Ihr Browser ist veraltet. Bitte aktualisieren Sie Ihren Browser auf die neueste Version, oder wechseln Sie auf einen anderen Browser wie ChromeSafariFirefox oder Edge um Sicherheitslücken zu vermeiden und eine bestmögliche Performance zu gewährleisten.

Zum Hauptinhalt springen

Allein in der Lagune von Venedig

Die Hauptvilla Ammiana von 1870 war einst ein Kloster. Sie wurde 2015 renoviert und bietet bis zu 15 Personen Aufenthalt in warmer, erholsamer Gastfreundlichkeit.

In der Lagune, weitab von den Touristenmassen, gibt es zwischen den verstreuten Inseln im Norden von Venedig ein kleines Paradies: die Isola Santa Cristina. Ein Ort, den man mieten kann, fern der Zeit und der vollgestopften Gassen und Brücken der illustren Nachbarin.

Santa Cristina ist Authentizität und Raffinesse, Ruhe, Einfachheit, Schweigen und ein Reichtum an Fauna und Flora. Hier ist Luxus nicht marktschreierisch und laut, sondern elegant, ganz im Sinne der Suche nach Identität, auf die sich so viele Menschen begeben, und des Strebens, die Reichtümer der Erde zu schützen und zu bewahren.

Die Vision von Hausherr und Hausherrin René und Sandra Deutsch ist eng mit der ganzen Lagune verbunden – und mit der übrigen Welt, in aller Bescheidenheit.

Die typisch venezianische Terrasse mit atemberaubender Sicht auf Insel und Lagune.

Als der Stiefvater von René Deutsch, Gernot Langes-Swarovski, vor drei Jahrzehnten die 30 Hektar grosse Insel erwarb, grenzte er sie mit Steinen und Bäumen ein. Nicht um sich von den Einheimischen abzusondern, sondern um die Oase vor Erosion zu schützen, die langsam, aber sicher den Boden verschlang.

Dieser klugen Voraussicht ist es zu verdanken, dass ein natürliches Biotop entstehen und zahlreiche Krebsund Fischarten überleben konnten, die man heute nur noch in diesem Teil der Lagune findet.

Im Zentrum der Insel das Anwesen, ein ehemaliges Kloster, das in aller Schlichtheit renoviert wurde. Es gibt fünf Schlafzimmer, eine Küche, einen Aussen- und einen Innenkamin, einen angenehm grossen Pool für die Entspannung.

Es dauerte ein Jahr, um Steine und einheimische Vegetation um die Insel zu setzen, die deren Erosion verhindern.

Alles ist so konzipiert, dass sich Körper und Geist erholen. Die Natur ist omnipräsent, René Deutsch hat diesen wahren Schatz dieses Ortes erkannt und bewahrt. Statt eine schillernd-luxuriöse Residenz zu bauen, investierte er eine halbe Million Euro in die umweltbewusste Renovation und in die Vegetation.

Feigen, Zitronen, Pflaumen und Granatäpfel gedeihen hier ohne jegliche künstliche Behandlung. Beim Flanieren in den Alleen lässt man sich von der Schönheit bezaubern, entdeckt etwa hinter einer Wegabbiegung eine aus rotem Backstein erbaute Kapelle.

Auf den Wiesen begegnet man goldfarbigen Hühnern, einem Hahn, einem Pfau, einer Vielzahl einheimischer Vögel, die hier nisten, Reiher segeln über die Wasserfläche.

In dem seit zehn Jahren sorgfältig unterhaltenen Olivenhain konnte am 23. Oktober erstmals geerntet werden. Im Weinberg wachsen Cabernet Sauvignon und Merlot.

Bis anhin ergaben die Trauben etwa 5000 bis 10’000 Flaschen pro Jahr, die für die Besitzer bestimmt waren oder an befreundete Restaurantbesitzer verkauft wurden.

Vergangenen Herbst wurde der Venusa, der Wein der Insel Santa Cristina, geboren. Gekeltert wird er von der Familie Bisol, Winzer und Besitzer des sternegekrönten Restaurants Venissa in Mazzorbo, einer reizvollen Enklave, die von Burano aus über eine Brücke erreicht wird.

Wenn das sorgfältig unterhaltene Kleinod der Natur heute auch von Fremden besucht werden kann, so ist dies René und Sandra Deutsch zu verdanken.

René war ein klassischer Geschäftsmann, bis zu jenem Tag, als er in Australien einen Ashram entdeckte. «Die Reinheit und die Schönheit des Ortes haben mich auf Anhieb begeistert. Zwei Wochen später sollte hier eine Yoga-Retraite beginnen, zu der Sandra und ich uns ohne viel zu überlegen anmeldeten.»

Diese Erfahrung wird ihr Leben radikal und grundlegend verändern. Während zwei Jahren studieren sie Satyananda-Yoga und werden Lehrer. Während eines Aufenthalts mit der Familie auf der Insel Santa Cristina sehen sie den Ort plötzlich mit ganz anderen Augen, entdecken das Potenzial und die Schönheit des Anwesens neu.

Mit Zustimmung der Eltern übernimmt das Paar die Leitung der Insel. Dank ihrem vom Yoga geschärften Sinn sehen sie über den Meeresrand hinaus. Den Reichtum der Umwelt und die einheimische Bevölkerung respektierend, machen sie sich Schritt für Schritt daran, die Basis für diese Oase zu legen.

Eines der ersten Ziele sind die Autonomie der Insel und die maximale Reduktion des CO2-Fussabdrucks. Trinkwasser wird aus dem Brunnen geschöpft, der Garten liefert dank der Zusammenarbeit mit einem Landwirtschaftsfachmann das ganze Jahr über frisches Gemüse und Obst.

Zusammen mit der Universität Ca’Foscari in Venedig bauen sie die seit zwei Jahrzehnten inaktive Fischzucht wieder auf, um verschwundene Fischarten zu neuem Leben zu erwecken.

Die Insel atmet Fülle und Stille, ideale Voraussetzungen für ein Yoga-Retreat. René und Sandra offerieren Aufenthalte, die auf der Yoga-Philosophie Satyananda und Sivananda basieren, können aber auch Kurse in Lyengar- und Ashtanga-Yoga anbieten.

Der kürzlich eröffnete Yoga-Raum für etwa zwanzig Teilnehmer erinnert an einen Kokon. Weicher, mit einem hellen Spannteppich bedeckter Boden, zwei von raffinierten Maschrabiyya (Fenstergittern) aus Backstein verdeckte Fenster geben den Blick frei in die Weite, ein Gong.

Der schnörkellose, schlichte Raum entspricht ganz der Persönlichkeit der Besitzer. Könnte sich die Insel in einen Ashram verwandeln? René erläutert seine Achtung vor dem Yoga und dessen Hintergrund. «Selbst wenn der Ort ideal dafür wäre, wir haben diese Kultur nicht in uns. Ich fühle mich nicht legitimiert, einen Ashram zu kreieren. Das wäre anmassend, und wir wären nicht glaubwürdig und kohärent.»

Auf die Frage, weshalb er nicht mehr Geschäftsmann ist, antwortet er nach längerem Nachdenken: «Hier arbeite ich wie ein Manager, aber eben auf eine andere Art.»

Sandra und René Deutsch, die Besitzer der Isola Santa Cristina.

Ein weiteres Ziel ist es, die Insel als Teil des Ökosystems der Lagune, die ja auch Teil eines noch grösseren Ökosystems ist, zu bewahren. Es käme dem Hausherrn auch nicht in den Sinn, den Modeausdruck «Bewusstsein» zu verwenden oder pompöse Erklärungen über Respektieren des Individuums und der Natur abzugeben.

Er ist ein Macher, und dies ohne falsche Bescheidenheit. Neben der Pracht des Ortes und der respektvollen Haltung, die René und Sandra der Isola Cristina entgegenbringen, erahnt man auch die Beziehungen, die die Familie mit den Bewohnern der Lagune von Venedig geknüpft hat.

Es ist ihr gelungen, sich zu integrieren und gleichzeitig den ursprünglichen Reichtum der Region zu respektieren. Jahr für Jahr und ohne sich aufzudrängen, engagiert sie sich mit dem gleichen Ehrgeiz der Menschen, die hier geboren und auf ihr natürliches Erbe so stolz sind.

Ihr Ziel ist ambitiös, sie wollen die Wohltaten der Natur bewahren und vielleicht gar verbessern. René zitiert dazu die Worte von Gandhi, der in seinen «Briefen an den Ashram» sagte: «Wer Demut pflegt, pflegt die Heuchelei. Der Demütige ist sich seiner Demut nicht bewusst.»

Man verlässt die Isola Santa Cristina nicht ohne dieses warme Glück im Gepäck. Maupassant hat geschrieben, dass es auf dieser Welt keinen Ort gibt, der wie Venedig diese Konspiration des Enthusiasmus bewirkt. Nicht ganz richtig, denn es gibt die Isola Santa Cristina.