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«Alphabet und Facebook sind schockierend günstig»

«Alphabet und Facebook dominieren den stark wachsenden digitalen Werbemarkt und sind bisher alternativlos.»

Herr Benkendorf, die Börsen mussten jüngst einige Herausforderungen meistern. Gibt es etwas, was Sie beunruhigt? - Was die Titel in unserem Portfolio betrifft: Nein. Es gibt viele grossartige Firmen, die zuverlässig und voraussehbar wachsen und sich auch in Rezessionen bewähren. Das grösste Risiko ist, wenn unter Anlegern Sorglosigkeit herrscht, was derzeit höchstens gegenüber der restriktiveren Gangart der US-Notenbank der Fall ist.

Wie meinen Sie das? - Die US-Zinsen entsprechen weder am kurzen noch am langen Ende der ökonomischen Realität. Nachdem sie viel zu lange künstlich tief gehalten wurden, ist die Entwöhnung schwierig. Die Zinserhöhungen des Fed sind eine grosse tektonische Verschiebung, die von den Anlegern unterschätzt wird. Ich spreche dabei nicht einmal vom Ausmass der Zinsschritte, sondern von der Tatsache, dass sich das Fundament bewegt. Der risikofreie US-Zins ist der Anker für die weltweiten Vermögenspreise.

Immerhin sind die Zinsen in den USA auf ein ansprechendes Niveau gestiegen. - Der Long Bond müsste höher rentieren, wenn man die anziehende Inflation oder den engen Arbeitsmarkt betrachtet. Das ist die eine Hälfte. Die andere ist die fiskalische Herausforderung: Die USA sind gerade daran, mit ihrer Steuerreform das Defizit aufzublasen. Trotzdem zieht das Wachstum nicht an – die Rechnung könnte also nicht aufgehen. Am Bondmarkt findet ein langsames Erwachen statt, die Bond Vigilantes kehren allmählich zurück.

Das müssen Sie erklären. - Bond Vigilantes sind Investoren, die auf die Fundamentaldaten reagieren und über Treasury-Verkäufe und den damit verbundenen Zinsanstieg Budgetdisziplin beim Staat erzwingen. Sie sind in den letzten Jahren von der Bildfläche verschwunden. Sie waren aber nicht tot, sondern im Winterschlaf, weil sie im abnormalen Umfeld mit der aggressiven Zentralbankpolitik keinen Einfluss hatten. Nun ist der Frühling angebrochen, die Bond Vigilantes wachen nach und nach auf. Eine kleine Reaktion haben wir mit den steigenden Treasury-Renditen bereits gesehen, da könnte aber noch mehr kommen.

Sind die höheren Zinsen nicht eine Gefahr für Qualitätsaktien, die von vielen Investoren als Anleihenersatz erworben wurden? - Es gibt drei Klassen von Qualitätsunternehmen. Die erste sind strukturelle Wachstumsfirmen wie Alphabet, Visa und Mastercard. Die sind nicht betroffen, weil sie im mittleren bis hohen zweistelligen Prozentbereich wachsen. Zudem ist ihre Dividendenrendite nicht hoch, sie eignen sich also nicht als Anleihenersatz.

Sind diese Unternehmen nicht zu stark vom künftigen Wachstum abhängig? Bei vielen Namen könnte Ungemach drohen, wenn die Gewinne enttäuschen. - Visa und Mastercard handeln am oberen Ende der historischen Bewertungsspanne, aber nicht darüber. Unternehmen, die ihren Gewinn jährlich 15 bis 20% steigern, wachsen schnell in ihre Bewertung hinein. Ein Kurs-Gewinn-Verhältnis zwischen 25 und 30 ist deshalb vertretbar. Schockierend günstig sind Alphabet und Facebook. Beide handeln zu einem KGV um die 20, wenn man das Cash abzieht, das sie in ihrer Bilanz halten – und dies bei mittlerem bis hohem zweistelligem Gewinnwachstum. Beide dominieren den stark wachsenden digitalen Werbemarkt und sind bisher alternativlos.

Sehen Sie nirgends Anzeichen von Exzess? - Im Halbleiterbereich beobachten wir spekulative Tendenzen, weil selbstfahrende Fahrzeuge, Video-Gaming und Kryptowährungen hoch in der Gunst stehen. Da machen wir nicht mit. Das sind Bereiche mit geringer Vorhersehbarkeit, die riskanter sind als Visa oder Mastercard, wo das Bezahlvolumen auch in einer Rezession im mittleren einstelligen Prozentbereich wächst.

Wann verkaufen Sie? - Wenn die Bewertungen zu hoch steigen. Wir haben PayPal verkauft, als der Titel zu einem KGV um 50 notierte. Ähnlich hoch waren die Schwellenländertöchter westlicher Basiskonsumwerte wie Unilever in Indien oder Indonesien bewertet, die wir ebenfalls abgestossen haben. Eines Tages werden wir diese Titel günstiger zurückkaufen können.

Was ist die zweite Klasse an Qualitätsunternehmen? - Das sind diejenigen, die der Markt völlig falsch einschätzt. Es gibt Qualitätsaktien, die wegen der Angst vor technologischer Disruption abgestraft wurden. Dazu zählen Detailhandelswerte wie der Autoersatzteilverkäufer O’Reilly Auto Parts, den wir halten. Anleger fürchteten, Amazon werde in den Markt eintreten und sämtliche Wettbewerber verdrängen, was nicht geschehen wird. Auch Nike standen wegen Amazon ungerechtfertigt unter Druck.

Zählen auch Namen wie Macy’s dazu, die ebenfalls unter der Onlinekonkurrenz gelitten haben? - Nein. Macy’s mag aus Bewertungssicht attraktiv sein, bietet aber nicht Qualität, wie wir sie definieren, weil sich Warenhäuser nicht genügend voneinander unterscheiden. Sie verkaufen alle ähnliche Produkte und haben deshalb keinen klaren Wettbewerbsvorteil. Als Folge bewegen sie sich in einem äusserst kompetitiven Umfeld mit dünnen Margen.

Gibt es weitere Unternehmen, die der Markt unterschätzt? - Alle lieben Netflix. Der Streamingdienst bietet ein tolles Produkt mit einem guten Interface. Doch das Unternehmen verbrennt immer noch Cash und muss deshalb Schulden aufnehmen. Im Gegenzug kommt Disney trotz toller Franchise nicht vom Fleck. Die Valoren stehen wegen der Übernahmeschlacht um Twenty-First Century Fox, die Disney mit Comcast austrägt, unter Druck. Wir halten sowohl Comcast als auch Disney, die ähnlich bewertet sind.

Und die dritte Klasse sind die Titel, die als Anleihenersatz gelten? - Genau. Gemeint sind defensive Qualitätswerte hauptsächlich aus den Bereichen Nahrungsmittel, Getränke und Tabak, die von vielen Anlegern nur wegen der Dividendenrendite und nicht wegen des Wachstums gekauft wurden. Dennoch wehren wir uns gegen die Pauschalisierung durch die Bezeichnung «Anleihenersatz». Die Basiskonsumtitel, die wir halten, bieten Wachstum und Rendite. Wachstum ist wichtig, um dem Druck aus der Zinsnormalisierung zu begegnen. Weil unsere Unternehmen Umsatz und Gewinn nachhaltig steigern und hochprofitabel sind, werfen sie fast zwangsläufig Cash ab. Die Dividende ist aber nicht der Hauptgrund, warum wie sie halten.

Neulich haben Campbell Soup an einem Handelstag fast 13% verloren. Haben Sie gekauft? - Nein, Campbell Soup ist in den falschen Marktsegmenten tätig. Basiskonsumwerte müssen gewisse Charakteristiken aufweisen, um zu den Gewinnern zu zählen. Sie müssen der dominante Player – die Nummer eins oder zwei – in ihrem Markt sein. Zudem müssen sie in den richtigen Marktsegmenten und in den richtigen Ländern – Stichwort Emerging Markets – tätig sein. Und sie brauchen ein gutes Management, damit sich der dem Geschäftsmodell zugrundeliegende Wert auch materialisiert.

Was verstehen Sie unter guter Führung? - Ein gutes Management steuert das Umlaufvermögen, achtet auf steigende Margen und schafft mit Übernahmen Wert.

Welche Basiskonsumwerte erfüllen Ihre Kriterien? - Zum Beispiel der Tabakkonzern BAT, der Getränkehersteller Diageo oder der Körperpflegespezialist Reckitt Benckiser. Und natürlich Unilever.

Warum Unilever und nicht Nestlé? - Wir halten Nestlé, doch Unilever steht einiges besser da – sowohl bei den Marktsegmenten als auch beim geografischen Exposure und beim Management. Unilever fokussiert weniger auf Nahrungsmittel, sondern auf Pflege- und Schönheitsprodukte, wo die Risiken geringer sind. In den Schwellenländern ist Unilever noch besser aufgestellt als Nestlé. Und das Unternehmen liefert seit Jahren gute Resultate – ironischerweise dank eines ehemaligen Nestlé-Managers.

Was empfehlen Sie der neuen Nestlé-Führung? - Das Management muss das Kapital besser einsetzen – die Übernahmen der letzten Jahre waren nicht gut. Es gibt Anzeichen, dass die neue Führung frischen Wind bringt. Wir warten dennoch ab, bevor wir aufstocken.

Was halten Sie von den Schwellenländern, wo jüngst Spannungen aufgetreten sind? - Diese Schwankungen sind normal für die Schwellenländer. Anleger sollten den Glauben an die Emerging Markets nicht verlieren: Die Staatshaushalte sind im Gleichgewicht, die Korruption wurde bekämpft, die Konjunktur erholt sich in vielen Ländern. Das Problem ist eher, dass die Industrieländer rückständiger werden, was Irrationalität und Vorhersehbarkeit von politischen Entscheiden anbelangt.