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«Aktien bleiben top, Bonds neigen zum Flop»

«Im ausgewogenen Depot liegt auch in schwierigerer Zeit ein Mehrertrag von 2 bis 3 Prozentpunkten über der Anleihenrendite drin.»

Herr Sax, die Migros Bank wirbt mit dem Komiker Beat Schlatter und dem Slogan «Beim Anlegen hört der Spass auf» grossflächig um Kunden. Darf Kapital investieren keinen Spass machen? - Selbstverständlich darf Kapital anlegen Spass machen. Wenn die Anlagestrategie aufgeht und die Risiken im Griff sind, darf man sich absolut freuen. Was die Kampagne betont, und da kommen wir zum Ernst der Sache: Eine langfristig gute Rendite setzt eine sehr sorgfältige Wahl der Anlagen und eine risikobewusste Strategie voraus. Dafür übernehmen wir für den Kunden die Verantwortung und nehmen die Aufgabe sehr ernst.

Wenn, wie jetzt, die Börsen schwächeln, ist es besonders schwierig, ruhig zu bleiben und richtig zu entscheiden. Welches ist aus Erfahrung der grösste Fehler, den Anleger begehen? - Anleger sind allgemein zu ungeduldig und zu aktivistisch. Marktschwankungen muss man aushalten können, niemand kann die kurzfristigen Bewegungen an den Märkten antizipieren und sich darauf verlassen. Timing verursacht Kosten und ist für die langfristige Performance mehr schädlich als nützlich. Deshalb sage ich: nur handeln, wenn sich am Szenario etwas grundlegend verändert.

Ist das derzeit der Fall? Kaufen oder verkaufen, was raten Sie? - Das Grundszenario bleibt intakt: Wir sind im Spätzyklus der Aktienhausse, und der Aufschwung ist trotz Kursschwächen nicht zu Ende. Punktuell kann sich sowohl kaufen wie verkaufen aufdrängen, es kommt immer auf den Einzelfall an.

Wie interpretieren Sie die Kursschwäche, was signalisiert sie? - Die Märkte können der Realwirtschaft nicht unendlich davonrennen, besonders jetzt nicht, wo die Zentralbanken die monetäre Unterstützung schrittweise zurücknehmen. Das bedeutet, dass es mehr Volatilität geben wird und dass nicht mehr so hohe Renditen wie in den Vorjahren erwartet werden dürfen. Aber das Portfolio auf ein Gewitter auszurichten und zu meinen, wir stünden an einem fundamentalen Wendepunkt, halte ich für verfehlt.

Weshalb? - Die Unternehmensgewinne entwickeln sich weiterhin positiv, und zwar fast in allen Branchen. Das Wachstum ist breit abgestützt, in den USA begünstigt noch durch die Steuerreform, aber nicht nur, und dieser Trend wird sich übers nächste Jahr hinziehen. Auf Unternehmensebene sieht es grossmehrheitlich gut aus. Es ist mehr das wirtschaftspolitische Umfeld, das die Anleger verunsichert.

Ein Unsicherheitsfaktor ist der Handelskonflikt. Wie gefährlich ist er? - Ich meine noch immer, dass der Markt die Auswirkungen des Handelsstreits etwas überschätzt. Selbstverständlich ist es für die Planungssicherheit der Unternehmen umso schwieriger, je länger der Streit andauert, und es ist durchaus möglich, dass er sich weiter zuspitzt. Mittel- bis längerfristig ist eine Verständigung zwischen den USA und China aber nach wie vor realistisch. Man hat es am Beispiel von Mexiko und Kanada gesehen, wie schnell ein Deal zustande kommen kann. Das globale Wachstum ist intakt. Auch wenn es sich etwas abschwächt – es ist eine Verlangsamung auf hohem Niveau.

Die Zinsen sind ein weiterer Unruheherd. Die Rendite der zehnjährigen US-Staatsanleihen hat 3,2% überschritten. Wie weh tut das dem Aktienmarkt? - Noch nicht so sehr, denn die Innensicht in den USA ist einiges rosiger, als was wir von aussen sehen. So stark war die US-Wirtschaft schon lange nicht mehr. 2019 wird das US-Wachstum zwar moderater sein. Gleichzeitig dürfte das Fed aber allmählich zurückhaltender agieren, was den Dollar tendenziell schwächen wird. Das wirkt sich auch positiv in der übrigen Welt aus. Anleger sind am Aktienmarkt ja nicht nur mangels Alternativen investiert, sondern weil sich Wirtschaft und Unternehmen in einer guten Verfassung befinden. Ich behaupte, dass es sogar eine Rendite der zehnjährigen US-Treasuries von 4% leiden mag, bis die Börse kippt – und so hoch gehen wir nach unserer Prognose in absehbarer Zukunft nicht. Der Teuerungsdruck ist dafür zu gering.

Bleiben die regionalen Unterschiede an den Börsen mit den USA an der Spitze und den Emerging Markets am Ende bestehen? - Bis auf weiteres, ja. Die US-Notenbank steuert etwas salopp gesagt die Liquiditätsversorgung für die gesamte Welt. Und solange sie die Zinsen strafft, verschlechtert sich die Situation in den weniger stabilen Volkswirtschaften. Sie gelangen weniger gut an Kapital, was ihr Wachstum schmälert. Aber wenn sich der US-Zinszyklus langsam dem Ende nähert und das Fed mit Rücksicht auf die Konjunktur wieder etwas von der Bremse geht – davon gehen wir fürs nächste Jahr aus –, dürfte ein Ausgleich stattfinden. Das bekämen vor allem die Währungen zu spüren: schwächerer Dollar und festerer Euro, auch zum Franken.

Ein stärkerer Euro, trotz Italiens Ausscheren in der Haushaltpolitik und wachsender Verschuldung? - Italien wird um Kompromisse nicht herumkommen, einen Alleingang kann sich das Land mit seiner verletzlichen Volkswirtschaft nicht leisten. Das würde dem Euro etwas Vertrauen zurückgeben und auch den Franken entlasten. Auf Zwölfmonatssicht sehen wir den Euro bei 1.18 Fr./€ und den Dollar auf 0.96 Fr./$.

Im ausgewogenen Portfolio der Migros Bank fällt auf, dass die Obligationenquote im Vergleich zu anderen Banken mit 10% stark abfällt. Was ist der Grund dafür? - Wir gehen noch weiter und halten bei Vermögensverwaltungsmandaten mit Direktanlagen wegen der Null- bis Minuszinsen nur 2% Frankenobligationen. Der Grund für die tiefe Obligationenquote ist einfach: Für Anleihen sind die Ertragserwartungen klar negativ, selbst wenn die Zinsen nur allmählich und nicht dramatisch steigen werden, wovon wir ausgehen. Das ist ein ausgewogenes Depot mit soliden Aktien, ausgewählten Immobilien und Cash, aktuell rund 16,5% – ohne Kundengebühren für den Cash-Überschuss.

Aktien sind im Balanced-Portfolio mit knapp 50% vertreten und gegenüber der strategischen Quote von 45% leicht übergewichtet. Wie setzt sich der Anteil zusammen? - Anders als bei Obligationen legen wir bei Aktien einen starken Fokus auf Schweizer Titel. Schweizer Unternehmen sind stark internationalisiert, was dem Portfolio eine gute Diversifikation verleiht. Weitere Schwerpunkte sind die USA und Europa. Ein kleiner Rest umfasst vor allem Asien und Pazifik.

Welche Charakteristiken weist das Schweizer Aktienportfolio auf? - Bei den genannten Mandaten weichen wir relativ stark vom Index ab. Die Fragen sind: Welche Unternehmen sind erstklassig aufgestellt und in einem Wachstumsmarkt aktiv? Wer steckt in einer vielversprechenden Turnaround-Situation? Was sind im gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Umfeld die Zukunftstrends?

Welche Aktien fallen in diesem Zusammenhang positiv auf, was sind die Top Picks? - Es ist ein Mix aus Gross und Klein. Roche zum Beispiel. Die Innovationskraft ist beeindruckend. Der Konzern steht zwar an der Patentklippe, aber er macht beim Neuaufbau der Produktpipeline grosse Fortschritte. Auch Swiss Re gefallen uns, ein sehr rentables Unternehmen und gleichzeitig potenzieller Nutzniesser der Zinswende. Das gilt grundsätzlich für alle Finanztitel, so auch für UBS. Die Bank hat sich stabilisiert und ist als globaler Vermögensverwalter erfolgreich unterwegs.

Wenn Sie sagen, die Weltwirtschaft wachse weiterhin, müssen Sie auch zyklische Aktien mögen, Industriewerte. - In diese Kategorie fallen etwa Georg Fischer und Komax – vielleicht etwas gewagt, aber zu stark abgestraft wegen der Probleme in der Autoindustrie, Stichworte Dieselskandal und Zollstreit. Das Thema Elektroautos ist nicht zu vernachlässigen.

Was sticht im Ausland hervor? - Aus dem gleichen Grund favorisieren wir die deutschen Autobauer. Sie sind gezwungen, sich neu zu erfinden, und sie werden es mit der gewohnten Gründlichkeit tun. Auch aus Deutschland kommt Wirecard, ein Spezialist für bargeldloses Bezahlen. Der französische Energiekonzern Total profitiert vom höheren Ölpreis und expandiert stark in den Alternativbereich. Weniger bekannt ist Eurofins Scientific, französischer Weltmarktleader für Labortests in Medizin, Umwelttechnik und Lebensmittelindustrie.

Welche Rendite dürfen Anleger mit einem ausgewogenen Depot erwarten, damit es eben doch Spass macht? - Wichtig ist bei jeder Anlagestrategie ein langfristiger Zeithorizont. Im ausgewogenen Depot liegt eine durchschnittliche Mehrrendite von 2 bis 3 Prozentpunkten über der Obligationenrendite drin – auch in schwierigerer Zeit, als es die letzten Jahre der Fall war.