosten waren, da der Konzern kräftig in sein neues Produkt Iqos investiert. Bei diesem wird der Tabak – anders als bei klassischen Zigaretten – nicht mehr verbrannt, sondern nur noch erhitzt.

Was sind die Vorteile? - Arpagaus: Noch sind die Produktionskosten wegen der geringeren Volumen höher. Aber mit Iqos, das viel weniger schädlich ist, macht Philip Morris pro Stück etwa fünfmal so viel Umsatz wie mit herkömmlichen Zigaretten. Und das Unternehmen hat Erfolg damit. In Japan hat es damit in drei Jahren einen Marktanteil von 15% erobert. - Frech: Nach Jahren der Stagnation verfügen die Tabakunternehmen mit ihren neuen Zigaretten nun endlich wieder über Wachstumspotenzial. Aber der Markt nimmt den Übergang interessanterweise überaus negativ wahr.

Wegen steigender Zinsen sind Finanztitel beliebt. Was ist Ihre Einschätzung? - Frech: Wir haben in den vergangenen Monaten praktisch alle Banktitel abgestossen, da sie den von uns ermittelten fairen Wert erreicht haben. Ein gewisser Bewertungsabschlag ist noch vorhanden. Angesichts der latenten Risiken, die immer in den Bankbilanzen schlummern, ist er uns jedoch zu gering. Zumal es nur eine Frage der Zeit ist bis zur nächsten Krise.

Vor einem Jahr haben Sie mutig auf US-Detailhändler gesetzt. Wie sieht es nun aus? - Frech: Wir waren zu früh – und mussten im Sommer leiden. Zum Jahresende hat sich alles zum Guten gewendet, worauf wir sämtliche Positionen ausser Gamestop verkauft haben. Dafür haben wir beim spanischen Retailer Inditex zugeschlagen. Das ist ein Qualitätsunternehmen, das jedes Jahr 6 bis 8% wächst, während die Konkurrenz schrumpft. Relativ zu anderen Branchenvertretern ist Inditex äusserst günstig bewertet.

Arpagaus: Der Börsenkurs von Inditex hat wohl wegen der Schwäche des Rivalen H&M gelitten. Der Markt scheint einen Umsatzrückgang vorwegzunehmen, obwohl das Unternehmen nach wie vor schön wächst. - Frech: Obschon Inditex deutlich besser dasteht und schuldenfrei ist, hat sie die gleiche Bewertung wie H&M. Das ist eine eklatante Fehlbewertung.

Wo sehen Sie sonst noch Chancen? - Frech: Im Technologiesektor bei Serviceunternehmen wie Cognizant oder Accenture. Sie zeigen stetiges, solides Wachstum und erwirtschaften einen üppigen freien Cashflow. Diese Gesellschaften sind schuldenfrei, benötigen wenig Kapital und schütten viel aus. Diese Titel verdienen eine höhere Bewertung.

Gibt es weitere Beispiele? - Arpagaus : Eine der attraktivsten Aktien in unserem Portfolio ist die auf Sicherheitssoftware spezialisierte israelische Check Point Software. Sie vollzieht gerade den Wechsel vom Produktverkauf zum Lizenzierungsgeschäft – und das äusserst erfolgreich. Der Anteil an wiederkehrenden Wartungsdienstleistungen nimmt dadurch stetig zu, der Umsatz wächst Jahr für Jahr 6 bis 8%. Check Point verfügt über einen Nettobargeldbestand von rund 4 Mrd. $, benötigt jährlich aber nur 30 Mio. $ für Investitionen.

Was macht Check Point mit dem Geld? - Arpagaus: Das Unternehmen führt jedes Jahr 1 Mrd. $ über Aktienrückkäufe an die Aktionäre zurück. Dennoch erleidet die Aktie nach jedem Quartalsbericht einen Rückschlag – aus uns unerfindlichen Gründen.