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«2019 dürfte Credit Suisse wieder eine normale Bank sein»

Thomas Braun: «Credit Suisse ist auf Kurs. Die Ziele für 2018 dürften weitgehend erreicht werden.»

Herr Braun, Herr von Wyss, die Börsen eilen von Rekord zu Rekord. Finden Sie als Value-Anleger überhaupt noch günstige Aktien? - Von Wyss: Vergessen Sie die breiten Indizes. Wir fokussieren uns auf Einzelunternehmen – präsentieren sie schlechte Zahlen, rauscht ihr Aktienkurs in den Keller. Das eröffnet Kaufgelegenheiten.

Bei welchen Aktien sehen Sie Potenzial? - Braun: Bei diversen Titeln – zum Beispiel bei zwei italienischen Finanzwerten. So bei der ältesten Bank der Welt, Monte dei Paschi di Siena, die wir sehr spannend finden, sowie beim Versicherer Unipol.

Weshalb sollen Anleger in italienische Finanzwerte investieren? - Von Wyss: Weil die Italiener ihre Probleme langsam in den Griff kriegen, nicht zuletzt auf Druck der Europäischen Zentralbank. Unter diesem Druck musste Monte dei Paschi ihr Portfolio an Problemkrediten veräussern – zu Preisen, die das Institut zwar für zu niedrig hielt, aber es hatte keine Wahl. Das Ganze bedingte auch eine Rekapitalisierung.

Und was spricht für ein Engagement? - Von Wyss: Die Aktien handeln zu einem sehr niedrigen Kurs-Buchwert-Verhältnis von 0,4. Das Institut hat nicht mehr das grosse Portfolio an notleidenden Krediten in den Büchern, sondern ist heute eine langweilige Regionalbank. Dass es die schwierige Phase überlebt hat, zeigt, dass die Kunden loyal sind. Monte dei Paschi hat zudem eine Rolle als regionaler Geldgeber für kleine und mittlere Unternehmen inne. Nun liegt es am Management, die Bank besser zu führen. Aber die existenziellen Probleme sind überwunden.

Und was ist mit Unipol? - Von Wyss: Unipol ist der grösste Autoversicherer Italiens. Die Versicherungsprämien sind aktuell sehr tief, da die Schäden seit Jahren rückläufig sind und die Italiener seit der Finanzkrise weniger Auto fahren. Jetzt steigen die Volumen wieder langsam – noch haben die Preise nicht gross reagiert, aber sie sollten sich normalisieren.

Sie erwarten also eine Trendwende? - Von Wyss: Mittelfristig scheint der Trend nach oben vorgegeben – die Industrie kann nicht ewig Verluste schreiben. Bei den Autoversicherungen dürfte der Tiefpunkt des Zyklus erreicht sein. Des Weiteren machen Schadenversicherungen rund 40% des Unipol-Geschäfts aus – und dort liegt die Combined Ratio, also grob gesagt das Verhältnis von Kosten und Prämieneinnahmen, bei rund 90%. Das ist ein ausgezeichneter Wert. Zudem besitzt die Firma eine Bank. Sie ist für den Bewertungsabschlag verantwortlich. Aber Unipol hat sie fast auf null abgeschrieben.

Bleiben wir doch bei den Finanzen. Sie investieren auch in Schweizer Banken. - Braun: Genau, wir halten zwei Banken – Credit Suisse und EFG –, die schwere Zeiten hinter sich haben.

Sind die schweren Zeiten wirklich vorbei? - Braun: Ja, die sind vorbei. Natürlich besteht immer die Gefahr, dass sich die Märkte eintrüben, aber unter normalen Bedingungen dürften die Banken aus dem Schneider sein. Ich war kürzlich in London, um Vertreter des CS-Managements zu treffen. Die Stimmung war deutlich besser als noch vor ein, zwei Jahren. Sogar der Finanzchef liess sich ab und zu ein Lächeln entlocken.

Das sind weiche Faktoren. - Braun: Das stimmt. Aber Credit Suisse ist auf Kurs. Die Ziele für 2018 dürften weitgehend erreicht werden. Im Handel in Asien gibt es zwar noch eine Baustelle, die ist aber vergleichsweise klein. Und CS ist daran, dort aufzuräumen. Zudem wird die Bad Bank schneller abgewickelt als ursprünglich angekündigt. Dort wurde die Verlustschätzung für 2019 von 800 auf 500 Mio. Fr. reduziert. Ab 2019 dürfte Credit Suisse wieder eine «normale» Bank sein. Schön ist auch, dass das Gewicht des Private Banking stark zunimmt, wodurch der künftige Gewinn stabiler wird, aber dennoch ansprechend wächst.

Was ist der faire Wert der CS-Aktie? - Braun: Das Management hat gerade kürzlich seine Ziele für 2019 und 2020 bekannt gegeben. Mit diesen Vorgaben kommen wir auf einen Nettogewinn von 4,2 bis 4,6 Mrd. 2019 und 5 bis 5,5 Mrd. Fr. im Jahr 2020. Erreicht die Bank die Ziele, liegt der faire Wert der CS-Aktie bei 24 bis 25 Fr. Aktuell notiert sie bei rund 17 Fr. Bis der faire Wert erreicht wird, braucht es aber Zeit.

Wie sieht es bei EFG aus? - Braun: EFG wird bereits im kommenden Jahr allein durch die Migration ihrer IT-Systeme von Avaloq auf Temenos fast 100 Mio. Fr. Kosten sparen. Das ist ein stattlicher Betrag für eine Bank dieser Grössenordnung. Bis Ende 2018 wird EFG rund 150 Mrd. Fr. an Kundengeldern verwalten und darauf stabile Margen erzielen. Zudem ist die Kostendisziplin hoch. 2019 müsste die Bank einen Gewinn von 250 bis 300 Mio. Fr. erzielen – bei einer Marktkapitalisierung von heute 2,8 Mrd. Fr. Auch hier sehen wir deshalb beträchtliches Potenzial.

Bei welchem Ihrer Engagements sehen Sie aktuell die grössten Chancen? - Von Wyss: Der Reifenhersteller Goodyear gehört zu den günstigen Titeln. Von den drei grossen kotierten – neben Continental und Michelin – erzielt er die tiefsten Margen.

Goodyear hat also mehr Luft nach oben? - Von Wys s: Genau. Und da die Anforderungen an Autoreifen steigen – für jedes Automodell wird heute praktisch ein eigener Pneu entwickelt –, profitiert die Branche von steigenden Preisen. Natürlich gilt das auch für Michelin und Continental. Sie sind allerdings punkto Effizienzsteigerung schon weiter. Der Markt ist auch ziemlich konzentriert. Weitere wichtige Player sind Pirelli und Firestone. Und dann gibt es noch ein paar Koreaner und Chinesen.

Und die stellen keine Gefahr dar? - Von Wyss: Natürlich sind die Asiaten den Grossen auf den Fersen. Aber noch verfügen Letztere über einen technologischen Vorsprung. Ihre modernen Fabriken sind in der Lage, relativ rasch die Produktion umzustellen – die Konkurrenten im Niedrigpreissegment sind noch nicht so weit.

Sie sind auch in Firmen investiert, die Frankiermaschinen produzieren – Pitney Bowes und Neopost. Ist das ein Zukunftsgeschäft? - Von Wyss: Das Geschäft mit Frankiermaschinen ist zwar rückläufig, generiert aber üppige Cashflows. Frankiermaschinen bleiben wichtig und verschwinden nicht von heute auf morgen. Die Frage ist: Wie schnell verläuft der Rückgang, und wie viel Cashflow können Pitney Bowes und Neopost insgesamt noch herausholen? Und wie schnell kompensieren die neuen Aktivitäten die wegfallenden Einnahmen? - Braun: Die grossen Chancen liegen vor allem im Paketgeschäft und im Logistikbereich. Beide Gesellschaften verfügen über eine enorme Erfahrung im Transportieren von A nach B. Natürlich werden heute weniger Briefe verschickt – dafür hat der Paketversand zugenommen. Und in diesem Bereich bieten beide Firmen vielversprechende Lösungen an, die KMU beim Versand und bei der Verzollung helfen, indem etwa automatisch der günstigste Spediteur ausgewählt und die korrekte Verzollung gewährleistet wird. Und beide Titel handeln zu einem KGV von rund 7.

Eine der grössten Positionen in Ihrem Fonds ist die britische Aggreko. Weshalb? - Von Wyss: Aggreko dominierte früher den Markt für Notstromaggregate. Nach einem Tsunami etwa, wenn grossflächig Kraftwerke ausfallen, kann das Unternehmen Generatoren liefern, von denen jeder bis zu 1 oder 2 Megawatt Strom produziert.

Dominierte? - Von Wyss: Genau, das waren die fetten Jahre. Aggreko ist stark gewachsen, ohne die eigenen Abläufe zu straffen. Mittlerweile sind neue Konkurrenten in den Markt gedrungen, die auf die Preise drücken. Aber vor drei Jahren hat der Verwaltungsrat eingegriffen und das Management ausgewechselt. Es legt den Fokus nun darauf, qualitativ bessere – sprich: effizientere – Aggregate anzubieten.

Und das zahlt sich aus? - Von Wyss: Der grösste Kostenblock der Kunden ist nicht das Aggregat, sondern der Kraftstoffverbrauch. Aggreko stellt nun Produkte her, die z. B. bei Diesel rund 15% effizienter sind. Das neue Management hat auch die Kosten gesenkt, Personal abgebaut und Abläufe gestrafft. Zuletzt sind allerdings einige der früheren, lukrativen Verträge ausgelaufen, was den Kurs belastet. Aber die Nachfrage dürfte sich wieder beleben.