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Abschied aus der Biotechnologie

Ältere Jahrgänge dürften sich an die periodischen Auftritte von Alan Shaw vor rappelvollen Sälen in Zürich in den Achtziger- und Neunzigerjahren erinnern. Der brillante Rhetoriker hatte seinen Status als Wallstreet-Ikone durch zahlreiche spektakulär richtige Antizipationen zukünftiger Entwicklungen an den Aktien- und Obligationenmärkten sowie durch die Performanz seines Musterportfolios erworben. Dieses wurde während sechzehn Jahren wöchentlich publiziert und wies am Schluss eine Rendite von 621% gegenüber 242% für den S&P-500-Index  aus. Dass er während einer Fülle von Jahren vom Magazin «Institutional Investors» zum besten Markttechniker der Vereinigten Staaten gewählt wurde, dürfte der Aufmerksamkeit seiner Anhänger selbst diesseits des Atlantiks kaum entgangen sein.

Eine der vielen unvergesslichen Lehrsätze von Alan Shaw lautete: «Kleine Gewinne und kleine Verluste heben sich gegenseitig auf. Grosse Verluste sind verboten. Es bleiben die grossen Gewinne.»

Die Umsetzung

In die Tat umgesetzt, bedeutet das nicht mehr und nicht weniger, als dass, bevor ein Kauf ausgeführt wird, bestimmt werden muss, unter welchen Umständen, zwingend, unabhängig vom Einstandspreis und von unter den aktuellen Umständen herbeigeführten neuen Überlegungen, ein Verkauf zu geschehen hat.

In meinem Fall gibt es mehrere zur Auswahl stehende Kriterien dafür, abhängig von der Marktstruktur und von meiner Beurteilung, wo im Zyklus eine Aktie erworben wird. Alle orientieren sich jedoch an der relativen Attraktivität der kleinen zur grossen Einheit: von jener der Aktie zum lokalen Sektor, vom lokalen Sektor zum lokalen Index eines Landes oder einer Region, vom lokalen Index zum MSCI Welt sowie vom lokalen Sektor zum globalen Sektor im MSCI Welt. Damit sind wir beim DJ US Biotechnology-Index angelangt, der in dieser Kolumne vom 2. August 2017 eine positive Beurteilung erfahren hatte.

Der entscheidende erste Test geschieht in diesem Fall sechs Monate nach dem Kauf, das heisst, dieser Tage. Der Anstieg von rund 8% des Sektorindex hielt mit dem Zuwachs des S&P 500 von 12% nicht stand. Sechs Monate Unterperformance schöpfen die maximale Toleranz aus. Der Ausstieg ist regelbedingt ein Muss.

Ein Lob dem Zwang

Zwang ist mir grundsätzlich unsympathisch. An der Börse ist er jedoch unabdingbar, um die vielen kleinen Teufelchen in die Schranken zu weisen, die unser Unterbewusstsein in Form von Emotionen produziert und dem Frontallappen zusendet, um Gründe bereitzustellen, warum wir einen Verkauf mit Verlust oder bescheidenem Gewinn nicht zwingend vornehmen müssen.

Gründe – auch faule Gründe – können allerdings immer herbeigeredet werden, warum eine vorhandene Position, die nicht gebracht hat, was seinerzeit erhofft wurde, nicht aufgelöst werden soll. Im Falle des besprochenen Index könnten sie beispielsweise von den 20-Monate-Bollinger-Bändern abgeleitet werden.

Wenn wir aber Regeln nicht als zwingend erachten, verwöhnen wir unser Belohnungssystem mit einer Droge, die uns vor unangenehmen Entscheiden abhält, was zum Nachteil tausender Entscheide in einem Anlegerleben gereicht, die erst noch anstehen. Einmal damit begonnen, setzt sich diese Unart fort und lullt unsere Sinne ein.